Gietlhausen
Das verschwundene Dorf namens "Forst"

Landkreis-Gästeführerin Christa Söllner unterwegs im Wald bei Gietlhausen

28.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Pause am Forsthof im Seminarwald: Landkreis-Gästeführerin Christa Söllner (2.v.r.) hatte viel Interessantes zu berichten. - Foto: Hammerl

Gietlhausen (DK) Auf die Spuren der Mennoniten, der Benediktinerinnen und des verschwundenen Dorfes namens "Forst", begab sich Landkreis-Gästeführerin Christa Söllner mit 15 Interessierten am vergangenen Sonntag.

Die gut dreistündige Wanderung durch den Gietlhausener Forst nach Bergen und zurück begann an der Gietlhausener Kapelle, wo die Teilnehmer erfuhren, dass Gietlhausen der jüngste Stadtteil Neuburgs sei, und eine Gründung der Kurfürstenwitwe Maria Leopoldine. Die war für einige eine gute alte Bekannte, nachdem Söllner gerade eine Woche zuvor eine Führung in Stepperg zur Gruftkapelle Maria Leopoldines angeboten hatte. Besonders willkommen waren die armen Siedler, die als erste nach Gietl-hausen gekommen waren, nicht. "Keiner wollte sie haben", erzählte Söllner, "aber Ried musste sie nehmen". Denn für eine selbstständige Gemeinde war die Dorfgemeinschaft zu klein. Die Katholiken wurden daher in Ried begraben. Wohin aber mit den Evangelischen? Das war das nächste Problem, das es zu lösen galt. Als sie sich an Maria Leopoldine wandten, erhielten die Gietlhausener einen evangelischen Friedhof. Ein eigener katholischer folgte erst, als die Kapelle erbaut wurde. Heute gibt es - das ist eine Besonderheit in Gietlhausen - drei Friedhofsbetreiber: Neben der katholischen und der evangelischen Kirche auch noch die Stadt Neuburg für einen Teil des katholischen Friedhofs.

Von Gietlhausen aus ging es durch den Seminarforst an den Kieselerdegruben vorbei Richtung Forsthof. Den nächsten Stopp gab es mitten im Wald. Sicher ist es nicht, doch an dieser Stelle wird das frühere Dorf Forst vermutet. Viel ist nicht bekannt über die Ortschaft, die einst aus 48 Ansiedlungen bestand, die sukzessive vom Kloster Bergen gekauft wurden. 1449 ist bereits von einem verödeten Dorf die Rede, die Gründe können nur vermutet werden. Vielleicht fiel das Dorf 1443 den Kriegswirren zwischen Ludwig dem Bärtigen von Bayern-Ingolstadt und seinem Sohn Ludwig dem Buckligen zum Opfer. Geblieben ist nur der Forsthof selbst, beziehungsweise ein Nebengebäude. Der Forsthof war einst im Besitz von Ritter Püttrich aus Reichertshausen, der im Jahre 1405 an das Benediktinerinnenkloster verkaufte. Er überstand mehrere Besitzerwechsel, gehörte im Dreißigjährigen Krieg den Jesuiten, nach deren Ordensauflösung fiel er an die Malteser, 1827 kauften sich Mennoniten hier ein. 19 Mennoniten-Familien lebten im Raum Neuburg, Ingolstadt, Eichstätt und Rain, der Forsthof war ihr Zentrum, bis der verschuldete Hof 1889 versteigert wurde. Seitdem gehört er dem Studienseminar, das das Gebäude 1969 abreißen ließ. Heimatvertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg waren die letzten Bewohner. Aus der Zeit der Mennoniten stammen 15 Gräber, deren Reste im Wald noch vorhanden, aber schwer zugänglich sind. Dass die Mennoniten hier ihren eigenen Friedhof hatten, erklärt Söllner damit, dass sie auf katholischen Friedhöfen nicht aufgenommen wurden, was vor allem ungetaufte Kinder betraf. Die Mennoniten praktizieren die Erwachsenentaufe. Glück hatten die Spaziergänger mit dem Wetter. Während Söllner durch die Kirche führte, schneite es zwar, nach dem Kaffeetrinken aber gelangte die Gruppe trockenen Fußes zurück.