Unrecht und unmenschlich

08.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:32 Uhr

Zum Artikel "Protestzug gegen die Angst" (DK vom 6. März), in dem es um die Demonstration in der Ingolstädter Innenstadt gegen die Abschiebelager und die Zustände dort ging:

Ich bin zu dieser Demonstration gegangen, weil ich hoffte, dass die Ingolstädter (und Manchinger) Bevölkerung, nachdem der DONAUKURIER ja tags zuvor groß und ausführlich berichtet hatte, hier ein deutliches Signal an die Regierung senden würde: "So geht es nicht weiter!".

Ich identifiziere mich nicht mit extremen Parolen oder Zielen wie "Sozialismus statt Krieg, Flucht und Barbarei". Ich sehe nur, was hier vor unseren Augen passiert: Hier leben Menschen unter untragbaren Bedingungen, ganz normale Menschen, die nichts getan haben, als in ihrer Not - welcher Art von Not auch immer - bei uns Zuflucht zu suchen. Natürlich sind es ganz unterschiedliche Menschen, mit unterschiedlichen Geschichten, Problemen und oft unterschiedlichen Motiven, und vermutlich können sie auch nicht alle hier bleiben, aber das spielt keine Rolle. Es sind Menschen, und sie haben es nicht verdient, so leben zu müssen, auch nicht ein paar Wochen - und Fakt ist, dass viele von ihnen schon Monate und Jahre so "gehalten" werden. Sie können ihre Zimmertüre nicht abschließen, sie können selbst kein Essen zubereiten, ja nicht einmal einen Tee kochen, wenn sie Bauchschmerzen haben. Sie sollen nicht Deutsch lernen, sie dürfen keine normalen Schulen besuchen, sie dürfen kein Praktikum machen, geschweige denn arbeiten. Sie haben keinerlei Möglichkeit, irgendetwas in ihrem Alltag selbst zu bestimmen oder zu beeinflussen.

Nur weil die Regierung beschlossen hat, dass sie eine "geringe Bleibeperspektive haben", werden sie kaserniert und wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Das ist unrecht, unmenschlich und unchristlich!

Und wir, die wir in unmittelbarer Nachbarschaft leben, wollen nichts davon wissen? Sollte der junge Mann auf dem Rathausplatz tatsächlich Recht haben damit, dass es der Bevölkerung hier egal ist, was mit diesen Menschen passiert? Wo sind die Bürger, wenn es um diese Thematik geht, wo die Kirchen, die "liberalen" und "sozialdemokratischen" Parteien, die die Werte unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung verteidigen sollten? Auf der Demo habe ich nur einen winzigen Bruchteil von den 130 000 ganz normalen, mit gesundem Rechtsempfinden und menschlichem Mitgefühl ausgestatteten Bürgern gesehen.

Gudrun Winter,

Oberstimm