Neuburg
Verunreinigtes Trinkwasser in Neuburg

Fäkalbakterien nachgewiesen: Landratsamt erlässt Abkochgebot für rund 30 000 Bürger

01.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:34 Uhr
Blick in den Neuburger Wasserbehälter am Burgwaldberg: Die weißen Schlieren sind keine Verunreinigungen, sondern Kalk, der sich auf der Wasseroberfläche sammelt.Die Kontamination muss zwischen Hochbehälter und Grünauer Straße passiert sein. −Foto: Schanz

Neuburg (DK) Im Neuburger Trinkwasser sind Fäkalbakterien nachgewiesen worden. Die Behörden warnen: Bürger sollen das Wasser vor dem Trinken, der Nahrungszubereitung und dem Zähneputzen abkochen. Betroffen sind rund 30 000 Menschen in Neuburg, Ballersdorf und Oberhausen.

Es besteht ein Grund zur Vorsicht, aber nicht zur Panik: Mit dieser Botschaft wandten sich am Freitagabend Landrat Roland Weigert, Neuburgs Vizebürgermeister Rüdiger Vogt und Behördenvertreter bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz an die Öffentlichkeit. „Das im Wasser gefundene Bakterium ist für einen gesunden Menschen nicht gefährlich“, erklärte Bernhard Schmid, Leiter des Gesundheitsamtes. Bei bestimmten Risikogruppen könnten die sogenannten Enterokokken jedoch zu Erkrankungen führen. Säuglinge, alte und Menschen mit Immunschwäche zählte Vogt, selbst Mediziner, auf.

Bei einer Routinebeprobung des Trinkwassers der Stadtwerke Neuburg wurden bereits am vergangenen Mittwoch bei einer Abnahmestelle in der Nördlichen Grünauer Straße Bakterien in einem unteren Schwellenwert festgestellt. „Nach Eingang der Mitteilung am Landratsamt wurde eine sofortige Nachkontrolle an der Abnahmestelle veranlasst. Das Ergebnis dieser Probeentnahme war jedoch negativ, das heißt, das zur Prüfung übernommene Wasser war einwandfrei“, erklärte Stadtpressesprecher Bernhard Mahler. Zur Sicherheit wurden aber weitere Proben genommen: Bei einer von neun Entnahmestellen, wieder an der Grünauer Straße, fanden sich erneut Bakterien. Das Trinkwasserlabor der Stadt Ingolstadt brachte Gewissheit. Zwar handele es sich um die „geringstmögliche Grenzwertüberschreitung, aber damit waren wir zum Handeln gezwungen“, erklärte Landrat Weigert.

Als Folge erließ das Landratsamt am Freitag um 16.20 Uhr ein Abkochgebot sowie eine Chlorung des gesamten Leitungsnetzes, das an den Sehensander Hochbehälter angeschlossen ist. Der versorgt den Großteil der Neuburger Bevölkerung sowie Ballersdorf und die komplette Gemeinde Oberhausen. Nicht betroffen ist das Versorgungsgebiet des Brunnens in Bittenbrunn, also vor allem die Haushalte nördlich der Donau, wie zum Beispiel die Ortsteile Gietlhausen, Laisacker und Bittenbrunn. Auch Heinrichsheim als größter Stadtteil ist nicht betroffen.

Wie die Fäkalbakterien ins Wasser gelangt sind, ist unklar. Das Vorkommen des Tiefengrundwassers liegt 200 Meter in der Erde, geschützt vor Gülle oder Glyphosat. „Die Verunreinigung muss irgendwo zwischen Hochbehälter und Entnahmestelle passiert sein“, sagte Ernst Reng von den Stadtwerken, die fieberhaft nach dem Ursprung des Übels suchen und die Leitungen desinfizieren. „Bis die Chlorung das gesamte Netz erfasst hat und wirkt, muss abgekocht werden“, machten die Behördenvertreter klar. Mit einer Entwarnung rechnen sie frühestens in einer Woche, vorher muss ein erneuter Test negativ ausfallen.

Bis dahin gilt: Das Wasser nur abgekocht nutzen. Und zwar bei der Nahrungs- und Getränkezubereitung oder auch beim Zähneputzen. „Dazu muss das Wasser einmal für drei Minuten sprudelnd aufgekocht und langsam über mindestens zehn Minuten abgekühlt werden“, so der Leiter des Gesundheitsamtes. Zum Duschen, für die Toilettenspülung oder zum Wäschewaschen sei das Trinkwasser aus der Leitung ohne Einschränkung nutzbar. Die Bakterienbelastung sei nicht hoch. „Es handelt sich um eine Vorsichtsmaßnahme“, betonte Schmid.

Doch wie sieht es mit Geschirrspülern aus? Mit Kaffee? Anton Göbel, Obermeister der Bäckerinnung, und sein Sohn wollten es am Freitag genau wissen und kamen ins Rathaus. Die Zeit drängte, bald fing in den Backstuben die Arbeit an. Bei einer Betriebstemperatur von 98 Grad sei das Wasser verwendbar, so die Behördenvertreter. Und der Espresso? Letztlich lautete die offizielle Empfehlung stets: drei Minuten abkochen, zehn Minuten ziehen lassen. Nicht nur die Bäcker, auch die Metzger, Brauer, Köche und Wirte – alle Betriebe, in denen Lebensmittel verarbeitet werden – müssen Abläufe ändern. „Der Schaden ist abzusehen“, sagte Göbel. Man wisse um die Einschränkungen der Bürger, aber: „Der Fall zeigt, dass das Monitoring funktioniert“, so der Landrat. Bereits nach dem zweiten positiven Test hatte das Landratsamt das Neuburger Krankenhaus vorgewarnt, weil hier eine besondere Gefährdung vorliegt. Kritik, man hätte die Bevölkerung schneller alarmieren können, wiesen die Behördenvertreter zurück. „Wir mussten den schriftlichen Nachweis abwarten“, sagte Vogt und bat die Bürger, auch Nachbarn, Familie und Freunde vom Abkochgebot zu informieren.

Seit Freitag sind zwei Infotelefone geschaltet: unter Telefon (08431) 575 25 für alle medizinischen Fragen und zur Verwendung des Wassers sowie unter Telefon (08431) 50 91 63 für alle Fragen zur örtlichen Betroffenheit. Beide Telefone sind an diesem Samstag und Sonntag von 8 bis 12 Uhr und von 13 bis 20 Uhr erreichbar. Ab Montag gelten die regulären Geschäftszeiten.