Neuburg
Der Störenfried steht im Mittelpunkt

Gesundheitsamt, Offene Hilfen und Stiftung St. Johannes konzipieren Wanderausstellung für Schulen und Kitas

21.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:27 Uhr

Die Fortsetzung einer Fachtagung über psychische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen geht jetzt als Wanderausstellung auf die Reise. Unser Bild zeigt die Macher (v.l.) Norbert Eszlinger von der Stiftung St. Johannes, Johanna Ehm vom Gesundheitsamt und Benjamin Seubert von den Offenen Hilfen Neuburg-Schrobenhausen. - Foto: Frank

Neuburg (kpf) "Das braucht der Störenfried von Dir", steht auf einem der Transparente, die mit Comics und Schlagworten zum Hinschauen animieren sollen. "Lob, Wertschätzung, Aufmerksamkeit, Konsequenz, Sicherheit", lauten die Schlagworte. Das Transparent ist Teil einer Reihe, die jetzt in Schulen und anderen Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, auf Wanderschaft gehen soll.

Der Ausgangspunkt der Aktion reicht auf den Oktober vergangenen Jahres zurück. Damals stand der Begriff Störenfried im Mittelpunkt einer Fachtagung zur psychischen Gesundheit von Kindern. 150 Schulleiter, Therapeuten, Pädagogen und Jugendsozialarbeiter waren seinerzeit ins Landratsamt gekommen, um sich über das brisante Thema zu informieren. Wilhelm Rotthaus, einer der Topleute auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie, meinte damals, jede Auffälligkeit auf die vier Buchstaben ADHS, die für Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung stehen, zu reduzieren, sei zu kurz gesprungen.

Anders als viele solche Tagungen ist diese nicht einfach verpufft. Es ist auch etwas dabei herausgekommen. Das Gesundheitsamt mit Johanna Ehm, die Offenen Hilfen Neuburg-Schrobenhausen, vertreten durch Benjamin Seubert, und die Stiftung St. Johannes mit Norbert Eszlinger, der im Bereich Jugendhilfe tätig ist, präsentierten gestern Vormittag im Gesundheitsamt in Neuburg die Transparente, die zum Anschauen, Nachdenken, Diskutieren und Handeln auffordern. Adressaten sind ab kommender Woche Schulen, Kindertagesstätten und Jugendzentren. Für Amtsarzt Johannes Donhauser ist die Ausstellung ein Weg, um ein wichtiges Ziel zu erreichen. "Wir wollen auch an den spezifischen Verhältnissen etwas ändern", sagt er. Es geht darum, den sogenannten Störenfried in seiner Gesamtheit zu sehen, die durchaus auch positive Aspekte haben kann. Man denke nur an Dissidenten, die in meist totalitären Regimen als Störenfriede empfunden werden, in Demokratien aber als scharfsinnige Geister gelten. Ähnlich ist es wohl auch in Schulklassen. Einer der schnell ausflippt, fordernd und bestimmend ist, kann bei näherer Betrachtung auch als mutig, selbstbewusst und unterhaltsam erlebt werden. "Es geht darum, die Zweiseitigkeit des Verhaltens zu sehen", erklärt Benjamin Seubert. Was in der einen Situation gut sei, könne in der anderen schlecht sein.

Die geistigen Väter der Ausstellung verweisen auch auf die Rechte, die Kinder und Jugendliche haben. Das Recht, sich frei zu entfalten beispielsweise, ihre Meinung äußern zu dürfen, das Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit oder einfach nur das, so zu sein, wie man eben ist. "Die Gesellschaft darf ruhig bunt sein", erklärt Seubert. Doch manchmal geht es nicht ohne Hilfe. Die Ausstellung will auch dazu anregen, sich Hilfe zu holen, wenn es mit den schlechten Rückmeldungen von Freunden und Erwachsenen zu heftig wird oder das Kind selbst das Gefühl entwickelt, oft zu stören. "Es ist kein Rundum-fertig-Paket", betont Amtsarzt Donhauser. Die Ausstellungsmacher hoffen auf die Neugier von Kindern und Jugendlichen, nachdem die Transparente mit Comics und Schlagworten selbsterklärend sind. Vielleicht ließe sich das Thema auch in den Unterricht einbauen.

Schulen, Kindertagesstätten oder Jugendzentren, die daran Interesse haben, können sich mit Johanna Ehm beim Gesundheitsamt in Neuburg unter der Nummer (08431) 575 08, E-Mail: johanna.ehm@lra-nd-sob.de in Verbindung setzen.