Burgheim
"Wir können nicht immer nur reden"

Zwischen Alltagsstress und Ortsentwicklung: Michael Böhm ist seit drei Jahren Burgheims Bürgermeister

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr
Hier fühlt sich Michael Böhm sichtlich wohl: am heimischen Esstisch mit seiner Frau Antje. Seit drei Jahren ist der 50-jährige Burgheimer Bürgermeister, seitdem ist die Zeit für ausgiebige Gespräche im Eigenheim jedoch rar. −Foto: Janda

Burgheim (DK) Die Schaltzentrale der Burgheimer Kommunalpolitik befindet sich manchmal zwischen Geschirrvitrine und Holztisch. Hier, im heimischen Esszimmer, entspannt Michael Böhm nach einem stressigen Arbeitstag gerne mit seiner Frau Antje.

Momente, die seit seiner Wahl zum Bürgermeister der Marktgemeinde vor drei Jahren jedoch rar geworden sind. „Richtig entspannen kann ich seitdem selten“, sagt der 50-Jährige und gibt offen zu, sich das Amt nicht derart arbeitsintensiv vorgestellt zu haben. Freiraum für strategische Entscheidungen? Fehlanzeige!

 

Kein Wunder: In Burgheim rührt sich etwas, zahlreiche Großprojekte wie beispielsweise der Umbau des Kanalnetzes laufen auf Hochtouren und werden die knapp 4800 Einwohner zählende Gemeinde auf Jahre hinaus prägen. Andere Maßnahmen wie die millionenschwere Erneuerung des Dorfplatzes in Straß, die Böhm von seinem Vorgänger Albin Kaufmann übernommen hat, sind mittlerweile abgeschlossen. Und doch bleibt das Tagesgeschäft üppig; „kein reines Burgheimer Problem“, wie der Rathauschef betont.

„Wenn bis 2020 nichts dazwischenkommt,würde ich gern wieder antreten.“

 

 

Freilich weiß der gebürtige Neuburger, dass sein parteipolitisches Engagement zum Alltagsstress beiträgt. Im Arbeitskreis Migration und Integration der CSU engagiert er sich auf Landesebene, im Landkreis hat er den Vorsitz der Kommunalpolitischen Vereinigung seiner Partei übernommen. Beides „wichtige Informationspodien“, erklärt Böhm, der mit Parteipolitik allerdings lange Zeit nichts am Hut hatte. Erst seit 2012 ist er Mitglied der CSU. Obwohl er sich in Umweltthemen selbst als Grünen bezeichnet – eine Folge seiner Jugend auf Sardinien, wo er als Bub die Faszination der Natur kennen- und lieben lernte. Auch seine Leidenschaft für den Tauchsport, für die heute meist die Zeit fehlt, stammt aus diesen Jahren. Kein Wunder, dass Böhm das Gespräch mit unserer Zeitung am liebsten auf der italienischen Mittelmeerinsel oder bei einer Tauchtour geführt hätte – was natürlich beides kaum umsetzbar wäre.

Von seinen Erfahrungen, auch im späteren Berufsleben, profitiert das Burgheimer Gemeindeoberhaupt noch heute viel. Da sind zum Beispiel die Ausschreitungen in Wackersdorf, die er in den späten 1980er-Jahren als junger Polizist hautnah miterlebte. Fliegende Pflastersteine, Wasserwerfer und Reizgas inklusive. „In solchen Momenten kommt man schon ins Überlegen“, erinnert er sich an die Demonstrationen gegen die dort geplante Wiederaufbereitungsanlage für atomare Brennstäbe. Seitdem weiß Böhm: „Mein kleiner Burgheimer Tellerrand ist oft nicht entscheidend.“

Gleichzeitig folgte nach der Wahl mit dem Wechsel vom Polizeibüro auf den Chefsessel im Rathaus ein gewaltiges Umdenken. „Ich bin manchmal sehr ungeduldig, auch im Rathaus heißt es dann: ,Du schiebst so an‘“, zeigt er sich kritisch. Ein Umstand, der seiner früheren Tätigkeit als Hauptkommissar geschuldet ist: „Früher hatten wir eine Lage und die musste bewältigt werden“, erklärt er. Länger als ein Jahr sei nie ermittelt worden. Da ist das Burgheimer Kanalnetz mit einer geschätzten Umsetzungszeit von zehn Jahren ein ganz anderes Kaliber.

Bereut hat Michael Böhm den Entschluss, für die Christsozialen bei der Bürgermeisterwahl anzutreten, jedoch nicht. „Ich stelle mir aber manchmal die Frage: Wie soll ich all das regeln, was ich vorher alles gemacht habe?“ Auch die Momente, in denen er es mit Kritik zu tun bekommt, sind häufiger geworden. Dass das nicht alles an ihm abperlt, ist klar. „Doch unser Recht können wir nicht einfach verbiegen“, ist seine Überzeugung, die er auch bei der nächsten Wahl gerne vertreten würde. „Wenn bis 2020 nichts dazwischenkommt, würde ich gern wieder antreten“, sagt Böhm, der dann auch ein Mandat im Kreistag anstreben will, und erinnert an die vielen Projekte, die bis in die nächste Wahlperiode hinein dauern werden.

Die Erweiterung des Gewerbegebiets ist so ein Dauerthema. „Das ist richtig zäh, man kann es aber lösen“, erklärt Böhm die Problematik rund um das mögliche Überschwemmungsgebiet. Eine Alternative dazu sieht er in der Marktgemeinde nicht, „denn nirgendwo sonst haben wir diese Anbindung an die B 16“.

Auch konzeptionell ist Böhms Agenda gut gefüllt, sowohl bei der Gemeindeentwicklung, die noch in den Startlöchern steht, als auch bei der Gewässerentwicklung, die derzeit anläuft. Ein Teil davon ist auch die Zukunft der Spielplätze, bei denen Burgheim auf generationenübergreifende Ideen setzen will. „Wir wollen Anreize schaffen und die Anlagen nicht stiefmütterlich behandeln“, sagt er, wohl wissend, dass das nicht von heute auf morgen funktionieren kann. Gleiches gilt für das angestrebte Nahwärmenetz im Baugebiet am Vohbach („Wir können nicht immer nur über die Energiewende reden und nichts machen“) und beim sozialen Wohnungsbau im Bahnhof und in der Donauwörther Straße.

Wenn er einen Wunsch für seinen Heimatort frei hätte, muss Böhm ebenfalls nicht lange überlegen. „Eine Mitte für Burgheim“, sagt er und meint damit eine Art Treffpunkt samt Veranstaltungsraum mit Platz für Kultur. „Wo die Leute zusammenfinden, ohne unbedingt in einem Verein zu sein.“ Ein Ziel, das derzeit allerdings nicht in greifbarer Nähe ist, wie auch der Bürgermeister weiß.

Bis es erfüllt ist, wird Michael Böhm sicher noch oft am heimischen Esstisch über der Verwirklichung dieses Traums brüten. Wenn dann doch alles zu viel wird, bleibt immer noch der nächste Urlaub. In Italien natürlich. Wo sonst?

 

Michael Böhm ist seit drei Jahren Bürgermeister der Marktgemeinde Burgheim. Damals eroberte er bei der Kommunalwahl mit knapper Mehrheit das Rathaus für die CSU. Zuvor war der heute 50-Jährige in seinem Beruf als Polizist in zahlreichen Dienststellen in ganz Bayern tätig. Aufgewachsen ist der gebürtige Neuburger unter anderem auf der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien, wo seine Familie fünf Jahre lang lebte. Später wohnte Böhm auch zehn Jahre lang in Augsburg, bevor er 1995 mit seiner Frau Antje und den Kindern nach Burgheim zurückkehrte. Die beiden 24 und 25 Jahre alten Töchter sind mittlerweile daheim ausgezogen. Neben seiner Tätigkeit als Polizeihauptkommissar hat Böhm auch studiert – erst absolvierte er bei der Polizei ein Studium zum Diplom-Verwaltungswirt/ Bachelor, dann folgte das Masterstudium Management und Innovation in Journalismus und Medien in Eichstätt. In seiner Freizeit geht Böhm gerne zum Tauchen, Joggen und Bergwandern und spielt wieder Tennis – sofern ihm der Beruf Zeit dazu lässt. | sja