Das BRK probt die Katastrophe

13.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:40 Uhr

Alle Hände voll zu tun hatten die rund 130 Helfer aus ganz Oberbayern. - Foto: lm

Neuburg (lm) Ein Fall, der hoffentlich nie eintritt: Schwere Gasexplosion im Industriegebiet Grünau: Aus Oberlandglas und Eternit werden 170 Betroffene evakuiert, es gibt unzählige Verletzte. Es war eine Rot-Kreuz-Übung ganz ohne Schaulustige. Am Samstag ging es vorrangig um die Logistik – oberbayernweit.

Und die klappt "vorzüglich", wie Kontingentführer Bernd Peterke (kleines Bild) aus Schrobenhausen am Ende der Großübung allen Beteiligten vor Ort und in der ersten Phase auch in diversen Kreisverbänden attestieren konnte. Praktisch in einer halben Stunde stand die komplette Zeltstadt auf dem Firmenparkplatz. Verbesserungspotenzial gibt es nach Peterkes kritischen Beobachtungen in der Alarmierungsphase.

In der Innenstadt bekam man von der Großübung praktisch nichts mit, keine Sirenen, kein Martinshorn. Einen Schreck haben nur die Autofahrer bekommen, als das BRK-Motorrad als Kolonnenführer die Grünauer Straße blockierte und gut 20 Blaulichtfahrzeuge ins Industriegebiet abbogen. Die Neuburger Einsatzkräfte selbst blieben weitestgehend außen vor. Sie hatten bis auf ein paar Chefs lediglich die Gastgeberrolle und bereiteten in der Feldküche die Versorgung der Gäste vor. Für die anderen aber, das waren 129 ehrenamtliche Helfer aus Dachau, Ebersberg, Eichstätt, Erding, Fürstenfeldbruck, Ingolstadt, München, Pfaffenhofen und Weilheim-Schongau, war’s schon früh um 6.30 Uhr losgegangen. Da wurden sie mittels Piepser oder Notfalltelefon aus ihren Betten geholt, zunächst zu ihrem lokalen Einsatzort und von dort nach Neuburg beordert.

Nach zwei angekündigten Probeläufen war dies die erste "scharfe" Übung für das sogenannte Kontingent Oberbayern Nord des Roten Kreuzes. Sieben solcher Kontingente gibt es bayernweit, zwei davon in Oberbayern. Ihre Aufgabe: lokale Kräfte bündeln, überörtliche Einsätze bestmöglich koordinieren. Die Hauptaufgabe besteht dabei in Aufbau und Betrieb eines "Behandlungsplatzes 50", der innerhalb einer Stunde 50 Verletzte aufnehmen, versorgen und zum Weitertransport vorbereiten kann. Erste, überwiegend theoretische Erfahrungen mit solchen BHP50-Plätzen hatte man während der letzten Fußballweltmeisterschaft gesammelt, wo bei jedem Spiel zwei solcher Einheiten im Stadionumfeld prophylaktisch eingerichtet waren. Man hat vom Hochwasser in Sachsen gelernt, als Hilfe angefordert worden war und viele Kreisverbände spontan, aber letztlich auch ziemlich chaotisch losgerumpelt waren.

So etwas sollte sich nicht wiederholen. "Das wird sich auch nicht wiederholen", so der stellvertretende Landesbereitschaftsleiter Peterke. Denn diesmal lief’s wie am Schnürchen. Sah man um 11.30 Uhr auf dem Areal bis auf ein paar Helfer vom Küchentrupp absolut nichts, stand eine Stunde später so etwas wie ein Notfallkrankenhaus für die Erstversorgung vor Ort. Genau diese Nahtstelle zwischen örtlicher Einsatzleitung, die in den Händen von Kreisbereitschaftsleiter Markus Fahrmayr lag, und der von Bernd Peterke koordinierten bezirksweiten Unterstützung, sollten geübt werden.

Das Szenario: Großeinsatz in Neuburg. Früh um 6.30 Uhr steht für die örtliche Einsatzleitung fest, es allein nicht stemmen zu können. Es folgt die Alarmierung des Bezirksverbandes. Dann schon die erste Bewährungsprobe: Werden alle erreicht, denn nun sind die einzelnen Kreisverbände zu alarmieren? Und da haperte es etwas mit der raschen Erreichbarkeit, auch wenn’s Peterke schließlich allerorten schaffte. "Das muss noch besser werden", steht schon in Neuburg auf seinem großen Berichtsblock.

Auch der kurzfristige Ausfall eines Fahrzeugs bringt Peterke nicht aus dem Konzept. Das Plansoll sieht 130 Einsatzkräfte vor, 129 sind zur Stelle. Als strategisch günstiger Sammelplatz für die insgesamt 45 Fahrzeuge, die eben nicht alle einzeln auf Neuburg zubrausen sollten, hat Peterke Geisenfeld ausgemacht. Von hier geht’s in zwei Konvois auf den Besucherparkplatz vor Schloss Grünau, der als Bereitstellungsraum dient. Von dort ruft Einsatzleiter Fahrmayr zuerst das Erstversorger-Kontingent ab: In Minutenschnelle kann man zusehen, wie eines nach dem anderen der sechs Zelte steht, die Helfer all das technische Hilfsgerät herbeischaffen. Ärzte und Notfallsanitäter stehen bereit, ihre Arbeit aufzunehmen. Konvoi zwei führt die Transportkapazitäten herbei, wie sie im Ernstfall für die Verteilung der Verletzten auf die umliegenden Krankenhäuser benötigt würden.