Neuburg
Bessere Gesundheitspolitik für die Alten

VdK und Mediziner fordern mehr Gewicht für die Geriatrie Neuburger Klinik feiert Jubiläum

22.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:19 Uhr

Foto: Winfried Rein

Neuburg (r) Ein Euro Aufwand in der Geriatrie-Klinik erspart 20 Euro Kosten in der Pflege - dieses Ergebnis einer Studie veranlasst VdK-Präsidentin Ulrike Mascher zu einem großen Plädoyer für die Altersmedizin.

Die Gesundheitspolitik müsse sich auf die älter werdende Gesellschaft einstellen, "und die alten Patienten haben ein Recht auf fachärztliche Behandlung."

Die Chefin des Sozialverbandes mit bundesweit 1,8 Millionen Mitgliedern gratulierte in Neuburg dem Geriatriezentrum (GZN) zum 20-jährigen Bestehen. Aus einem Pilotpojekt entstanden, habe sich das Neuburger Haus zu einem Erfolgsmodell entwickelt. In 20 Jahren sind 28 000 Patienten behandelt und für den Alltag aktiviert worden. "Wir müssen mehr über diese Riesenleistung sprechen", sagt Chefarzt Dr. Einhard Springer.

Das geschah am Sonntag, als mehrere hundert Besucher beim Tag der offenen Tür vorbeischauten. Die Klinik bot zusammen mit VdK, Pharmafirmen und Othopädiehäusern Führungen, Vorträge und Informationen an. Am Samstag trafen sich Mediziner und Sozialarbeiter zu einem Symposium.

Es gab viele kritische Töne. Wenn die Klinik ausgelastet ist und gut arbeite und dann das Geld nicht reiche, "das ist eigentlich ein Skandal", findet Dr. Jens Trögner, Sprecher der bayerischen Geriatrien. Er erinnerte daran, dass auch die Neuburger Klinik jahrelang unterfinanziert gewesen sei, bis die Krankenkassen endlich die Tagessätze erhöht hätten. Wenn anderswo mit der Medizin noch viel Geld verdient werde, so Trögner, dann "ist es unverständlich, dass ausgerechnet die Geriatrie so darben muss."

Der Appell an die Sozialpolitik lautete, der Geriatrie endlich mehr Stellenwert einzuräumen, "denn ohne Geriatrie ist die Medizin des 21 Jahrhunderts unvorstellbar." Für Jens Trögner steht der "Tsunami der Alterspyramide" noch bevor. Die 140 Geriatrien in Bayern mit 5000 Betten stünden für erfolgreiche Arbeit. Das gelte insbesondere für Neuburg. Dort sei es "der tiefen inneren Überzeugung der Träger und Mitarbeiter zu verdanken, dass die Klinik überhaupt noch da ist."

Der frühere Chefarzt Dr. Not-Rupprecht Siegel bezeichneteseinen Einstieg 1997 als "glücklichste Entscheidung meines beruflichen Lebens." Damals konnten die wenigsten etwas mit dem Wort Geriatrie anfangen. Dass Neuburg zu einer landesweit anerkannten Einrichtung geworden sei, verdanke die Geriatrie ihren motivierten Mitarbeitern.

Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen und der VdK Bayern tragen die Neuburger Klinik. Landrat Roland Weigert bedankte sich beim VdK für die "bewährte Trägerschaft". Die Ertragslage des Hauses habe sich deutlich verbessert. Niemandem in der Region wäre es zu erklären, so Landrat Roland Weigert, "wenn man trotz des "Megatrends" in der demografischen Entwicklung die Geriatrieklinik schließen würde."

VdK-Präsidentin Ulrike Mascher hält nicht weniger als ein Umdenken in der Gesundheitspolitik für notwendig. Die Belange der älter werdenden Gesellschaft müssten viel stärker berücksichtigt werden. Die Ausbildung zum Facharzt für Geriatrie wäre ein Meilenstein, so Ulrike Mascher.

Sie forderte die Hausärzteverbände auf, ihre Widerstände aufzugeben. Außerdem müsste bald ein Ausgleich zwischen Pflegekassen und gesetzlicher Krankenversicherung geschaffen werden. Die Pflegekasse profitiere von erfolgreicher Altersmedizin, aber die Kassen müssten sie bezahlen. Diese und andere Forderungen, so die VdK-Präsidentin, habe sie schriftlich zu den Parteien der Koalitionsverhandlungen in Berlin geschickt.