Neuburg
Energiegeladene Schwünge

Der bekannte Zeichner Hans Baschang stellt im Fürstengang aus Atelier in Joshofen

26.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Foto: Gerda Enghuber

Neuburg (DK) Wieder einmal öffnet sich die Städtische Galerie im Rathausfletz einem einheimischen Künstler. Und doch ist es eine Ausstellung von nationalem Rang: Hans Baschang, der vielleicht größte lebende Zeichner, zeigt seine Werke.

Die Schau findet wohl nur deshalb nicht die ganz große, ihr eigentlich gebührende Beachtung, weil gleich eine Reihe größerer Städte sich den Anlass mit eigenen Ausstellungen auch nicht entgehen lässt. Man muss also nicht zwingend nach Neuburg fahren, um Hans Baschang mit seinem Spätwerk zu begegnen.

Und so kann auf der von auffällig vielen auswärtigen Gästen besuchten Vernissage Oberbürgermeister Bernhard Gmehling mit hörbarem Stolz sagen, "Sie sind ja ein Neuburger". Wenig später erklärt der Wissenschaftshistoriker und Akademieprofessor Andreas Kühne, Hans Baschang, eben schon zu Lebzeiten und mitten in einem virulenten Schaffensprozess bestätigt, hat Kunstgeschichte geschrieben.

Können, Poesie und künstlerische Kraft, jener Dreiklang, den Emil Nolde schon 1899 ganz am Beginn der klassischen Moderne einforderte, treffen bei Hans Baschang zusammen, um damit "der Kunst möglichste Freiheit zu gewähren", wie Kühne sagt. Wenn dann in der Beschreibung der Arbeiten Baschangs immer wieder Begriffe wie "organisch" und "natürlich" fallen, darf dies freilich nicht auf die verkehrte Fährte verleiten, hier begegneten im entferntesten nur Abbilder von etwas. Alles Narrative, auch nur Illustrierende ist Hans Baschang absolut fremd.

Obwohl das Auge allein dem irgendwo zwingenden Lauf der Linien folgen muss, Farbe und häufig auch im hinlänglichen Sinne Perspektive fehlen, machen es die Arbeiten im Rathausfletz dem Betrachter nicht auf Anhieb leicht. In der entschiedenen "Abkehr von der Fläche hin zur eigentlichen Form" stünden die Arbeiten "konträr zum aktuellen Zeitgeist", weiß Kulturamtsleiterin Kathrin Jacobs. Vielleicht sieht man im ersten Moment wenig, der Betrachter muss sich einlassen auf die in den Blättern stattfindenden Kristallisationsprozesse; er vollzieht damit nach, was zuvor im Kopf des Künstlers stattgefunden hat.

Die Form sei im Kopf schon da, sagt Hans Baschang, der wohl nicht zufällig sich in seinen Anfängen auch mit der Plastik beschäftigte. Wie es hier immer wieder heißt, die Form wohne dem Material, dem Stein, dem Holz schon inne, werden in Baschangs Zeichnungen in der schwungvollen Kraft der Linien die Energien sichtbarer vielleicht noch als in der letztlich in ihrer Endform begegnenden Plastik. In der Zeichnung bleibt das Prozesshafte gewahr, "die Stimmigkeit steckt irgendwie schon drin", sagt Hans Baschang.

1995 hatte er sein Atelier im Alten Schulhaus im Neuburger Ortsteil Joshofen bezogen, 20 Jahre davor schon war Hans Baschang als Professor an die Münchener Kunstakademie berufen worden, wo für über ein Vierteljahrhundert er, der Zeichner, eine Malklasse leitete. Bei aller "Transparenz" und "Variationsbreite" seiner Zeichnungen in der gelungenen Synthese von "Wahrnehmung und Nachschöpfung" ist für Andreas Kühne Baschang stets ein Maler geblieben. Hier in der Malerei liegen auch seine Wurzeln, als Schüler des "expressiv melancholischen" Herbert Kitzel und des "sensiblen Bildlogikers" Fritz Klemm.

Treffender über den Villa-Massimo-Stipendiaten hat wohl niemand geurteilt, wie 1997 schon Doris Schmidt, von Andreas Kühne als "die Grande Dame der Süddeutschen Zeitung" tituliert. Für sie ist Hans Baschang ein "Meister im Umgang mit Energien, der den temperamentvollen, expressiven Schwung seiner Linien in ein Instrument der sinnlichen Erkenntnis von sichtbaren und verborgenen Zusammenhängen verwandelt hat." Bis 7. Mai ist die Ausstellung zu sehen, mit schönem Katalog.