Stadtgeflüster
Mit Bonustarif ins Jenseits

20.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:55 Uhr

(rh) Die Tageszeitung "Mannheimer Morgen" stimmte in früheren Jahren allein durch das tiefschwarze äußere Erscheinungsbild ihrer Titelseite die Leser auf eine düstere Nachrichtenlage ein.

Wenn der Tag schon so anfing, konnte für die Abonnenten nach der morgendlichen Lektüre des Blattes eigentlich nicht mehr recht viel Erfreuliches kommen. Es genügte, abschließend noch die Todesanzeigen zu studieren und nach bekannten Mannheimer Namen zu überprüfen, damit hatte es sich.

Treue DK-Leser wissen, dass es sich bei ihrer Heimatzeitung natürlich ganz anders verhält. Der in optimistischem Blau gehaltene DONAUKURIER-Schriftzug verströmt eine gewisse grundlegende Zuversicht, die sich dann nicht selten im Lokalteil tatsächlich durch eine weitere Weltpremiere technologischer Innovation made in Ingolstadt erhärten lässt.
Klassische Musikfreunde wiederum führen zum Ruhm der Stadt Mannheim an, dass sie im 18. Jahrhundert lange als Wirkungsstätte des besten Orchesters in ganz Europa galt, beglaubigt von keinem Geringeren als Mozart. Kultcharakter soll damals das sogenannte Mannheimer Crescendo genossen haben. Daran arbeitet man in Ingolstadt momentan noch. Immerhin kam hier der Stadtrat bereits im Jahr 2000 zu dem Entschluss, auf dem Energiemarkt in einem gemeinsamen Ensemble mit der Mannheimer MVV Energie AG aufzutreten.

Daraus ergab sich fortan eine Rollenverteilung des Duos wie folgt: Von der Gage aus den gemeinsamen Auftritten, also dem Verkauf von Strom und Gas, geht die Hälfte nach Mannheim. Von seiner Hälfte der Gage hat Ingolstadt sämtliche Nebenkosten der Saison zu tragen. Beim Publikum fand diese Formation von Beginn an keinen ungeteilten Beifall. Da sei ohne Not die Eigenständigkeit der kommunalen Stadtwerke aufgegeben worden, hieß es. Die Strom- und Gasrechnung sei dadurch aber auch nicht kleiner geworden. Mancher Ingolstädter warf sich gar in seiner enttäuschten Liebe zum heimischen Energieversorger irgendeinem wildfremden Stromanbieter an den Hals, der ihn mit Schnäppchentarifen lockte.
Man kann die Sache mit der Kundenbindung freilich auch übertreiben, wie ein Energieversorger aus Westdeutschland kürzlich unter Beweis stellte. Einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa zufolge hatte der Sohn einer verstorbenen hochbetagten Kundin die Firma schriftlich darum gebeten, den Stromanschluss der Mutter auf ihn selbst umzumelden. Unbeeindruckt davon, dass die alte Dame nach 94 Lebensjahren ihren irdischen Wohnsitz leider ganz hatte aufgeben müssen, wandte sich der Stromlieferant noch per Brief an sie: "Danke, dass Sie uns über Ihren Auszug informiert haben. Wir wünschen Ihnen, dass Sie sich in Ihrem neuen Zuhause wohl fühlen werden. Gerne beliefern wir Sie auch dort zuverlässig mit Energie. "