Bergheim
Mit eingebremsten Idealismus

21.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr
Seit sieben Jahren ist Michael Sauer Pfarrer in Bergheim. Den freundlichen Empfang aus dem September 2010 hat er bis heute nicht vergessen. Geht es nach dem 38-Jährigen, ist seine Zeit in Sankt Mauritius noch lange nicht vorbei. −Foto: Foto: Wittmann

Bergheim (DK) Michael Sauer ist seit 2010 Priester in Bergheim. Der Geistliche spricht sich deutlich gegen die Ehe für alle aus und stellt fest, dass sein Idealismus und der Einfluss der Kirche nachgelassen haben. Bestätigung findet er auf Reisen.

Was will ich einmal werden, wenn ich groß bin? Diese Frage spielte auch in der Kindheit von Michael Sauer eine große Rolle. In seinen jungen Jahren war für den heute 38-Jährigen klar: ,Ich werde Förster.‘ Der Natur ist er verbunden geblieben. Beruflich agiert er allerdings nicht im Wald, sondern vielmehr in der Kirche. Michael Sauer ist Priester geworden. Seit sieben Jahren wirkt er in der Bergheimer Sankt Mauritius. Sein Amt bereitet ihm immer noch große Freude, auch wenn sein Idealismus, wie er sagt, „eingebremst“ ist.

Wie soll dass denn bei einem Pfarrer überhaupt funktionieren? „Schwierig zu sagen“, meint Michael Sauer. Es seien über die Jahre hinweg einige kleine Dinge passiert, die dazu geführt hätten. Was ihn nervt: „Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Ahnenkult wichtiger geworden ist, als der Gottesdienst selbst.“ Anders gesagt: Er mag es nicht, wenn die Leute nur ausschließlich deshalb zum Gottesdienst kommen, weil es ein Gedenken für einen Verwandten gibt. „Und dann kommen einige von denen nicht mehr, bis es den nächsten Gottesdienst für ein Familienmitglied gibt. Das finde ich einfach ein bisschen schade.“ Michael Sauer hat aber auch Stammgäste. „Es ist schön, dass es einige sehr treue Seelen gibt, die quasi seit meinem ersten Tag in hier in dieser Pfarrei dabei sind.“

An seinen Dienstantritt in Bergheim kann er sich noch sehr gut erinnern. Das war Anfang September 2010, noch während der Sommerferien. Der 38-Jährige, damals nach eigenen Angaben noch „ein junger Pfarrer, auch im wörtlichen Sinne“, habe seine Aufgaben dort mit einer großen Portion Motivation, „aber natürlich auch einer Prise Anspannung begonnen. Zum Start war gleich ein Patrozinium angesagt . . .“. Ihm hat gefallen, dass die Bergheimer „dem Neuen“ schnell das Gefühl gegeben haben, willkommen zu sein. „Es war eine wunderbare Begrüßung. Die Leute sagten ,Schön, dass einer gekommen ist‘ oder ,Toll, dass sie da sind‘. Das habe den Start ungemein erleichtert, erklärt Sauer.

Sieben Jahre später machte ihm sein Dienst in Bergheim immer noch viel Spaß, auch wenn mittlerweile einiges zur Routine geworden ist. Dienstag und Donnerstag ist Bürotag. „Klingt auf den ersten Blick gar nicht so spannend. Manche Sachen wiederholen sich eben oder sind schwer einzuteilen. Es kann aber auch interessant werden“, sagt Sauer und lacht. Wie so oft. Es gibt aber auch Themen, bei denen das Lachen schnell aus seinem Gesicht verschwindet.

Das Ansehen der Kirche in der Gesellschaft bereitet ihm ein wenig Bauchschmerzen. „Keine Frage, es wurden auch interne Fehler gemacht, die zu der jetzigen Situation geführt haben – eine Wegwärtsbewegung von der Kirche, vom Glauben.“ Michael Sauer findet, die Kirche habe sich insgesamt zu sehr dem Zeitgeist angepasst. Daher hätten Einfluss und Bedeutung zunehmend nachgelassen. Und: „Meiner Meinung nach haben zu viele philosophische Strömungen Einzug in das Denken der Menschen gehalten.“ Einige Betrachtungsweisen von früher funktionierten demnach nicht mehr. Man kann nicht sagen, dass Michael Sauer unaufgeschlossen ist, er vertritt jedoch einige konservative Meinungen mit voller Überzeugung. „Eine Ehe für alle finde ich nicht richtig, weil sie dem Naturrecht widerspricht. Und dieses steht ja über allem. So ist es auch im Grundgesetz verankert.“ Politische Diskussionen verfolgt Sauer „mit großem Interesse. Eigentlich schon mein ganzes Leben.“ Dabei nimmt er deutliche Veränderungen wahr. „Das C in CDU ist eigentlich schon seit über 20 Jahren weggebrochen.“

Es sind diese „kleineren Ärgernisse“, die den Idealismus von Michael Sauer eingebremst haben. Doch er ist nach wie vor sehr gerne Pfarrer und hofft, dass er seiner Gemeinde noch lange treu bleiben kann. „Das liegt aber nicht in meiner Hand.“ Weg aus Bergheim? Im besten Fall nur im Urlaub oder auf Erfahrungsreisen. Sauer holt sich gerne Eindrücke aus dem Ausland. Dort scheint es um den Ruf der Kirche deutlich besser bestellt als hierzulande. „In Polen und der Ukraine konnte ich bestaunen, welche Anziehungskraft Kirche noch besitzen kann. Das war faszinierend und zugleich motivierend. Die Priesterseminare dort können sich vor Teilnehmern kaum retten.“ Diese Eindrücke geben Michael Sauer Kraft und bestätigen ihn in der Entscheidung, Priester geworden zu sein. Wenn man als Pfarrer eine Messe halten oder Taufgespräche führen dürfe, sei das zwar Verantwortung und Arbeit, aber auch Erfüllung. „Dann wird mir wieder bewusst, warum ich das hier mache.“