Ehekirchen
"Gülle-Übeltäter" verzweifelt gesucht

Seiboldsdorfer Kläranlage löst Ärger aus und stellt den Gemeinderat vor schwierige Finanzierungsfrage

04.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:37 Uhr

Ehekirchen (lm) In Seiboldsdorf ist viel Ärger sicher und guter Rat teuer. Die Kläranlage scheint ein ziemlicher Murks zu sein. Der Planer sei pleite, der Klärwärter ratlos. Zudem gelangt – offensichtlich illegal – Gülle ins Abwasser.

Nach dem Verursacher werde gefahndet. „Ärger mit der Seiboldsdorfer Kläranlage kenn’ ich, solange ich im Gemeinderat bin“, meinte Bürgermeister Günter Gamisch. Für 600 Einwohnergleichwerte bestellt und auch bezahlt, schafft die 1996 in Betrieb gegangene Anlage effektiv 400 Anschlüsse, 477 Haushalte aber hängen derzeit an der Abwasserbeseitigung. Der Klärwärter ist am Verzweifeln: „Seit sechs Jahren schaffe ich keinen Tag die vorgeschriebenen Werte.“ Tatsache ist: Das Grundwasser um das zu klein bemessene Vorbecken ist so stark belastet, dass es nicht einmal noch zu Reinigungszwecken hergenommen werden darf. Das Wasser, das aus der Kläranlage fließt, sei biologisch tot.

Die Gemeinde weiß sich unter Zugzwang. Anhand der tageweise sehr hohen Stickstoffwerte stehe zweifelsfrei fest, dass nicht ausschließlich Haushaltsabwässer in den Kanal gelangen. Nach dem unbekannten „Gülle-Übeltäter“ wird jetzt intensiv gesucht, notfalls beauftrage die Gemeinde dafür ein Ingenieurbüro. Doch mit dem Stickstoffproblem und dessen Behebung allein wird es nicht getan sein. Auch mit zusätzlichem Reinigungsaufwand und enormer Sauerstoffzufuhr schaffe die Anlage nicht, was sie leisten müsste. Eine Lösung ist noch nicht in Sicht. Selbst ein kompletter Neubau wird in Betracht gezogen, ebenso ein Anschluss von Seiboldsdorf und Ambach, das ebenfalls an der müden Anlage hängt, mittels Druckleitung an Ehekirchen, wo man dann aber an Kapazitätsgrenzen stößt und vergrößern müsste. Vor dem nächsten Schritt scheuen die Lokalpolitiker noch mehr: Wer soll das alles bezahlen? Die Seiboldsdorfer und Ambacher wieder zur Kasse bitten oder die Ehekirchener heranziehen für eine größere Kläranlage?

Eine Alternative wäre kurzfristig und jederzeit einsetzbar. „Box for Water“ nennt sich ein Abwasserreinigungsverfahren, bei dem eine komplette Kläranlage praktisch in einem Container Platz findet. Ein kleines Modell hat Ehekirchen im Probetrieb. Die Technik überzeugt, hat aber ihren Preis. In der für Seiboldsdorf erforderlichen Größenordnung fallen jährlich gut 100 000 Euro Mietkosten an, für nochmals die Hälfte mehr wäre auch ein über sieben Jahre laufender Mietkauf möglich, pro Haushalt also zwischen 200 und 250 Euro. Jetzt sollen Expertenmeinungen und Kostenvoranschläge eingeholt werden.

Und auch das nächste Thema widmete sich nochmals Seiboldsdorf und dem lieben Geld: Mit 12 000 Euro war die in Eigenregie ausgebaute Ortsstraße mal veranschlagt, dann waren es 18 000 und später 25 000 Euro. Nach der Abrechnung sind es jetzt sogar 33 227,69 Euro geworden. „Da hätten wir es gleich eine Firma machen lassen können“, lautete ein Kommentar – dem Zwischenrufer widersprach niemand.