Burgheim
"Die Zeit der Kassetten ist vorbei"

Die Gemeindebücherei Burgheim ist in Frauenhand - Und nicht nur bei Kindern beliebt

18.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr
Sie sind die Herrinnen über die Bücher mit ihren Empfehlungen: Elisabeth Niemann (von links), Christa Braun, Leiterin Luise Grauvogel-Malchert (vorne sitzend), Walli Geiger, Julia Braun, Marianne Hermann, Rita Mayershofer und Ingrid Schwanzer. −Foto: Schmidt

Burgheim (DK) 7000 Bücher im Regal, 15000 E-Books online, zusätzlich Zeitschriften, CDs und Brettspiele: Die Gemeindebücherei Burgheim muss zwar mit wenig Platz auskommen, doch sie hat einiges zu bieten. Den Überblick behalten dabei acht Frauen, die teilweise schon seit über 30 Jahre dabei sind.

Es ist kurz nach 16 Uhr am Mittwoch und die Tür zur Gemeindebücherei Burgheim fliegt auf. Herein kommen die Zwillinge Elias und Lukas, beide neun Jahre alt. Sie brauchen neuen Lesestoff. Zielstrebig flitzen sie einmal quer durch die Bücherei, hinunter in den Raum mit Kinder- und Jugendliteratur, den die Frauen der Bücherei gerade erst neu eingerichtet und aufgefüllt haben. "Wir haben die Bücher für Kinder ab zehn Jahren aus der Schulbücherei zu uns geholt, denn die Grundschüler waren dafür meist noch zu klein", erklärt Luise Grauvogel, seit etwa vier Jahren ehrenamtliche Leiterin der Bücherei. Eins nach dem anderen begutachten Elias und Lukas derweil die Bücher. Der Tisch mit den Neuerscheinungen ist schnell abgehakt, dann sind die "Was ist was"-Bände an der Reihe. Unterstützung brauchen sie dabei nur von ihrer Mutter, die das eine oder andere Lesewerk wieder zurücklegt. "Hatten wir schon mal", erklärt sie mit einem Augenzwinkern.

Währenddessen kommen immer wieder Leute herein, geben Bücher zurück oder lassen die Ausleihe von Julia Braun (15) verlängern, die gekonnt den Scanner über die Buchdeckel zieht. Seit gut zwei Jahren hilft sie meist mittwochs in der Bücherei mit, auch ihre Oma Christa engagiert sich dort ehrenamtlich. "Es macht Spaß", erklärt die Enkelin, wieso sie ihre Zeit in der Bücherei verbringt. Sie selbst ist eine echte Leseratte. Das hat sie übrigens mit allen sieben anderen Helferinnen gemein. Dass Lesen nicht mehr im Trend sei, können die Frauen derweil nicht bestätigen. "2017 war ein gutes Jahr", sind sie sich einig. Die Leute würden wieder öfter zum Buch greifen - auch die Erwachsenen. Verändert habe sich über die Jahre aber in der Bücherei dennoch viel. Ingrid Schwanzer und Rita Mayershofer sind die dienstältesten Hobby-Bibliothekarinnen, seit 1983 sorgen sie für Ordnung zwischen den Bücherstapeln. Sie haben noch mit Karteikarten angefangen, mussten irgendwann alle Bücher einscannen - "eine Heidenarbeit", stöhnt Walli Geiger - und dann lernen, mit dem Computerprogramm umzugehen. "Die Zeit der Kassetten ist vorbei", erklären beide lachend.

"Da tut uns das Herz weh, aber wir haben einfach keinen Platz."

Luise Grauvogel über das Aussortieren von Büchern

 

Ein Herr kommt zur Tür herein - "ein seltener Anblick", kichern die Damen. Frauen würden immer noch mehr lesen als Männer. Die kämen meistens nur, um die Bücher ihrer Frauen zurückzugeben. "Oder ihr etwas ganz Bestimmtes mitzubringen, das es dann nicht gibt", stöhnt der Kunde hinter dem Krimi-Regal. Christa Braun versucht, ihn zu beraten. Ob er vielleicht mal etwas Historisches versuchen möchte? Doch der Herr winkt ab. Er sucht weiter nach etwas Neuem.

Den Bestand der Bücherei möglichst aktuell zu halten, ist Grauvogel und ihrem Team ein großes Anliegen. Regelmäßig wertet die Leiterin die Statistiken aus, wie oft welches Buch ausgeliehen wurde. Unbeliebte fliegen raus. "Da tut uns das Herz weh, aber wir haben einfach keinen Platz." Um die aktuellen Bestseller und die Lieblinge der Helferinnen anschaffen zu können, müssen alte Bände weichen. Auch deshalb nehmen die Damen fast keine Bücherspenden an - denn etwas Aktuelles ist meistens nicht dabei. Mittlerweile bietet die Burgheimer Bücherei auch eine Online-Datenbank und über 15000 E-Books zum Ausleihen an - die in der Jahresgebühr von fünf Euro enthalten sind. Kinder bis 18 müssen nichts bezahlen.

Das Geld für Neuanschaffungen stellt die Gemeinde Burgheim zur Verfügung - dass die Bücherei aber so ordentlich und einladend aussieht, wie sie aussieht, ist vor allem den acht Ehrenamtlichen zu verdanken. Über den Tisch mit Neuerscheinungen ist eine Girlande gespannt, darauf liegt eine Tischdecke, für die Kinder stehen kleine Hocker zu Verfügung. "So etwas bringt man einfach von zu Hause mit", gibt Frauvogel zu. Doch sie räumt ein: "Andere Büchereien können großzügiger gestalten, haben Sitzsäcke oder Leseecken." Das ist in dem kleinen Raum nicht möglich. Deshalb ist die Hoffnung der Damen stets, größere Räumlichkeiten von der Gemeinde zu bekommen.

Elias und Lukas sind derweil fündig geworden: Buch um Buch reichen sie Julia Braun über den Tresen: "Das beste Fußballspiel der Welt" darf mit, genauso wie "Die Mumpitze" und "Im Wald der Werwölfe". Vier Wochen dürfen sie die Bücher nun behalten, dann müssen sie wiederkommen. Das sei das Schöne daran, all diese Jahre hinter der Büchereitheke zu sitzen, sind sich die Damen einig: Irgendwann kenne man die meisten Gesichter. "Manche kamen als Kinder und kommen jetzt wieder - mit ihren eigenen Kindern", sagt Christa Braun und lächelt.