Neuburg
Zeitbombe Speisereste

Noch ist die Afrikanische Schweinepest fern - Landkreis setzt auf Information zur Vorbeugung

22.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr

Essensreste, die vor allem an Parkplätzen in die Landschaft entsorgt werden, können zu einer aus Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest führen. Landrat Roland Weigert (r.) setzt deshalb auf Information in mehreren Sprachen. Amtstierarzt Norbert Kieslich (l.) übergab Harald Textor vom Wittelsbacher Ausgleichsfonds Warnhinweise für dessen Wälder. - Foto: Frank

Neuburg (DK) Über Jagd und Landwirtschaft hängt ein Damoklesschwert: Die Afrikanische Schweinepest. Noch hat die Seuche auf ihrem Zug aus Osten die deutsche Grenze nicht überschritten, aber die Gefahr kommt näher. Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen will durch Information vorbeugen.

Es war ein bisschen unwirtlich auf dem Parkplatz vor Schloss Grünau, als Landrat Roland Weigert gestern Nachmittag seine Informationsoffensive startete. Ein Plakat des Bundeslandwirtschaftsministeriums soll künftig vor allem Lkw-Fahrer in sechs Sprachen darauf hinweisen, keine Speisereste in die Landschaft zu werfen, denn die Afrikanische Schweinepest droht. Die Seuche ist inzwischen in Polen, dem Baltikum, in Moldawien, Rumänien und Tschechien sowie einigen Nicht-EU-Ländern nachgewiesen und aktuell nur noch 300 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Über eine weggeworfene Wurstsemmel kann das Virus schon morgen mitten in Bayern sein - und das hätte gravierende Folgen. Deshalb wendet sich der Landkreis jetzt an Trucker östlicher Provenienz und Saisonarbeiter. Sie könnten verseuchte Lebensmittel wie Rohwurst und Schinken im Gepäck haben. So harmlos das Virus für Menschen ist, so tödlich ist es für Schweine. "Die Speisereste sind problematisch", sagte Landrat Roland Weigert gestern bei einem Pressetermin, an dem auch Amtstierarzt Norbert Kieslich und Oberforstdirektor Harald Textor vom Wittelsbacher Ausgleichsfonds teilnahmen. An Rastplätzen und überregionalen Verbindungsstraßen sollen deshalb die mehrsprachigen Plakate angebracht werden.

Die Stadt Neuburg ist bereits aktiv geworden, nachdem im Industriegebiet Grünau Brummifahrer aus aller Herren Länder Station machen. Weigert bittet auch die Landwirte, bei ihren Erntehelfern das Problem anzusprechen. Das Straßenbauamt hat seine Kooperation ebenfalls zugesichert.

Die Seuche wäre nicht nur für Wildschweinbestände verheerend, sie könnte auch auf Nutztiere überspringen, was sich je nach Ausbreitung zu einem wirtschaftlichen Desaster auswachsen könnte.

Bei der Versicherungskammer Bayern hat man eine Risikobewertung vorgenommen und den Abschluss neuer Versicherungen von Schweinezüchtern und -haltern seit Mitte März ausgesetzt. "Das Risiko ist zu hoch. Man kann ein Überspringen der Seuche auf Deutschland und Bayern nicht ausschließen", erklärte Pressesprecher Stefan Liebl gegenüber unserer Zeitung. Allerdings habe man schon im vergangenen Jahr einen Anstieg der Abschlusszahlen im dreistelligen Bereich verzeichnen können. Sollte in einem landwirtschaftlichen Betrieb die Afrikanische Schweinepest auftreten und der Bestand getötet werden müssen, wird der nicht speziell versicherte Bauer über die Tierseuchenkasse entschädigt, erhält allerdings nur den Zeitwert der Tiere. Noch schlechter würde es den Nachbarn ergehen, die ihre gesunden Schweine in einem Sperrbezirk eventuell nicht oder verspätet vermarkten könnten. "Das sind ernsthafte ökonomische Probleme", gibt Landrat Roland Weigert zu bedenken.

Bei der Standesvertretung der Landwirte nimmt man das Thema sehr ernst. Erika Meyer, Geschäftsführerin des Bauernverbandes in der Region 10, hat deshalb veranlasst, dass besagte Warnhinweise an Landwirte verschickt werden. Auch sie hofft auf Prävention durch breite Information.

Und wie ist es um die Jagd bestellt? Die Politiker haben reagiert und die Schonzeiten für Wildschweine ausgesetzt. Sie sollen stärker bejagt werden. "Das ist eine politische Blendgranate, die für die Seuchenprophylaxe nur marginale Effekte hat", findet der Landrat. Frischlinge und Überläufer, also junges Schwarzwild, habe man ohnehin das ganze Jahr über bejagen dürfen. Und Bachen zu schießen sei kaum vertretbar, weil nur schwer zu unterscheiden sei, ob eine Bache Nachwuchs führe oder nicht, das sei in der jagdlichen Praxis kaum machbar. Auf ein mögliches Muttertier anzulegen, verbietet auch für Oberforstdirektor Harald Textor die jagdliche Ethik. Der führende Forstmann des Wittelsbacher Ausgleichsfonds beteiligt sich an der Aktion des Landkreises. Sie sei "sehr sinnvoll und ein vorzeigewürdiges Pilotprojekt". Deshalb wird Textor an den Zufahrten der Wittelsbacher Wälder entsprechende Hinweise anbringen. Sollte die Seuche in Deutschland Fuß fassen, sieht er finanzielle Millionenverluste für die Jagd, vom Elend der sterbenden Sauen ganz abgesehen.

Für Jäger und Förster, die Schwarzwildkadaver mit unklarer Todesursache in ihren Revieren finden, ist das Veterinäramt die richtige Adresse. "Wir machen dann einen Übergabeort aus. Der Jäger wird mit Schutzkleidung ausgerüstet, übergibt uns den Kadaver und wir schicken das Stück zur Untersuchung ein", erklärt Amtstierarzt Norbert Kieslich. Nach ein paar Tagen liege der Befund vor. "Ist er positiv, ist es für uns negativ, weil wir dann die Schweinepest haben."