Zoff unter Genossen wegen Leiharbeit

19.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:29 Uhr

Im Clinch mit der SPD: Erwin Wörle, Ingolstädter Betriebsratschef von Conti Temic. - Foto: Stadik

Ingolstadt (DK) Zoff unter Genossen: Erwin Wörle, der Ingolstädter Betriebsratschef von Conti Temic, wendet sich mit einem Positionspapier zur Leiharbeit an die neue SPD-Bundesspitze. Seiner Meinung nach sind die Sozialdemokraten für "gesetzlich verbrieftes Tarifdumping" verantwortlich.

Für viele Beobachter ist die Gründung der ersten Transfergesellschaft für Leiharbeitnehmer in Deutschland, die der IG-Metall-Betriebsrat bei Audi aushandelte, ein Meilenstein. Beim "Deutschen Betriebsräte-Preis 2009" gab es für diesen Coup kürzlich denn auch den zweiten Platz. Erwin Wörle bezeichnet die Leistung der Autobauer ebenfalls als "bombig". Aber: "Ich finde eine IG Metall sollte sich nicht als gute Reparaturwerkstatt von arbeitnehmerfeindlichen Gesetzen feiern lassen, noch dazu von deren Verursachern", kritisiert der Betriebsratschef.

Das Schreiben, das dem DK vorliegt, richtet sich an die Sozialdemokraten Andrea Nahles, Olaf Scholz und Klaus Brandner und lässt an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig: "2002 hat die SPD das Leiharbeitergesetz Equal Pay genannt und genau das Gegenteil, nämlich gesetzlich verbrieftes Tarifdumping, daraus gemacht", wettert Erwin Wörle. Den Wahlkampfslogan "Arbeit zu fairen Löhnen" kritisiert der Gewerkschafter herb: "Die SPD hat sich Rosstäuscherei als bewährtes Mittel angeeignet", heißt es in der E-Mail.

"Ich erwarte eigentlich keine Antwort", sagte Betriebsratschef Wörle gestern auf Nachfrage des DK, und betonte, dass er nicht die Leistung der Audi-Kollegen schmälern, sondern die neue Führung der Sozialdemokraten zu einem Kurswechsel bewegen wolle. Zugleich arbeitet Erwin Wörle derzeit an einer Vergleichsrechnung, mit der er die Ungleichbehandlung von Leiharbeitern und Stammbelegschaft untermauern will. Das Kernproblem aus seiner Sicht sei die geltende Gesetzeslage, "die festschreibt, dass die gleiche Arbeit bei einem Conti-Temic-Arbeitsvertrag mit einem Stundenlohn von 14,60 Euro zu bezahlen ist und bei Ausführung durch einen Leiharbeiter nur 7,51 Euro wert ist," so Wörle, der auch Mitglied im Aufsichtsrat der Continental AG ist.