Filmreife Falle oder Erfindung?

28.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:24 Uhr

Neuburg (szs) Was passierte am 9. September 2016 um 20 Uhr in einem Neuburger Wohnzimmer? Legten zwei Burschen einem Kontrahenten einen filmreifen Hinterhalt und peinigten ihn über eineinhalb Stunden lang? Oder erwischte ein junger Mann seine Freundin mit einem anderen inflagranti und verprügelte den Konkurrenten an Ort und Stelle? Das muss das Neuburger Jugendschöffengericht in einem Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung klären.

Auf der Anklagebank saßen gestern zwei 23-jährige Burschen aus Neuburg und Ingolstadt sowie eine einheimische junge Frau. Was Staatsanwältin Carola Sciurba ihnen vorwarf, klang wie aus einer Reality Soap auf RTL II: Ein Bursche umwirbt ein Mädchen. Dessen Bruder passt das nicht. Also legt er ihm einen Hinterhalt. Eine gemeinsame Bekannte lockt ihn in die Falle. Als er ihre Wohnung betritt, verschwindet sie im Bad. Dann tauchen zwei Raufbolde auf, zwingen das Opfer, sich auszuziehen und nehmen ihm seine Wertsachen ab, schlagen ihn, zwingen ihn, ihre Füße zu küssen und als er sich hinkniet, treten sie ihm ins Gesicht. Über eineinhalb Stunden lang soll das Martyrium gedauert haben - räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung wirft Sciurba den jungen Männern vor, Beihilfe der jungen Frau. Die Neuburgerin bestätigt vor Gericht die Anklagepunkte. "Es sollte eine Abreibung geben, aber es sollte nicht so ausarten", sagt sie reumütig aus.

Die beiden Burschen neben ihr auf der Anklagebank schütteln nur mit dem Kopf. Ihre Version klingt nach einem ganz anderen Film, nicht ganz so dramatisch. "Ich hab' an der Tür geklingelt, und dort war meine Freundin im Bademantel und der Typ in Boxershorts auf dem Sofa. Natürlich bekomme ich da Aggression", brachte es der Hauptangeklagte auf den Punkt. "Da ist mir die Sicherung durchgebrannt und ich habe ihm zwei Faustschläge gegeben." Die ganze Geschichte mit der Falle sei frei erfunden. Und der dritte auf der Anklagebank? "Ich bin mit in die Wohnung rein, mein Kumpel hat dem anderen zwei Schläge verpasst und ich habe ihn von dem anderen runtergezogen", sagte der aus. "Das war alles nicht so schlimm. Was sie hier erzählt, ist doch völlig extrem." Die junge Frau habe zusammen mit dem Opfer eine Geschichte zusammengereimt, um sich zu rächen.

Wer lügt? Das muss das Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Richter Gerhard Ebner an einem weiteren Verhandlungstag entscheiden. Wichtigster Anhaltspunkt dürfte die Aussage des Opfers sein - doch der junge Mann erschien gestern nicht zur Gerichtsverhandlung.