Eichstätt
Ein Salut mit der "Hopfenkanone"

Die Hofmühl will eine der innovativsten Brauereien Bayerns sein Da muss man offen sein für Experimente

31.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:44 Uhr

Seit 1492 kompakt zwischen Willibaldsburg und Altmühl: die Brauerei Hofmühl. Aus der Vogelperspektive (links) ist gut zu erkennen, wie neben den denkmalgeschützten Gebäuden der ökologische Fortschritt eingekehrt ist. Produziert wird wie eh und je ein Vollsortiment, Hauptstandbein ist das Helle. Und wenn es in der Brautechnik eine Neuerung gibt, ist die Hofmühl gerne ganz vorn mit dabei: Braumeister Johannes Jung (unten rechts) zeigt als neueste Anschaffung die "Hopfenkanone". - Fotos: Hager/Hoedt, Auer

Eichstätt (DK) Kaum zu glauben: 500 Jahre nach der Festschreibung des Bayerischen Reinheitsgebots gibt es beim Bierbrauen immer noch wesentliche neue Erfindungen. Der Vorreiter für Innovationen ist seit Jahren die Hofmühl-Brauerei in Eichstätt. Ihr neuester Coup: die "Hopfenkanone".

Als Mitte der 1990er Jahre die beiden Brüder Benno und Stephan Emslander die Brauerei übernahmen - Benno ist Inhaber, Stephan der Geschäftsführer -, da war allen klar, dass große Investitionen anstanden. Der technikaffine Benno ging das riskante Wagnis ein, auf noch unbekannte Techniken zu setzen, die bis dahin erst im Kleinversuch getestet worden waren. Das komplett neue Brausystem "Merlin" erlebte in der Hofmühlbrauerei seine professionelle "Feuertaufe" und ist heute im Brauereiwesen weltweit Standard, später kam der Läuterbottich mit dem stolzen Namen "Pegasus" dazu, und schließlich setzte Hofmühl bei der ökologischen Energieerzeugung Maßstäbe: mit einer gewaltigen Sonnenkollektoranlage und einem eigenen, gasbetriebenen Blockheizkraftwerk. Jahr für Jahr hat die Hofmühl rund eine Million in ihre Modernisierung gesteckt. "Wir wollen eine der innovativsten und umweltfreundlichsten Brauereien in Bayern und Vorzeigebetrieb des Landkreises Eichstätt sein", sagt Geschäftsführer Stephan Emslander.

Die größten Brocken freilich sind inzwischen geschafft, heute geht es eher um die Feinabstimmung. So wie bei der "Hopfenkanone". Das Gerät ist wieder mal ein Prototyp: Sein Zweck ist es, dem frisch gebrauten Pils direkt nach dem Sieden noch eine Extraportion Hopfenaroma mitzugeben, Aroma, das sich üblicherweise beim Kochen verflüchtigt. Jetzt wird die noch heiße Flüssigkeit, die Würze, durch einen Filter voller Hopfen "geschossen". Und siehe da: Es funktioniert, sagt das Dreigestirn der Firmenleitung bei einem Rundgang: Geschäftsführer Stephan Emslander, Prokurist Albert Spreng und Betriebsleiter Johannes Jung. Seit im Herbst letzten Jahres die "Kanone" installiert wurde, zieht die Nachfrage nach Hofmühl-Pils spürbar an, ohne dass die Firma auf das neue "Rezept" hingewiesen hätte. Man schmeckt offenkundig den feinen Unterschied. Die Brauerei ließ sich das 50 000 Euro kosten. In alten Zeiten übrigens wurde das Pils auf ganz ähnliche Weise "ertüchtigt": Bloß kam damals einfach eine Schaufel Hopfen händisch in den kühlen Sud. "Das ist also eine ganz herkömmliche Methode, aber mit moderner Technologie", sagt Stephan Emslander. "Zurück zu den Wurzeln." Das gilt übrigens auch für die Hefe: Die Emslanders haben vor einigen Jahren ihre eigene Hefereinzucht-Anlage auf dem Betrieb eingerichtet, zuvor war die Hofmühl-Hefe in Weihenstephan vermehrt worden.

Den Löwenanteil bei der Hofmühl machte allerdings seit eh und je das Helle. Etwa 60 Prozent des Ausstoßes entfallen darauf, gefolgt vom Weizen in verschiedenen Stärken (einschließlich alkoholfrei). Das Pils liegt bei rund zehn Prozent. Limo und Spezi gibt es auch, um den Kunden wirklich ein Vollsortiment bieten zu können. Aber das wird nicht forciert - aus dem schlichten Grund, dass die Hofmühl nicht beliebig Platz zum Erweitern hat und sich also auf ihr Kernkompetenzen konzentrieren muss. Das Wachstum soll beim Bierabsatz geschehen, und auch dort mit Bedacht. Das Kerngebiet der Hofmühl liegt in einem Umkreis von knapp 60 Kilometern rund um Eichstätt, in konzentrischen Kreisen, "nach dem Zwiebelsystem" geht es von dort aus weiter.

Das Rückgrat der Hofmühl-Brauerei mit ihren 55 bis 60 Mitarbeitern waren immer die Wirtschaften - und sie sind es wenn auch in reduzierter Form noch heute. Die Brauerei beliefert über 200 Gastronomen, und auch bei den großen ländlichen Festen sind die Emslanders allgegenwärtig. "Da sind wir Spezialist", sagt der Bräu. Regelmäßig bietet Stephan Emslander Seminare für Fest-Veranstalter an, damit nicht Vereinsvorstände arglos schwere Fehler machen, Emslander hat zusammen mit der amtlichen Lebensmittelkontrolle sogar ein Checklisten-System für Feste entwickelt.

Das Entscheidende ist allerdings, dass den Leuten das Bier schmeckt, und da hat Hofmühl einen ehrgeizigen Ansatz: "Wir haben unserem Braumeister als Mindestanforderung auf die Fahne geschrieben, dass wir DLG-Gold holen." Also die Goldmedaille bei den Qualitätsprüfungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft. An Emslanders Bürowand reihen sich die Urkunden.

Die neueste Auszeichnung erhielt übrigens ein winziges "Nischenprodukt": Das "Imperial Strong Porter" aus der Hofmühle erhielt den "International Craft Beer Award". Craft Beer also - auch die neuesten Trends gehen an der altehrwürdigen Hofmühl-Brauerei mit ihrer Tradition bis 1492 nicht vorbei. Das wäre ja noch schöner, wenn ein paar vollbärtige "Hipster" den Eichstättern Brauern zeigen müssten, was man aus Wasser, Malz und Hopfen alles machen kann.