Neuburg
Die Gastfreundschaft der Ausgestoßenen

Beim Tag der offenen Tür im Neuburger Tierheim übt der Leiter scharfe Kritik am "Anspruchsdenken" der Menschen

26.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Foto: Sebastian Schanz

Neuburg (DK) 68 Hunde, 50 Katzen, 15 Pferde, zwei Esel, acht Schweine, elf Ziegen und "einen Sack voll Kleintiere" beherbergt das Neuburger Tierheim. Den Tag der offenen Tür nutzte Leiter Gerhard Schmidt nicht nur für Werbung für die Einrichtung, sondern auch für Kritik an den Menschen.

Gerhard Schmidt ist das unangefochtene Alphatier am Riedensheimer Berg. Selbst in Mitten einer wilden Horde aus Hunden, die teilweise schreckliche Schicksale hinter sich haben, bringt er Ordnung rein: Die Schar der Ausgestoßenen - darunter sprichwörtliche Wadelbeißer - hört auf das Kommando des Hünen. Und auch im Umgang mit dem Menschen scheut sich Schmidt nicht, anzuecken. Sein Tierheim führt er mit viel Herzblut, und Verstöße beim Tierschutz behandelt er kompromisslos. Punkt. Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Aber das weiß er.

"Was den Tierschutz wirklich erschwert, ist das Anspruchsdenken", sagt Schmidt. Wenn zum Beispiel ein Ehepaar mit Kindern außerhalb der Besuchszeiten die Hunde besichtigen wolle und er ihnen erkläre, man habe gerade keinen kinderfreundlichen Gesellen in den Zwingern, müsse er sich in den sozialen Medien mit üblen Kommentaren herumärgern, alá "Die haben es offensichtlich nicht nötig." Hundebesitzer, die mitten in der Nacht ihr Tier zurückfordern oder uneinsichtige Katzen-Messies: "Die Leute vergessen oft, dass wir im Auftrag der Behörden arbeiten und das alles nur mit ehrenamtlichem Engagement möglich ist", sagt Schmidt.

Unbestreitbar haben er und sein Team aus Mitarbeiterinnen und Vereinsmitgliedern an diesem begnadeten Standort am Riedensheimer Berg eine Vorzeigeeinrichtung am Laufen. Davon konnten sich am Wochenende alle Interessierten beim Tag der offenen Tür überzeugen.

Besonders für die Kinder war die Safari-Tour im "Tierheim-Express" quer über das weitläufige, ehemalige Schießgelände inmitten von viel Wald ein echtes Abenteuer. Vorbei ging die lustige Fahrt an in der Sonne dösenden Hängebauchschweinen und klapprigen Gäulen, neugierigen Ziegen und faulen Eseln, besucherscheuen Kaninchen und bellenden Kampfhunden. Mit den riesigen Kangals hat der Tierschutzverein immer noch Probleme. Die Herden-Schutz-Hunde seien gezüchtet worden, um Bären abzuwehren - aber nicht als vermeintliche Statussymbole in Einwanderervierteln. "Das Problem bleibt", sagt Schmidt und deutet auf einen Einzelzwinger: "Den da drüben, den kann ein Mann allein nicht mal führen, den kriegen wir nie mehr los."

Im Katzenhaus schlummern kleine Schmusekater eng beisammen - die letzte Beschlagnahme liegt nicht lang zurück. Seit Jahren setzt sich der Tierschutzverein für ein Kastrationsgebot ein. In Gachenbach bezahle die Kommune die Hälfte der Tierarztkosten, lobt Schmidt. "Es bräuchte im Landkreis einen runden Tisch, bei dem sich alle Entscheidungsträger zusammensetzen und eine Lösung finden."

Auch am kommenden Wochenende stehen die Tore des Tierheimes wieder für Besucher offen: Am Samstag und Sonntag, jeweils von 13 bis 18 Uhr. Es gibt eine Tombola und Speis und Trank.