Neuburg
Wittelsbacher klagen gegen die Stadt

Posse um Betretungsverbot: Am 6. Oktober soll das Verwaltungsgericht entscheiden

30.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:14 Uhr

Foto: DK

Neuburg (DK) Die Bombengeschichte im Wald bei Zell geht in eine weitere Runde. Die Stadt hat ein Betretungsverbot erlassen, der Wittelsbacher Ausgleichsfonds klagt dagegen. Am 6. Oktober haben die Verwaltungsrichter das Wort. Dann wird die Posse juristisch beendet werden.

Im Grunde sind es Spätfolgen des Zweiten Weltkrieges, unter denen jetzt Stadt und private Waldbesitzer zu leiden haben. Beim Bombardement des Zeller Flugplatzes, von dem Hitlers Flugzeuge aufstiegen, ließen alliierte Flieger reichlich tödliche Last ab. Doch viele der Sprengkörper detonierten nicht, sondern gruben sich ins Erdreich ein, wo die Zeit über sie hinweg ging. Bäume und Sträucher deckten die brisanten Altlasten zu. Als die Polizei im Winter 2014 auf der Suche nach dem Handy eines ermordeten Mädchens aus Möckenlohe ihre Metalldetektoren einsetzte, stießen die Beamten auf die gefährliche Hinterlassenschaft. Das Handy fanden sie nicht.

Die Stadt Neuburg musste reagieren und sperrte den Wald. Das Betretungsverbot, das im November 2015 im Amtsblatt veröffentlicht wurde und von dem zahlreiche Tafeln an den Bäumen am Waldrand künden, ist faktisch auch ein Bewirtschaftungsverbot. Die Stadt ließ ihren Grund und Boden von Kampfmittelräumern absuchen. Und die wurden immer wieder fündig. Mehr als 200 Sprengkörper bargen sie aus dem Waldboden. In Einzelfällen mussten die Bomben an Ort und Stelle gesprengt werden, weil eine Entschärfung zu riskant war. Auf rund 50 000 Euro beliefen sich die Kosten im Jahr 2015, für 2016 hat der Stadtrat weitere 30 000 Euro bewilligt. Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) ist kein Freund des Betretungsverbotes, steckt aber in der Klemme. "Wenn wir wissen, dass dort noch Bomben liegen können, müssen wir so reagieren", erklärte Gmehling Anfang des Jahres. Wenn jemand das Verbot missachte, tue er es auf eigene Gefahr. Mit großartigem Verfolgungseifer durch die Stadt muss aber wohl niemand rechnen.

Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF), der in diesem Bereich rund 100 Hektar Waldfläche besitzt und durch das Betretungsverbot wirtschaftlich Einbußen hinzunehmen hat, hätte sich von der Stadt ein gemeinsames Vorgehen gewünscht. "Die Stadt Neuburg hat ohne uns zu informieren unseren Wald abgesperrt und uns als Eigentümer ein Betretungsverbot ausgesprochen", sagt Harald Textor, Leiter der Forstdirektion des Wittelsbacher Ausgleichsfonds. "Das war eine Nacht- und Nebelaktion." Er habe ein Grundverständnis für die Stadt, dass sie bei Kenntnis der Bombenfunde tätig werden müsse, der WAF jedoch hätte ein gemeinsames Gespräch favorisiert, um das Problem zu lösen. "Wir wurden vor den Kopf gestoßen", sagt Textor. "Ein Round Table, wo die Betroffenen gemeinsam eine Strategie entwickeln, wo gesperrt und nach Bomben gesucht wird, um die Kontaminierung zu beheben, wäre besser gewesen."

Vom Gericht erwartet sich der Leiter der Forstdirektion, dass das Betretungsverbot aufgehoben wird. "Wir stehen Gewehr bei Fuß, um eine Ausschreibung vorzunehmen, welche Firma für uns Suchkommandos losschickt und die Bomben entschärft. Das Gebiet wird dann schachbrettmäßig abgesucht." Harald Textor rechnet mit Kosten im sechsstelligen Bereich. "Diese Kosten müssen wir tragen, dazu sind wir verpflichtet", so der Forstexperte.

Ist das Gelände unbedenklich, werde das Verbot aufgehoben, erklärte Rechtsdirektor Ralf Rick aus dem Neuburger Rathaus. Und hier beißt sich ganz offenkundig die Katze in den Schwanz: Der WAF argumentiert, dass zuerst das Betretungsverbot aufgehoben werden müsse, damit Suchtrupps die 100 Hektar Wald nach Bombenfunden aus dem Zweiten Weltkrieg durchkämmen können - dafür wurde nun der Weg über die Justiz gewählt. Das wiederum sieht Oberbürgermeister Bernhard Gmehling nicht so: Das Betretungsgebot gelte schließlich nicht für den Kampfmittelräumdienst. "Wenn der Wittelsbacher Ausgleichsfonds die Bomben beseitigen lassen will, darf der Wald selbstverständlich betreten werden."