Neuburg
"Unsere Gegend ist einfach ungeeignet"

23.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:53 Uhr

Er lehnt den Nationalpark ab: Engelbert Winter, hier beim Abheften der neuesten Mitgliedsanträge für die Bürgerinitiative "Kein Nationalpark Donau-Auen". - Foto: Janda

Neuburg (DK) Zu klein, zu viel Gegenwind und viel zu undurchdacht: Der mögliche Nationalpark in den Donau-Auen ist laut Engelbert Winter nicht realisierbar. Im Interview erklärt der Mitgründer der Bürgerinitiative "Kein Nationalpark Donau-Auen" seinen Standpunkt.

Herr Winter, eines der Ziele der Bürgerinitiative "Kein Nationalpark Donau-Auen" steckt schon im Namen. Was sind darüber hinaus die Anliegen?

Engelbert Winter: Uns reicht dieses eine Ziel eigentlich (lacht). Aber im Ernst: Wenn man sich die Gebietskulisse hier ansieht und mit den anderen Nationalparks im Berchtesgadener Land und im Bayerischen Wald vergleicht, dann ist unsere Gegend ungeeignet. Wir haben eine Nord-Süd-Ausdehnung von gerade mal zwei bis drei Kilometern. Außerdem gibt es einen regelrechten Flickenteppich. Neuburg nimmt sich raus, Ingolstadt ebenso. Wer noch alles kommt, bleibt abzuwarten. Der Neuburger Oberbürgermeister Bernhard Gmehling hat außerdem bereits angekündigt, dass er sich die Bergheimer Spange vielleicht mal etwas breiter vorstellen kann. Was bleibt denn dann noch übrig? Das kann doch nicht funktionieren.

 

Wieso ist ein Nationalpark in den Donau-Auen aus Ihrer Sicht ein absolutes Unding?

Winter: Er erfüllt die Voraussetzungen der Staatsregierung schlichtweg nicht. Für 10 000 Hektar Fläche bräuchte ich eine riesige Ausdehnung. Hat denn der Staat nicht selbst einen Wald dafür? Gleichzeitig haben wir hier Industrie und Entwicklungsraum, das passt nicht zusammen. Mittlerweile habe ich auch die Information, dass Gerolfinger Waldgenossen ihren Eichenwald wohl nicht hergeben wollen.

 

Verloren wäre der Wald mit einem Nationalpark aber nicht.

Winter: Die Frage dabei ist, wie man Wald definiert. Hier bei uns in Bergheim muss ich pflegen, der Auwald braucht das, um erhalten zu bleiben. Wir wollen zwischen den Bäumen durchsehen und keine zugewucherte Gebüschbarriere. Dafür müssen die Waldrebe und die Büsche raus, sonst kommen die Bäume nicht mehr hoch. Wir leben seit Jahrhunderten mit diesem Wald, das ist ein Nutzwald. Wertvolle Bäume können dadurch weiterhin wachsen.

 

Sie sagen es schon: Ein Hauptthema ist die Nutzung. Das sieht auch das Umweltministerium so. Ist eine Annäherung dabei denkbar?

Winter: Dafür habe ich zu wenig Informationen. Vize-Landrat Alois Rauscher weiß offenbar mehr. Er sagt ja, dass wir Tauschflächen bekommen. Er ist aber natürlich von der CSU, vielleicht weiß er einfach mehr. Der nächste Staatswald ist allerdings rund zehn Kilometer entfernt. Mit meinem kleinen Traktor brauche ich da nicht rausfahren.

 

Ein Grundstückstausch ist also kein Thema?

Winter: Nein, im Endeffekt nicht.

 

Kritik gab es zuletzt vor allem für die Informationspolitik aus dem Umweltministerium. Woran genau hapert es?

Winter: Das geht los beim Start mit den Verbänden. In Weichering ist alles zusammengekommen, was überregional organisiert ist. Und die haben dann über unser kleines Gebiet gesprochen. Wenn ich es übertreiben will, muss ich also sagen: Der bayerische Eisdielenverband wird zum Nationalpark gehört. Und die Eigentümer und Nutzungsberechtigten bleiben überwiegend außen vor.

 

Kam dieses Verbandsgespräch nicht generell ein bisschen zu spät?

Winter: Sogar viel zu spät. Wenn man überlegt, dass die anderen Regionen viel länger im Gespräch sind, da hatte man viel mehr Zeit für einen Dialog. Vielleicht war das aber absichtlich so, damit sich der Widerstand nicht richtig formieren kann.

 

Die Bergheimer Waldgenossen haben bereits beschlossen, ihre Flächen nicht abzugeben. Andere Grundstückseigentümer wie der Wittelsbacher Ausgleichsfonds sind aufgeschlossen.

Winter: Die sind aber auch in ganz Bayern aktiv. Da sind Tauschflächen viel einfacher zu bewerkstelligen.

 

Und wie wollen sie die vielen weiteren Betroffenen überzeugen?

Winter: Wir stehen bereits in Kontakt und haben beispielsweise die Gerolfinger und Oberhausener Rechtler auf unserer Seite. Andere Unterstützer kommen aus dem Vohburger Raum. Unser Ziel als Bürgerinitiative ist es, die Nutzungsberechtigten zu bündeln, einen gemeinsamen Beschluss zu fassen und nach München zu schicken.

 

In Neuburg, Weichering und Freinhausen gab es zuletzt Protestaktionen. Was ist als Nächstes geplant?

Winter: Schauen wir mal, was kommt. Es gibt noch keine konkrete Planung. Wir wollen außerdem noch abwarten, ob der Fragenkatalog, den unser Kreistag mit dem Kreistag Donau-Ries und dem Ingolstädter Stadtrat an das Ministerium geschickt hat, überhaupt beantwortet wird.

 

Bei der Demonstration in Neuburg hat sich Landrat Roland Weigert einem etwas rauen Umgangston ausgesetzt gesehen. Ein Missverständnis?

Winter: Das kann man so sagen. Noch in der Früh davor hatte ich Kontakt zum Landratsamt. Da hätte er uns ja mitteilen lassen können, dass er bei der Demo sprechen will. Wir hatten die Kundgebung gegen den Nationalpark völlig korrekt angemeldet. Da hätte ich erwartet, dass der Landrat einen Redewunsch vorher kommuniziert. Ein Grußwort wäre dann sicherlich in Ordnung gewesen.

Und doch hat sich der Landrat durch seine offene Haltung für einen Dialog nicht nur Freunde gemacht. Ist der von ihm eingeschlagene Weg falsch?

Winter: Nicht unbedingt. Er will einen Kreistagsbeschluss herbeiführen, da hat er verschiedene Fraktionen und verschiedene Persönlichkeiten. Ich finde es außerdem gut, dass dieser Fragenkatalog existiert. Inwieweit das beantwortet wird, wird sich zeigen. Ich würde mir dabei wünschen, dass der Kreistag klarstellt, dass Ende Juli für einen Beschluss nicht machbar ist. Das kann man von einem demokratischen Gremium einfach nicht erwarten. Gleichzeitig weckt diese Eile schon Misstrauen. Vor allem bei einer Entscheidung, die über Jahrhunderte gültig sein soll und das Leben hier beeinflussen würde. Die Entwicklung ist einfach nicht aufzuhalten.

 

Landrat Roland Weigert hat zuletzt Ihnen und unserer Zeitung gegenüber eine Informationsveranstaltung angeboten. Werden Sie diese Offerte annehmen?

Winter: Das werden wir sicher machen, ich wäre auch nicht abgeneigt, wenn es eine gemeinsame Veranstaltung gibt - aber nur, wenn es eine richtige Info ist und wir Antworten bekommen. So wie es im Kreistag mit Fachleuten des Umweltministeriums ablief, fände ich es nicht gut. Man stellt uns ja immer wieder als Gegner des Landrats dar. In einzelnen Fragen kann man aber durchaus unterschiedlicher Meinung sein, finde ich.

 

Der Fragekatalog ist seit rund zwei Wochen in München. Was genau erhoffen Sie sich davon?

Winter: Leider werfen manche Fragen des Kreistags einfach nur andere Fragen auf. Vor den Sommerferien ist das deshalb kaum hinzubekommen. Ein Beispiel: "Gibt es Erfahrungswerte, wie sich ein Nationalpark auf die Naherholungsqualität einer Region auswirkt" Aber was ist denn Qualität? Das ist einfach nicht vergleichbar. Andere Fragen sind derzeit noch nicht zu beantworten, weil sie Thema der oftmals angekündigten maßgeschneiderten Lösung sein sollen. Darüber müssen wir dann im Detail sprechen.

 

Wenn es kein Nationalpark Donau-Auen werden soll, wo soll der dritte Nationalpark in Bayern denn dann hin?

Winter: Ob man überhaupt einen braucht, weiß ich nicht. Man muss aber vorher unbedingt überlegen, wo ein Nationalpark sinnvoll wäre. Wenn ich hier Greenpeace zitieren darf: Eher nicht in den Donau-Auen.

 

Das Gespräch führte

Stefan Janda