Neuburg
Erdkabel begraben die Ängste nicht

Bürger trauen dem Frieden nicht

18.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:32 Uhr

Die Protestwelle war groß und ist abgeebbt, seit es den Koalitionskompromiss zur Energieversorgung gibt. Der harte Kern der Bürgerinitiativen bleibt aber am Ball. Arch - foto: Schanz

Neuburg (DK) Die Bürgerinitiativen gegen die Gleichstromtrassen wittern eine Art Verschwörung: Trotz des Energiekompromisses der Bundesregierung fürchten sie, dass ihr Albtraum doch noch wahr werden könnte. Landratsstellvertreter Alois Rauscher fragte den Bundestagsabgeordnetem Reinhard Brandl und gab Entwarnung.

 

Es klang nach einer erneuten Wende im Streit um die gefürchteten „Monstertrassen“. Das Landratsamt lud gestern zur kurzfristig anberaumten Pressekonferenz mit Vertretern der lokalen Bürgerinitiativen. Kommen die Trassen jetzt doch? War der ganze Kampf umsonst?

Nein. Der große Skandal blieb aus. Die neuen Informationen der Bürgerinitiativen dürften niemanden dazu bringen, neue Protestschilder zu basteln.

Konkret geht es um den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans für 2025 der Übertragungsnetzbetreiber. Dort, so die Kritik der Bürgerinitiativen, werden weiterhin Trassen favorisiert, die eigentlich längst vom Tisch sein sollten. „Etwa 50 Vertreter der Bürgerinitiativen aus dem Raum Neuburg, Augsburg und Eichstätt waren in Berlin“, erzählte Michaela Hermann von der BI Rennertshofen. Bei Netzbetreiber 50Hertz und im Bundeswirtschaftsministerium sowie bei der Bundestagsabgeordneten Eva Bulling-Schröter von den Linken habe man sich informiert. „Tatsache ist, die Netzbetreiber favorisieren weiterhin die alte Trasse“, sagte Hermann, die zusammen mit Christoph Leinfelder von der BI Neuburg-Nord und dem Marxheimer Bürgermeister Alois Schiegg im Landratsamt vorsprach. „Deutschland soll Stromautobahnen kriegen. Wir brauchen aber dezentrale Versorger. Hier wird das Pferd von hinten aufgezäumt“, ärgerte sich Leinfelder. „Mittlerweile ist zu befürchten, dass die doch alles bauen, was sie vorhatten“, warnte Schiegg.

Landratsstellvertreter Alois Rauscher hatte im Vorfeld des Treffens Informationen aus erster Hand eingeholt: Er hat beim CSU-Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl angerufen und gefragt, was Sache ist. Rauscher gab Entwarnung. „Es gibt überhaupt keine Anzeichen, dass an dem Beschluss des Kabinetts irgendwie gerüttelt wird“, sagte der CSU-Politiker zum Energiekompromiss, den Horst Seehofer, Sigmar Gabriel und Angela Merkel ausgehandelt haben: Ausbau entlang bestehender Infrastruktur; wo das nicht geht: Erdkabel; neue Endpunkte der Leitungen. „Der Beschluss, den Horst Seehofer so eingefädelt hat, wird so kommen, das steht für mich felsenfest“, machte Rauscher klar. Das habe er aus dem Gespräch mit Reinhard Brandl eindeutig mitgenommen.

Rauscher erklärte, dass besagter Netzentwicklungsplan nur ein Entwurf der Netzbetreiber sei. Was zähle, sei das Bundesbedarfsgesetz, das der Bundestag beschließt. Und hier stehe der Entschluss fest. Der stellvertretende Landrat dankte den Bürgerinitiativen für ihren Einsatz, ohne den man die Trasse nie hätte verhindern können und mahnte: „Wir müssen dranbleiben. Energiepolitik ist ein Dauerbrenner.“

Das war den Vertretern der Bürgerinitiativen zu wenig. Sie bezweifeln die ganze Notwendigkeit der Trassen und hätten im Landratsamt gerne eine verbindliche Zusage bekommen, dass sich der Landkreis gegen den Netzentwicklungsplan aussprechen wird. Rauscher ließ sich auf die Extremposition der BIs nicht ein: Dafür sei die Sicherstellung der Stromversorgung zu wichtig. Er versicherte aber, den Netzentwicklungsplan und den Bundestagsbeschluss genau zu beobachten: „Da werden wir uns auf Regionsebene mit unserem Sprecher Landrat Anton Knapp aus Eichstätt absprechen.“