stadtgeflüster
Politik ist, wenn man trotzdem lacht

09.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:25 Uhr

Alle wollen sie was von der Politik.

Der Stadtjugendring will eine Jugendherberge, die Senioren wollen ein modernes Altenheim in der Innenstadt, die Naturschützer wollen einen Auwald ohne Donautunnel, die Theaterfreunde ihre Kammerspiele. Es ist nun an der Zeit, mit einer weiteren Forderung offensiv in den Kommunalwahlkampf einzusteigen. Und welcher Ort wäre dafür besser geeignet als diese DK-Kolumne. Wir fordern also: An der Spitze dieser Stadt dürfen nur Männer und Frauen stehen, die einen Sinn für Humor haben!
Sicher, nicht jeder kann ein Humorist von Gnaden sein wie der Münchner Christian Ude, dem Dieter Hildebrandt einst bescheinigte, der einzige Kabarettist zu sein, der nebenbei eine Großstadt regiert. Und was CDU-Politiker Norbert Blüm verkündete ("Wir haben in unserem Ministerium die Arbeitsteilung eingeführt: Die Beamten denken, der Minister hält die Festreden"), würde sich heute wohl nicht einmal einer der Ingolstädter Referenten trauen. Fest steht: Auf einer knochentrockenen Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten, die vielleicht den Gegner lächerlich machen, aber nicht über sich selbst lachen kann, ruht auf die Dauer kein Segen.
In mehr als 30 Jahren kommunalpolitischer Berichterstattung sind dem Verfasser leider nur sehr wenige Akteure begegnet, die über die verbreitete Zwangsvorstellung, eine seriöse Führungskraft dürfe sich nicht öffentlich auch selbst mal auf den Arm nehmen, nur herzhaft lachen konnten. Als herausragender Frontkämpfer wider den tierischen Ernst bleibt Rudolf Kirmeyer in Erinnerung, früh verstorbener Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft.

Der GWG-Chef war ein Schelm vor dem Herrn und für jeden Sprachwitz zu haben. Der DK pflegte damals noch die Gewohnheit, übers Jahr Stilblüten, bürokratische Wortungetüme und Kuriositäten aller Art zu sammeln, um sie dann in der Silvesterausgabe der genussbereiten Leserschaft aufzutischen. Kirmeyer hatte dazu aus freien Stücken mit diebischer Freude die schönsten Fundstellen aus seiner eigenen Sammlung beigesteuert.
Als Parteisoldat hätte sich der Friedrichshofener Heiner Gruber wohl nur ungern bezeichnet. Schließlich hatte er selbst den Horror des Soldatentums noch am eigenen Leib im Krieg erleben müssen. Mit dieser prägenden Vorgeschichte und seiner offenen, gewinnenden Freundlichkeit brachte es Gruber in den achtziger Jahren zum vielleicht beliebtesten Schanzer SPD-Stadtrat aller Zeiten. Auch die Protokolldamen ließen sich angesichts der Bürde ihres Amtes Grubers liebenswürdige Bestechung mit Mon-Cheri-Pralinen gerne gefallen. Der weitgereiste Sozialdemokrat wäre aber der Erste gewesen, der im Sitzungssaal gegen drohende AfD-Umtriebe aufsteht. Bei Fremdenfeindlichkeit und Rassismus hörte für Heiner Gruber jeder Spaß auf.

rh