Neuburg
Wenn die Richterbank zum Drehort wird

Am Amtsgericht dreht eine junge Crew aus Ingolstadt einen Film für den guten Zweck

23.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr

Authentische Kulisse: Die Filmcrew rund um den Ingolstädter Regisseur Kevin Schmutzler (Mitte) drehte für ihren Film "Robin" einige Szenen im Neuburger Amtsgericht. - Fotos: Belzer

Neuburg (DK) Es kommt nicht alle Tage vor, dass in Neuburg ein Film gedreht wird - und erst recht nicht, dass sich eine Crew das Amtsgericht als Schauplatz aussucht. Viele der Beteiligten kommen aus Ingolstadt, ihr Streifen "Robin" dient dem guten Zweck.

Das Ambiente ist würdevoll, immerhin werden hier im echten Leben Urteile im Namen des Volkes gesprochen. Altehrwürdig ist es, das Gebäude des Amtsgerichts in Neuburg. Der Boden knarzt so schön alt beim Drübergehen, im Treppenhaus hängen an den dicken Mauern historische Gemälde. Gestern jedoch war das alles ein bisschen anders. Ein Film-Team aus Ingolstadt okkupierte einen Saal, in dem normalerweise Amtsgerichtsdirektorin Dorothea Deneke-Stoll Platz nimmt und Recht spricht. In anderen Räumen waren die Maske und ein Aufenthaltsraum für die Darsteller untergebracht.

Während auf dem hölzernen Richtertisch echte Akten lagen, die falschen Richter mit ihren schwarzen Roben streng dreinblickten und die Techniker konzentriert in ihre Kameras schauten, flitzte eine auffällig geschminkte junge Frau mit einem Pinsel durch den Raum und deckte mit Puder noch schnell die Gesichter der Darsteller ab - unter den hellen Strahlern schwitzt man eben ein bisschen schneller. Auf dem Gang herrschte derweil Mucksmäuschenstille - die Regisseure Kevin und Tobias Schmutzler hatten Anweisung gegeben, dass es jetzt los geht. Statt "Action" - wie man sich das als Laie so vorstellt - sagten die Brüder "Und bitte". Dann wurde gedreht. Immer und immer wieder. So einen Film zu produzieren, ist eine ziemlich zeitintensive und aufwendige Sache. Die meiste Zeit sitzen die Schauspieler an ihren Plätzen und warten. Darauf, dass die Techniker umbauen. Darauf, dass die Regisseure allen Beteiligten letzte Anweisungen gegeben haben. Für die eine Szene am Amtsgericht waren fünf Stunden eingeplant. Und selbst das wurde knapp.

"Robin" heißt der Film, den die 26 Männer und Frauen zählende Crew dreht. Nicht nur in Neuburg, sondern auch in Ingolstadt, Augsburg, Frankfurt - und sogar in Südafrika. Die Geschichte ist schnell erzählt: Robin ist ein elfjähriger Junge mit allen Plänen und Wünschen, die man eben in diesem Alter hat. Allerdings leidet er an Krebs, weshalb ihm wenig Zeit bleibt, sich diese Träume zu erfüllen. Sein Vater entführt ihn aus dem Krankenhaus und nimmt ihn mit auf eine Reise nach Südafrika, wo Vater und Sohn gemeinsam Robins Wunschliste erfüllen. Das Drehbuch zu "Robin" war schon Ende 2014 fertig - bis dann aber die erste Klappe vor ein paar Tagen fiel, musste einiges erledigt werden, darunter das Casting für die Schauspieler, die Suche nach geeigneten Drehorten, die Technik und und und. 30 Drehtage sind insgesamt eingeplant, demnächst fliegt die komplette Crew nach Kapstadt.

Die Brüder Kevin und Tobias Schmutzler sind waschechte Ingolstädter, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Nach einem Film-Studium sind sie nun hauptberuflich als Regisseure tätig. "Robin" ist ihr zweites großes Projekt. "Wir haben deshalb das Neuburger Amtsgericht ausgesucht, weil es das schönste Gericht ist. Hier ist alles authentisch, wir können sogar Original-Akten verwenden", schwärmt der 26-jährige Kevin Schmutzler vom Set. Und das Amtsgericht hat es den jungen Filmschaffenden völlig problemlos ermöglicht, hier zu drehen. Für die Umsetzung des Films wurden jede Menge Sponsoren und Spenden akquiriert, alle Darsteller, Kameramänner, Licht- und Tonmeister arbeiten ohne Gage.

Der Spielfilm ist das Herz der sozialen Kampagne "Watch for wishes", bei der Spenden gesammelt werden, um kranken Kindern ihre größten Wünsche zu erfüllen. Der Streifen wird in der zweiten Jahreshälfte kostenlos auf der Videoplattform Youtube zu sehen sein. Für jeden Klick spenden Partner einen Betrag an eine wohltätige Einrichtung. "Weil man den Film sieht, wird gespendet", erklärt der Nachwuchs-Regisseur die Idee. Der Zuschauer hat also realen Einfluss auf die Gesellschaft, indem er dabei hilft, Kinderwünsche zu erfüllen - allein durch das kostenlose Anschauen eines Spielfilms.