Neuburg
Düster-dämonische Geschichte

Musical "Sweeney Todd" kommt nicht bei allen Zuschauern gut an

19.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Neuburg (DK) Skurril, schräg, schrill und mit einigen wenigen romantischen Zwischentönen - das Musical "Sweeney Todd" kommt nur bedingt gut an beim Publikum im Neuburger Stadttheater. Großartig die Leistung der zehn hochmotivierten Sänger, die zugleich als Orchester fungieren.

Dieser Kunstkniff ist das Besondere der Inszenierung von Karl Sibelius, mit der die Konzertdirektion Landgraf auf Tournee geht. Nur Normann Stehr, der mit wohlklingendem, kräftigem Bassbariton gefällt, kann sich in der Titelrolle des dämonischen Barbiers der Fleet Street ganz darauf konzentrieren. Alle anderen greifen zu ihren Instrumenten, wenn sie nicht als Sänger gefragt sind; Pastetenbäckerin Mrs. Lovett (Carin Filipcic, Mezzosopran) sogar zu zweien - eine schreiend lilafarbene Tuba und Percussion. Die beiden bilden ein wahrlich dämonisches Duo. Er mordet auf seinem Barbierstuhl und sie backt Pasteten aus Menschenfleisch daraus, die offenbar bestens bei der Kundschaft ankommen. Die Geschichte hat durchaus Potenzial, ist aber ohne Programmheft oder vorige intensive Recherche zum Stück kaum nachvollziehbar. Sweeney Todd, der eigentlich Benjamin Barker heißt, war in seinem früheren Leben ein unbescholtener Barbier, glücklich verheiratet mit Lucy und stolzer Vater von Johanna (Sidonie Smith, Bratsche). Bis ihn Richter Turpin (Gerhard Karzel, Violine) völlig ungerechtfertigt in 15-jährige Verbannung schickt. Als er zurückkehrt und erfährt, dass Lucy von Turpin vergewaltigt wurde, daraufhin Gift trank und Johanna das Mündel des Richters wurde, treibt ihn nur eines an - Rache. Wer ihm dabei in die Quere kommt, geht den Weg über Barbierstuhl und Fleischwolf in die Pasteten, angefangen von Todds Konkurrenten Pirelli, einem Quacksalber-Barbier (Martin Kiener, Akkordeon), der ihn erkannt hat und zu erpressen sucht, über Bamford (Konstantin Riedl, Cello), den Büttel des Richters, Mrs. Nightingale (Conny Hain, Violine), Mrs. Fogg (Hariklia Apostolu, Klavier und musikalische Gesamtleitung), die Bettlerin (Anna Veit, Kontrabass) bis hin zu Richter Turpin und letztlich auch seine Komplizin Mrs. Lovett. Todd, der immer mehr dem Wahnsinn zu verfallen scheint, versucht sogar, Johanna umzubringen.

Der düster-dämonischen Geschichte zu folgen ist schwierig, vor allem für die seitlich sitzenden Zuschauer, da der ohnehin eingeschränkte Sichtkreis im Stadttheater durch die hohen Lautsprecher beidseits noch mehr beschränkt wird und von rechts das Gros der Akteure nicht einmal von allen Parkettplätzen aus gesehen werden kann - was es noch einmal erschwert, zumal der rote Faden wenn auch nicht gänzlich fehlt, so doch mühsam vom Publikum gesucht werden muss.

Die Musik ist gewöhnungsbedürftig durch die vorherrschenden, in Musicals eher ungewöhnlichen und wenig gefälligen Molltonarten. Wunderschön anzuhören, nur leider viel zu kurz, die melodiösen Passagen, für die es den einzigen Szenenapplaus gibt. Stimmlich lässt das Ensemble keine Wünsche offen, doch im Gesamteindruck bleibt leider vor allem Chaos, wildes Gekreische und eine ermüdende, weil vorhersehbare Handlung, die nur langsam Fahrt aufnimmt. Der erwartete Gruselfaktor geht gegen Null.