Neuburg
Die AfD auf Herbergssuche

Stammtisch muss verlegt werden Gastronom will keine öffentliche Parteiveranstaltung

07.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:41 Uhr

Vielbeachteter Auftritt bei Gegnern und Befürwortern: AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry (vorne Mitte) bei ihrem Besuch im Mai 2016 in Neuburg. Der Proteststurm ging auch über den Betreiber der Rennbahn nieder, der bei sich keine öffentliche Veranstaltung der AfD mehr zulassen möchte. ‹ŒArch - foto: Schanz

Neuburg (DK) Der Alternative für Deutschland (AfD) bläst in Neuburg ein rauer Wind ins Gesicht. Zerstörte Wahlplakate, Gegenplakate und nun ein Stammtisch ohne Dach über dem Kopf. "Ich weiß nicht mehr, wo ich hingehen soll", sagt Schriftführerin Jutta Lauber vom AfD-Kreisverband.

Eigentlich hätte morgen, Donnerstag, um 19 Uhr ein öffentlicher Stammtisch in der Vinothek des Restaurants Rennbahn stattfinden sollen. Angekündigt war auch AfD-Redner Andreas Strixner mit einem Kurzvortrag zu aktuellen Wirtschaftsthemen. Daraus wird jetzt nichts. Der Stammtisch muss woanders unterkommen. "Aufgrund linksradikaler Machenschaften, unter anderem auch von der SPD", schreibt Lauber in einer Pressemitteilung, müsse der Stammtisch verlegt werden. "Gerade in letzter Zeit üben undemokratische Hetzer gegen die AfD großen Druck auf deren Gastgeber mit entsprechenden wirtschaftlichen Folgen aus", beklagt Lauber.

Was den Druck betrifft, den hat Rennbahnwirt Mario Reichenbach deutlich zu spüren bekommen. Als Frauke Petry, die Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland, im Mai 2016 mit großem Polizeiaufgebot und einer Gegendemonstration auf dem Schrannenplatz im Saal der Rennbahn ihre politischen Ansichten darlegte, hagelte es im Nachgang massive Proteste. Reichenbach spricht von einem Shitstorm und wüsten Beleidigungen, von denen auch der Rennbahneigentümer, der Kühbacher Brauereibaron Umberto von Beck-Peccoz, betroffen gewesen sei. Das möchte Reichenbach nicht noch einmal erleben. Schließlich hat Beck-Peccoz in die Rennbahn, die jahrzehntelang bis auf das Kino leer stand, Millionen investiert. Reichenbach will zufriedene Gäste und versucht mit einem eigenen Kulturprogramm Schwung in den Laden zu bringen. Er denkt ans Geschäft. Störfeuer, von welcher Seite auch immer, sind da nur hinderlich. "Ein Stammtisch als geschlossene Veranstaltung, das ist in Ordnung, aber keine öffentliche Parteiveranstaltung", gibt er seine Linie vor. Und der AfD-Stammtisch wäre öffentlich gewesen, sogar mit Ankündigung, das gehe eben nicht. Wie sich das mit der SPD-Jahresversammlung verträgt, die am Donnerstag, 2. Februar, öffentlich in der Rennbahn über die Bühne ging und bei der Ortsvorsitzender Heinz Schafferhans gegen die AfD wetterte, erschließt sich nicht ganz.

Jutta Lauber jedenfalls ist auf der Suche nach einer neuen Bleibe, um Stammtisch und Themenabende abhalten zu können. Früher trafen sich die Parteimitglieder im Neuwirt. Als sie dort nicht mehr wohlgelitten waren, zogen sie in die Obere Altstadt in die Blaue Traube. Doch die hat jetzt den Besitzer gewechselt. Also hat Lauber versucht, für ihre Stammtische die Vinothek in der Rennbahn gleich fürs ganze Jahr zu buchen. Doch das ist jetzt ebenfalls abgehakt. "Ich habe bei diversen Lokalen nachgefragt. Wir tun uns sehr schwer", sagt Lauber, "ich weiß nicht mehr, wo ich hingehen soll. Es macht keinen Spaß mehr, es ist frustrierend." Frustrierende Erlebnisse sind für AfD-Vertreter in Neuburg nicht neu. Als sie im Oktober zum Themenabend "Gehört der Islam zu Deutschland" einlud, wurden ihr über Nacht 38 Plakate von Unbekannten beschmiert, mit dem Wort "abgesagt" beklebt, heruntergerissen oder gleich samt Ständer zertrümmert. Lauber erstattete Anzeige wegen Sachbeschädigung.

Jüngster Auftritt der Partei vor breiter Öffentlichkeit war Ende Januar im Café Huber mit André Poggenburg, dem Landtagsabgeordneten und Landesvorsitzenden der AfD in Sachsen-Anhalt (wir berichteten). Vor rund 100 Zuhörern sprach dabei auch Christina Wilhelm, die AfD-Kreisvorsitzende aus Neuburg, die bei der Bundestagswahl am 24. September ein Mandat erringen möchte. Doch auch das Traditionscafé Huber ist verkauft. Jutta Lauber geht davon aus, dass ihre Partei auch diesen Veranstaltungsort verliert. Was Wilhelm von dieser Entwicklung hält, bleibt fraglich. Die Kreisvorsitzende war trotz Bemühungen unserer Zeitung um eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.