Bezahlbarer Wohnraum oder Kapitalanlage?

07.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr

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Vom Bund bis in die Gemeinden wird beklagt, dass es in unserem Land zu wenig und vor allem zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt. Ebenso wird immer wieder bejammert, dass es zu wenige bezahlbare Wohnungen im Bereich betreutes Wohnen und/oder Pflegeplätze gibt, vom fehlenden Pflegepersonal mal ganz abgesehen. Bekannt ist das alles seit Jahren - getan wird nichts. Weder vom Staat noch von den Ländern und auch nicht von den Kommunen. Die Konsequenz: Private Bauträger und Investoren haben sich des Themas angenommen.

Denen geht es, was für ein Wirtschaftsunternehmen auch total in Ordnung ist, in keiner Weise um Bürger, die mittlere bis kleine Einkünfte oder Renten haben. Den Bauträgern und Investoren geht es um möglichst hohe Renditen. Diese für Unternehmen normalen Ziele sind den Möglichkeiten der Bedürftigen jedoch diametral entgegengesetzt - so auch bei uns in Großmehring. Es soll ein Komplex entstehen, der von architektonischer und städtebaulicher Fragwürdigkeit geprägt ist. Die Bebauungsmöglichkeiten werden bis zur Grenze des Möglichen ausgeschöpft, nutzbare Außenflächen gibt es nicht, Gemeinschaft wird in einem Kellerraum gepflegt - wodurch kein attraktives Wohnumfeld entstehen kann, aber hohe Renditen.

Die Preise werden, wie in den Objekten der Erlbau in Bad Gögging, Baar-Ebenhausen und anderen Objekten, auf einem sehr hohen Niveau liegen. Auch wenn die Zinsen noch immer im Keller sind, werden sich nur wenige Großmehringer, die aus gesundheitlichen Gründen eine barrierefreie Wohnung, Betreuung oder gar Pflege benötigen, eine Wohnung in diesem Objekt kaufen können. Ergo werden die Wohnungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in hohem Umfang von Investoren gekauft. Diese wiederum wollen natürlich ihr investiertes Geld möglichst hoch verzinst wissen, was auch normal ist. Die Mieten werden entsprechend sein. Zuzüglich der Betriebskosten werden die Kosten für jemanden, der in Deutschland eine durchschnittliche Rente bezieht, nicht bezahlbar sein, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Renten mittlerweile unterhalb der Grundsicherung liegt.

Das Ergebnis dieses Projekts ist - für viele unserer bedürftigen Senioren ist der Wohnraum nicht bezahlbar -, der Bauträger wird seine Ziele hinsichtlich des Gewinns mit Sicherheit erreichen, die Investoren werden gute Renditen erzielen. Die Gemeinde Großmehring erhält ein zwischen zwei gut befahrenen Straßen gelegenes, äußerst unattraktives Gebäude ohne nutzbare Grünflächen für die Senioren. Für Pflegebedürftige ist nichts geplant, und für die in ihrer Mobilität eingeschränkten Senioren liegt das neue Einkaufszentrum am Fluderbuckel in unerreichbarer Entfernung.

Dem berechtigten Wunsch unserer Bürger nach bezahlbarem Wohnraum wird mal wieder nicht entsprochen. Eine nicht untypische Entwicklung in unserem Staat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Senioren, die sich für das Objekt entscheiden, dort ihren Lebensabend so verbringen können, wie sie ihn sich vorgestellt und sicher verdient haben.

Hans Schmitt, Großmehring