Marxheim
Bunte Luftpost für Sigmar Gabriel

Bürgerinitiativen gegen die geplante Gleichstromtrasse protestieren bei Aktionstag

29.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Ein eindrucksvolles Bild an einem blau-weißen Himmel war die »Luftpost« an Minister Gabriel. - Foto: Schmitt

Marxheim (DK) Flutpolder und Gleichstromtrasse, das sind die dunklen Wolken, die wie ein Damoklesschwert seit Wochen und Monaten über den Köpfen der Marxheimer und Rennertshofener Bürger hängen. Nun protestierten die Initiativen bei einem Aktionstag in Marxheim.

„Da schwebt ein Damoklesschwert über Dir!“ Mit diesem Spruch will man sagen, obwohl eigentlich alles ganz gut läuft, könnte trotzdem jederzeit etwas Unangenehmes passieren. Läuft aber wirklich alles so gut für die kleine Gemeinde an der Donau? Die Bürgerinitiative gegen die Gleichstrompassage Ost-Süd ist sich da nicht ganz so sicher. Deshalb wurde am vergangenen Sonntag auf dem Gelände des Sportvereins eine große Informationsveranstaltung veranstaltet. Thema der Veranstaltung: „Wir müssen weiter am Ball bleiben, um die Stromtrasse zu verhindern.“

Vertreter vieler anderer Bürgerinitiativen waren anwesend, um ihren Forderungen den nötigen Nachdruck zu verleihen. Die Aktion sollte bei jedem Wetter laufen. Und gleich vorweg, auch Petrus scheint ein Gegner der Trasse zu sein: Er zeigte sich nämlich für die Marxheimer von seiner besten Seite. Waren am Samstag auf dem Neuburger Schlossfest noch Unwetterwarnungen ausgegeben worden, hatte der Sommer am Sonntag schon wieder alles fest im Griff. Nachdem Gabriele Buck-Baumann, Sprecherin der BI Marxheim, die Gäste begrüßt hatte, ging Martin Stegmair von der BI Megatrasse-Lech an das Rednerpult. Und er begann seine Rede mit den Worten: „Was für ein herrlicher Tag, Energie per Sonne als Strom und Wärme kostenlos vom Himmel, ohne Trasse. Ein Atomkraftwerk weniger in Betrieb, und kein Licht ging aus.“ Vermehrte und verbesserte Speichertechnik müsse eingesetzt werden, um diese kostenlose Energie auch für die Nacht zu nutzen, so Stegmair in seinen Ausführungen.

Nicht ganz so zimperlich gestaltete Werner Rosskopf aus Niederschönenfeld seinen Vortrag. An keiner der politischen Parteien ließ er ein gutes Haar, den Grünen warf er sogar vor, sie würden über Leichen gehen, nur für ein einziges Ziel, den Atomausstieg. Den Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer erinnerte er an seine Worte vor einem Jahr in Bergen, als dieser sagte, die Süd-Ost-Trasse werde es mit ihm nicht geben. „Horst, halte dein Wort“, so Rosskopf.

Am wenigsten gefiel Rosskopf die Tatsache, dass seit über einem Jahr keine geforderte Bedarfsberechnung von den Netzbetreibern und der Bundesnetzagentur vorliegt. „Bekommen haben wir bis heute nichts, und ich weiß nicht einmal, ob die Politiker, die für die Trasse gestimmt haben, jemals eine gesehen haben“, so Rosskopf. Ebenso vermisst er eine Langzeitstudie über die gesundheitlichen Auswirkungen einer Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). „Wahrscheinlich gibt es gar keine, oder sie darf dem Bürger nicht zugänglich gemacht werden. Die Trassen werden als Pilotprojekt gesehen, und wir sind die Versuchskaninchen“, ärgerte sich Roßkopf.

Am Sportgelände waren Informationsstände zum Thema „Rund um den Strom“, aufgebaut und wurden stark frequentiert. Elektroautos standen für Probefahrten zur Verfügung, und an einem Heimtrainer konnte jeder seinen eigenen Strom produzieren, um damit ein Radio zu betreiben, oder sogar Wasser zum Kochen bringen. Seilspringen und Tauziehen sorgten dafür, dass es den Kindern nicht langweilig wurde. Höhepunkt des Tages war die Ballonaktion „Post für Herrn Gabriel“. 99 Luftballons sollten es werden, aber es waren deutlich mehr.

Als ob es Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gewusst hätte, was da die Luftpost für ihn bereithält, setzte er in den vergangenen Tagen schon Zeichen, als er beim Treffen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft der Energiebranche vorwarf, sich jedem Dialog zur Klimaabgabe für Kraftwerke verweigert zu haben. Gleichzeitig kündigte er die endgültige Entscheidung über die Einführung der umstrittenen Sonderabgabe für Kohlekraftwerke für den 1. Juli an, und dementierte Berichte über ein endgültiges Aus dieser Sonderabgabe.

Im Streit um neue Stromtrassen durch Deutschland will Gabriel mit einem Kompromissvorschlag den Widerstand von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer bei zwei wichtigen geplanten Stromautobahnen von Nord nach Süd brechen. Der Ost-Link soll auf einer bestehenden Trasse nach Bayern geführt werden, davon die letzten Kilometer als Erdverkabelung. Bei der „Hauptschlagader“ der Energiewende, dem 800 Kilometer langen Süd-Link, ist der Minister ebenfalls zu Änderungen bereit, nennt aber hier wenig Einzelheiten. Am Endpunkt der Leitung im unterfränkischen Grafenrheinfeld solle aber festgehalten werden. Doch was alles dran ist an diesen Plänen, wird wohl erst die Zukunft zeigen.

Wie auch immer, die Bürgerinitiativen werden dabei wahrscheinlich mit ihrem Bild vom Damoklesschwert einen Treffer gelandet haben.