Neuburg
Ein listiger Schwabe im Dienst der kleinen Leute

47 Jahre im bayerischen Justizdienst Leonhard Meier hat als Gerichtsvollzieher einiges erlebt

24.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Ein listiger Schwabe versteht sich auch mit dem Ministerpräsidenten: Leonhard Meier (rechts) mit Rains Bürgermeister Gerhard Martin (Mitte) im Gespräch mit Horst Seehofer. - Foto: r

Neuburg (r) 47 Jahre bei der bayerischen Justiz, mindestens 100 000 Fälle erledigt und dabei immer Mensch geblieben - diese Bilanz eines Gerichtsvollziehers kann sich sehen lassen. Auf Leonhard Meier trifft sie zu. Nächste Woche schließt das schwäbische Original sein Büro zu und geht in Pension.

Leo Meier (63) aus Rain am Lech kennt den Landkreis aus dem Effeff. In den 80er-Jahren war er nahezu für alle Gemeinden zuständig, zuletzt für Burgheim, Rennertshofen, Langenmosen, Mühlried und Neuburg.

Beliebt kann ein Gerichtsvollzieher kaum sein. Leo Meier hat es geschafft, dass er zumindest nicht unbeliebt geworden ist. "Auf dem Land ist der Job noch angesehen", meint er, "da kann man mit den Leuten noch reden".

Ein Gerichtsvollzieher tritt dann in Aktion, wenn ein Kunde oder Auftraggeber einfach nicht bezahlen will (oder kann) und der Gläubiger einen "Titel" beim Amtsgericht erwirkt. Der Gerichtsvollzieher wird beauftragt, die Schuld einzutreiben. Wenn ein Gespräch mit dem Betroffenen nichts bringt, sucht der Beamte dessen Wohnung auf und pfändet Wertsachen - wenn welche da sind. Sie werden später versteigert.

Leo Meier weiß nicht, wie oft er erfolglos an Türen geklingelt hat. In den meisten Fällen aber gab es ein Ergebnis. Die Polizei benötigte er selten, und wenn, dann sei es mit den Neuburger Beamten "immer bestens gelaufen". Der Gerichtsvollzieher ist heute nicht mehr der "Böse". Er versucht die Dinge zu regeln.

Früher hatten Schuldner ganz schlechte Papiere. In schweren Fällen hatte die Polizei einen "Delinquenten" nach dem Offenbarungseid vorgeführt. Danach folgte das Instrument der eidesstattlichen Versicherung. Heute klärt der Gerichtsvollzieher die Lage mit einer "Vermögensauskunft". Das Berufsbild habe sich im Lauf der Jahre "brutal verändert".

Der Gerichtsvollzieher hat feste Dienstzeiten, oft ist er im Außendienst unterwegs. In "Geschäftsprüfungen" muss er seine Bilanz vorlegen. Junge Leute kämpfen heute mit Handy-Schulden. Teure Möbel werden bestellt und können nicht abfinanziert werden. "Manche schaffen es einfach nicht, ihr Geld zu verwalten", weiß Leonhard Meier. Er hat über 30 Jahre lang Schuldner begleitet und mit Gläubigern verhandelt. Sein Leitsatz: "Man muss den Kleinen helfen, nicht den Großen."

Einem Arbeiter, dem wegen 500 Euro Lohnpfändung und Stellenverlust drohten, hatte er selbst die 500 Euro ausgeliehen. Der Mann zahlte das Geld in Raten zurück. Ein krasser Fall hatte sich im Burgheimer Hinterland abgespielt, als er einem Bauern die Kühe pfänden sollte. Ein Kälbchen gab der Landwirt partout nicht her - er hielt das Rind eineinhalb Jahre lang in seiner Küche.

Es bleiben also jede Menge Anekdoten und Begegnungen in Erinnerung, wenn Leo Meier jetzt sein Büro am Elisenplatz (Bruckenbäck) räumt. Mit Neuburg bleibt er natürlich verbunden, denn als Zweiter Bürgermeister in Rain, Kreispolitiker, CSU-Funktionär und Sparkassenrat pflegt er vielfältige Kontakte in der Region.

Das schwäbische Schlitzohr hatte (Ober-)Bürgermeisterkandidaten in Stellung gebracht und die Sparkassenfusion Neuburg-Rain mit eingefädelt. Neuburg gehört zu seinen Ursprüngen, in der Realschule der Barmherzigen Brüder hatte er 1970 die Mittlere Reife geschafft.

Sechs Amtsgerichtsdirektoren hat er später im Dienst erlebt, mit Rudolf Mayr und Herbert Krammer hatte er sich besonders gut verstanden und mit Adolf Kasparak einen Geschäftsleiter mit unglaublicher Gewissenhaftigkeit kennengelerlernt. Seine Ruhestandsurkunde hat Leonhard Meier bereits entgegengenommen - in wenigen Minuten im Stehen.