Neuburg
Diakonie kritisiert Neuerungen bei Privatinsolvenz

Neuburger Schuldnerberatung sieht wenig Nutzen durch geänderte Regelungen

08.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:19 Uhr

Neuburg (DK) Der Weg in die Schulden beginnt oft mit Kleinigkeiten. Die Schuldnerberatung der Diakonie Neuburg nennt ein Beispiel: Bei Herrn B. waren es Ratenzahlungen und fällige Rechnungen, die wegen einer teuren Autoreparatur nicht bezahlt werden konnten.

Der Dispo war ausgeschöpft, B. nahm einen Kredit bei seiner Bank auf. Damit konnte er seine Rechnungen bezahlen und die Raten für den Kredit waren günstig. Dann verlor B. seine Arbeit und plötzlich reichte das Geld nicht mehr. Die Raten für seine Kredite blieben offen, ebenso wie die letzten Handyrechnungen und die Rundfunkgebühren. Er konnte seine Versicherungen nicht mehr bezahlen und kam mit der Wohnungsmiete in Verzug. Sein Vermieter drohte mit Kündigung. Allmählich verlor B. den Überblick. Mahn- und Inkassokosten sowie Zinsen ließen den Schuldenberg immer mehr anwachsen. Um dem Druck der Gläubiger zu entkommen, unterschrieb er Zahlungsvereinbarungen, die er nicht einhalten konnte. Weil er sich schämte, traute Herr B. sich nicht über seine finanziellen Probleme zu sprechen. Er hatte Angst vor der Zukunft und konnte nicht mehr gut schlafen. Von seiner Familie und seinen Freunden zog er sich immer mehr zurück. „Mit der Unterstützung der Schuldnerberatung konnte B. das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen. Er ist jetzt wieder zuversichtlicher und hofft auf einen wirtschaftlichen Neubeginn“, erzählen die Organisatoren des Dienstes.

Seit 1999 können zahlungsunfähige Personen das Verbraucherinsolvenzverfahren nutzen, um sich von den Schulden zu befreien. Zum 1. Juli 2014 gelten neue Regeln zur Verbraucherinsolvenz. Kernstück ist die Verkürzung der sogenannten „Wohlverhaltensperiode“. Statt in sechs Jahren kann der Schuldner schon nach drei Jahren schuldenfrei sein. Die Hürden dafür sind hoch: 35 Prozent der Schulden und die gesamten Kosten für das Verfahren müssen innerhalb von drei Jahren gezahlt sein. Konkret bedeutet das, dass der Schuldner in diesem Fall 70 bis 80 Prozent seiner Schulden bezahlen muss. Wenn der Schuldner wenigstens die Verfahrenskosten bezahlen kann, dann kann das Verfahren auf fünf Jahre verkürzt werden.

„Die großen Hoffnungen auf ein effizienteres, möglicherweise kürzeres Verfahren haben sich leider nicht erfüllt. In der Realität profitiert von der neuen Regelung nur der Insolvenzverwalter, für den Schuldner und auch für die Gläubiger ergeben sich keinerlei Vorteile“, kritisiert die Diakonie in einer Pressemitteilung. Die Verkürzung der Laufzeit auf drei Jahre ist bei Verbraucherinsolvenzfällen nur mit Berücksichtigung der hohen Insolvenzverwalterkosten möglich. „Damit verbleibt es bei fast allen Schuldnern der Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle des Diakonischen Werkes Ingolstadt und der Außenstelle in Neuburg bei der bisherigen sechsjährigen Laufzeit“, so die Berater. „Das widerspricht im Grunde der Intention des Gesetzgebers, durch die Insolvenzrechtsreform den betroffenen redlichen Schuldnern einen finanziellen Neustart schneller möglich zu machen.“

Für weitere Informationen, Rat und Hilfe können sich Interessierte an die Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie unter der Telefonnummer (0 84 31) 4 46 61 wenden.