Neuburg
Der Panda knattert seinem Ziel entgegen

Die Neuburger Abenteurer Christian Wohlhüter und Paul Formatschek nähern sich dem Endpunkt der Mongolrallye

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

−Foto: Paul Formatschek

Neuburg/Mongolei (DK) Sie haben Wüsten durchquert und den Pamir bezwungen: Christian Wohlhüter (50) und Paul Formatschek (47) sind mit ihrem unverwüstlichen Fiat Panda bis an die Grenze zur Mongolei geholpert und nähern sich nun dem Ziel der Mongolrallye 2017.

Los geht es am 16. Juli. Die Neuburg-Fahne, die ihnen Oberbürgermeister Bernhard Gmehling mit auf den Weg gegeben hat, wird stolz präsentiert, als Wohlhüter und Formatschek auf dem ehrwürdigen Goodwood Race Circuit l Gas in England geben. Verrückte aus aller Herren Länder haben sich mit ihren Renngefährten eingefunden. „Die Einen fahren mit zwei wirklich uralten Morris Minor. Schon bei der Anfahrt nach Goodwood ist der eine Karren viermal stehengeblieben. Die sind vielleicht mutig!“, schreibt Formatschek. Ein Team hat ihr Auto in Pelz gehüllt und mit Hörnern versehen, ein frisch verheiratetes Paar tritt im Kleinwagen die Flitterwochen in Richtung Mongolei an. Noch eine Stärkung mit obligatorischem „Fish and Chips“, dann tuckert der Panda los. „Er ist ein echter Hochstapler: Bei 120 Stundenkilometer auf dem Tacho, läuft er gerade mal 104.“

Der Leser ihres Tagebuchs bekommt Fernweh bei den beiläufig erzählten Eindrücken: Der nächtliche Blick über das beleuchtete Budapest, die Fahrt über Berge und Tunnel nach Bukarest, wo der Zeltplatz nur auf der Karte zu existieren scheint. „Wir machen uns auf den Weg zum Transfagarasan – ein unter Mongolfahrern geradezu sagenumwobener Pass über die Karpaten“, schreiben die Neuburger. „Durch die karger werdende Landschaft windet sich die erstaunlich gute Straße in Kehren und Schleifen den Berg hoch.“ Dann weisen Wegweiser auf Kyrillisch in Richtung Asien. Die Fähre setzt die Abenteurer nach Canakkale in der Türkei über. Weingärten lösen die ewigen Sonnenblumen in der Landschaft ab. Im Morgengrauen steigen bei Göreme 80 Heißluftballons in den Himmel. Und schon geht es weiter nach Georgien, dann nach Armenien. „Die sind alle wahnsinnig! Egal ob Georgier oder Armenier – alle brettern mit einem Affenzahn über die Straßen.“ Tiefe Schlaglöcher machen dem Panda zu schaffen. „Straßenmarkierungen braucht es nicht, denn man fährt da, wo es gerade am besten geht und die Löcher und Wellen am geringsten sind.“

Die Schwierigkeiten gehen weiter: Die armenischen Grenzer zeigen sich betont unfreundlich. Das lässt für den Iran Schlimmes erahnen. Doch das Gegenteil ist der Fall: „Alle sehr freundlich. Einer hat mir sogar in seinem klimatisierten Büro Tee und Honigmelone angeboten“, berichtet Formatschek. Die Gastfreundschaft der Iraner haut die Neuburger beinahe um. In einer Autowerkstatt wird ihr Panda kostenlos repariert. Zum Dank schenken die Deutschen den hilfsbereiten Männern Erinnerungsbilder aus ihrem mobilen Fotodrucker. Es fällt ihnen schwer, private Einladungen abzulehnen. „Es hat geheißen: Die Leute könnten in ernsthafte Schwierigkeiten mit der Staatsmacht geraten. Schade!“

Apropos Staatsmacht: Mehrfach lernen die Abenteurer offensichtlich korrupte Polizisten und Grenzer kennen. Im Iran sind die Beamten nur neugierig, wollen ein Foto mit den Deutschen machen und lassen sie weiterfahren. Doch in Turkmenistan nimmt die Korruption paradoxe Züge an. „Ein ziviler Polizist hält uns in einem BMW auf. Zuerst will er die Papiere sehen (sind in Ordnung, die Stempel sind ja noch feucht) dann behauptet er, wir seien nicht angeschnallt gewesen (stimmt nicht). Na gut, dann ist das Auto zu schmutzig. Macht 150 Dollar. Wir haben zur Zeit nur 26 Dollar griffbereit und zur Bank will er mit uns nicht fahren. Aber zwei Schachteln Zigaretten und die paar Dollar reichen auch, um uns weiterfahren zu lassen.“ Immerhin schenkt der „Polizist“ ihnen eine Melone – eine 26 Dollar teure Melone. Turkmenistan werden sie nicht in guter Erinnerung behalten. Denn auch die Ausreise wird zur Posse, weil plötzlich irgendwelche Papiere und Stempel fehlen sollen – das kostet freilich eine Gebühr. . .

In Usbekistan eine andere Welt. Alle freundlich. Keine Schikanen. „Wer Treibstoff zu verkaufen hat, stellt eine Plastikflasche mit Benzin an den Straßenrand.“ Und Benzin ist wichtig – denn es geht in Richtung Pamir. „Wir sitzen hier an einem reißenden Fluss, die Grillen zirpen, der Wind lässt Wolken über uns hinwegziehen und wir können es irgendwie nicht fassen. Wir sind am Eingang zum Pamir-Highway in Tadschikistan auf 1850 Metern Höhe. Teile der Zufahrt durch Erdrutsche versperrt. Dass das keine Spazierfahrt wird, haben wir uns schon gedacht. Aber das ist schon heftig, was uns da erwartet.“ Staub, Schotter, Schlaglöcher. Dann eine Wasserdurchfahrt. Immer wieder schleift etwas über den Boden. Immer wieder muss der Wagenheber angesetzt werden.

Im Grenzbereich zu Afghanistan warnen Schilder vor Minen. „Schon ein seltsames Gefühl“, so die Abenteurer. „An so einer Stelle ist der Hänger eines Sattelschleppers von der Straße abgekommen und hängt über der Böschung des Flusses. Und was machen die findigen Tadschiken? Sie graben an der Felswand eine Nische weiter aus, so dass wenigstens die Pkw vorbei schlüpfen können. Für Lkw ist da aber kein Durchkommen. Keine Ahnung, wie die das Teil da weg bringen wollen.“ Bis auf 4655 Meter Passhöhe klettert der Panda. „Wir haben Kopfweh, der Appetit ist weg und uns ist ziemlich schwindlig. Auch schlafen wir die Nacht kaum.“ Doch die Strapazen lohnen sich. Der Pamir ist bezwungen. Bischkek, Almaty, dann wartet Kasachstan – und schließlich Russland. „Gestern bei russischer Pizza und Bier wurde uns bewusst, dass wir vielleicht heute Abend schon in der Mongolei sein werden. Ein Jahr Planung! Von England aus durch weitere 18 Länder! Ein unbeschreibliches Gefühl!“, schreibt Formatschek am Mittwoch. „Aktuell sind wir voll im Zeitplan.“ Und dann? „Zu Hause – das klingt so weit weg und doch beginne ich mich langsam danach zu sehnen.“

Das Onlinetagebuch steht unter www.la-krass-panda.de im Netz.