Neuburg
Arbeitsplatz Erde

28.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Foto: DK

Neuburg (DK) "Geo-was"? - fragt sich wohl so mancher, wenn sich jemand als Geodät vorstellt. Im Haus im Moos haben Schüler des Descartes-Gymnasiums praktisch erleben dürfen, was man als Geodät macht - ein Arbeitsfeld, das sich im Zuge der Digitalisierung mächtig gewandelt hat.

"Auf wie viele Meter genau schätzt ihr euer GPS im Handy ein", fragt Matthias Vormwald, ehemaliger Geodäsie-Student. "Zwei Meter", antwortet eine Schülerin. Um das zu überprüfen, wird jedem ein GPS-Gerät mit der Genauigkeit eines Handys in die Hand gedrückt. Damit ausgestattet dürfen sich alle auf die Suche nach einem Schatz begeben - der irgendwo um sie herum im Feld vergraben ist. Letztendlich gelangen alle an fast denselben Punkt und stecken dort Holzstäbe zur Markierung in die Erde.

Zur Überprüfung, ob der Schatz wirklich dort versteckt ist, wo die kleinen Geräte hingeführt haben, hat Vormwald ein professionelles Messgerät mit GPS-Empfänger dabei. "Das arbeitet auf ein bis zwei Zentimeter genau", erklärt er. Tatsächlich finden die Elftklässler mit Hilfe dieses Geräts die versteckten "Goldbären" - in etwa fünf Metern Entfernung von ihren Holzstäben. "Ein Handy-GPS misst nur etwa auf zehn Meter genau", lautet die Erklärung.

Bei dieser und zwei weiteren Stationen konnten die Schüler die Tätigkeiten von Geodäten praktisch kennenlernen - genauer gesagt deren Arbeit von früher, also die herkömmliche Variante mit Dreiecksberechnungen, von heute, wo man mit Lasermessern vorgeht, und die Messung mit GPS-Gerät. Zuvor hatten ihnen der Leiter des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Ingolstadt, Johann Freund, und Absolventen des Geodäsie-Studiums alles Wissenswerte zur Geodäsie und ihrem Studium erklärt.

Was genau ist Geodäsie eigentlich? "Darunter versteht man die Vermessung der Erde selbst und der Objekte auf der Erde", erklärt Freund. Man erfasst Geodaten, mit denen man die Umwelt in Karten darstellen kann. Die Informationen, die untersucht werden, reichen dabei von Grundstücksformen bis zu Naturschutzgebieten, Bauwerken und vielem mehr. Auch Geländemodelle erstellt man. Mit ihnen lässt sich die Oberflächenstruktur eines Gebietes sehr genau darstellen, also zum Beispiel, wie bergig eine Landschaft ist. "So kann man berechnen, wie sich der Lärm von der Straße ausbreitet", erklärt Freund.

Aktuelle Geodaten für jedermann gibt es im Internet auf der Seite www.bayernatlas.de. Bayernweit flächendeckende Karten für Wander- und Radwege, Luftbilder, 3-D-Darstellungen von Gebäuden und Gelände und mehr stehen hier kostenlos zur Verfügung.

Um all diese Karten erstellen zu können, braucht es ein Studium. Geodäsie, Geoinformationswesen, Geoinformatik, - "jeder Studiengang heißt anders, aber im Prinzip ist alles das Gleiche", erklärt Steven Leuthold, Geodäsie-Absolvent. Im Grunde: "Informationsverarbeitung im Bereich Geo." Wie der Name schon schließen lässt, sind Mathe und Informatik wichtige Bestandteile des Studiums. "Mathe muss man mögen, um Vermessung zu lieben", lacht Leuthold, "für Informatik reicht ein gewisses Verständnis. Man muss jetzt kein Programmierer sein." Der Unterricht drehe sich meist um Analyse, Verarbeitung und Interpretation von Geodaten. Karten würden produziert und teils in Apps umgesetzt. Auch arbeite man an Positionierungsdiensten, durch die zum Beispiel Traktoren selbstständig auf Felder fahren könnten, ohne Grundstücksgrenzen zu überschreiten. Zahlreiche Praxiseinheiten fehlen im Studium nicht: "Wir sind viel draußen, um Vermessungen zu machen. Bei meiner Hochschule in Dresden waren wir zum Beispiel auch mal beim Bahnhof und haben dann ein 3-D-Modell von dessen Innerem gemacht", erzählt einer der ehemaligen Studenten.

Und wo kann man nach dem Studium arbeiten? "Es findet jeder irgendwo eine Arbeit", verspricht Leuthold. Das kann im Landmanagement und im Immobilienbereich sein, aber genauso im Umwelt- und Katastrophenschutz oder bei Energieversorgern. Geodäsie stecke überall im Alltag. Für den Straßenbau wären Geodäten ebenso wichtig wie für die Karten von Navigationssystemen. Zugfahrten wären nicht möglich, wenn Geodäten nicht den Schienenverlauf auf Bruchteile von Millimetern genau vermessen hätten.

"Das Studium ist für technikbegeisterte junge Leute, die Mathe mögen und gern am Computer arbeiten, bestens geeignet", fasst Freund zusammen - mit der Arbeitsweise eines Aristoteles jedenfalls hat es nur noch wenig gemein.