Audi: Unbequem, aber wichtig

18.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:31 Uhr

Zu „Diplomatische Verwicklungen“ und „Zwischen Größenwahn und Ausbluten“ (DK vom 14. und vom 17. März), worin es um die Kritik des CSU-Fraktionsvorsitzenden Joachim Genosko an Audis Engagement im Öffentlichen Personennahverkehr und die Reaktion des Automobilunternehmens geht:

Kann es sein, dass eine meines Erachtens völlig legitime Forderung von Herrn Genosko solche Wellen schlägt, dass sogar ein Audi-Vorstand verbal zum Krieg aufrüstet? Ich bin jahrelang mit dem Bus zu Audi gependelt und bin der Meinung, dass Audi sehr wohl eine soziale Verantwortung allen Bürgern der Stadt gegenüber hat. Dazu gehört auch, sich damit auseinanderzusetzen, wie die Mitarbeiter den Arbeitsplatz erreichen, ohne die ganzen Zufahrtsstraßen an den Rande der Belastung zu bringen. Zu den Aufgaben von Audi (Vorstände und Betriebsräte) gehört meines Erachtens auch, vorab darüber nachzudenken, wie ihre Aussagen in der Öffentlichkeit wirken und was ihre Verantwortung als Toparbeitgeber ist.

Karin Kübler, Ingolstadt\t

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In vielen Städterankings nimmt Ingolstadt einen der vorderen Plätze ein, und zwar vor allem, weil sie über hohe Steuereinnahmen dank Audi verfügt. Dass es zwischen einem Unternehmen mit mehr als 40 000 Beschäftigten in einer Stadt mit 130 000 Menschen Differenzen gibt, ist verständlich. Sich aber derart in der Öffentlichkeit zu echauffieren, ist in der Sache unangebracht, zumal Audi sich mit hohen Beträgen bisher am Busverkehr beteiligt hat.

Gerade, was die Verkehrsinfrastruktur anbelangt, hat in erster Linie die Stadt zu liefern, Audi hat andere Geschäftsziele.

Die Stadtteile im Süden und Osten sind in den letzten 15 Jahren gewachsen, ohne dass nennenswerte Verbesserungen in der Infrastruktur erreicht worden sind, wenn man von der Verbindung von Unsernherrn in das Gewerbegebiet Manchinger Straße absieht.

Seit Jahren quälen sich tausende Arbeitnehmer auf einer total unzulänglichen Straßenverbindung über die Glacisbrücke und die westliche Ringstraße zu Audi, zum Güterverkehrszentrum und zum Klinikum. Das kostet eine Unmenge verlorener Zeit und verursacht enorme Umweltbelastungen wie Schmutz, Staub, Lärm und Abgase! Und was liefert die Stadt, um diese Situation zu entschärfen? Den lächerlichen Vorschlag einer Buslinie über die Staustufe!

Wolfgang Prestel, Ingolstadt

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Laut Meinungsumfragen begründen immer mehr Jugendliche ihre Nichtteilnahme an Wahlen damit, indem sie behaupten: Der Gang zur Wahl sei zwecklos, da die demokratisch gewählten Politiker ohnehin nur wenig Einfluss auf unsere Lebenswirklichkeit haben, sondern diese überwiegend durch die Wirtschaft bestimmt wird. Die Drohung des Audi-Personalvorstands Sigi mit dem Abbau von Arbeitsplätzen wegen der Kritik des Stadtrats Genosko an einem bestimmten Verhalten von Audi ist Wasser auf die Mühlen dieser Demokratie-Ignoranten.

Selbstverständlich ist es das gute Recht eines Audi-Vorstands, sich in der Sache gegen eine seiner Ansicht nach ungerechtfertigte Kritik zu wehren; aber darauf mit Arbeitsplatzabbau zu drohen, zeugt schon von einem gewissen Gefühl der Überlegenheit.

Dabei ist Audi nach meinem Eindruck nicht nur ein gut geführtes und erfolgreiches, sondern auch ein überdurchschnittlich sozial eingestelltes Unternehmen, das seine Mitarbeiter und auch Bürger durchaus am Erfolg des Unternehmens teilhaben lässt; aber wohl nur nach „Gutsherrenart“. Schade.

Manfred Dalke, Ingolstadt

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Die öffentlichen Äußerungen des Herrn Genosko über Audi sind unklug, unprofessionell und sollen wohl über die Versäumnisse der Verkehrsplanung der Stadt hinwegtäuschen (man denke nur an die Posse Ortsumgehung Etting). Wäre Herr Genosko Mitarbeiter bei Audi und mit der Aufgabe der Verkehrsplanung beauftragt, würde ihn gelehrt worden sein, diese zu lösen oder er wäre nicht lange auf diesem Posten. Andere Kommunen wären froh, diese Probleme zu haben und auch zu lösen, wenn sie Arbeitgeber wie Audi mit Zulieferern in ihrem Einzugsbereich hätten.

Karl Heuberger, Lenting

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Hält Herr Genosko das Engagement von Audi in Kultur (Sommerkonzerte) und Sport auch für „lächerlich“? Wenn Ingolstadt nicht in der Lage ist, die ureigensten Pflichten, nämlich die Bereitstellung einer funktionierenden Infrastruktur, zu erfüllen, muss sich ein Unternehmen fragen dürfen, ob überhaupt weitere Arbeitsplätze geschaffen werden können, wenn die Stadt mit den bestehenden schon nicht zurechtkommt. Wenn Herr Genosko erwähnt, dass die Stadt elf Millionen Euro bei der INVG draufzahlt, so wäre es doch interessant zu wissen, wie viel davon auf die Audi-Linien fällt?

Wenn Herr Schlagbauer als Stadtrat meint, Wohnraum, funktionierende Infrastruktur und Mittel für soziale Brennpunkte seien ohne Schulden nicht machbar, frage ich mich, was machen die eigentlich mit den Steuereinnahmen von Audi? Seit ich denken kann, jammern Ingolstädter Unternehmer, dass Audi in Ingolstadt den Arbeitsmarkt durch seine hohen Löhne und Gehälter kaputt macht. Aber ich sehe keine kaputten Unternehmen in und um Ingolstadt! Nur Unternehmen, die von und mit Audi sehr gut leben! Die Hand, die einen füttert, muss man nicht unbedingt ablecken, darf sie aber auch nicht beißen! Mehr Zurückhaltung, Respekt und Anerkennung dafür, was Audi in Ingolstadt macht, wäre angebracht! Was wäre Ingolstadt ohne Audi? Sicher nicht die Boomtown, in deren Licht sich alle sonnen!

Claus Bechmann, Gaimersheim

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Das ist doch wirklich keine Frage, dass Ingolstadt, das Umland und damit viele Bürger vom Arbeitgeber Audi profitieren. Gerade deshalb muss auch gesagt werden dürfen, wo die Schattenseiten oder vielleicht sogar Gefahren liegen. Immerhin hat CSU-Fraktionschef Joachim Genosko den Mut, einen Aspekt dieser Schattenseite zu benennen. Der heftige Gegenwind von Audi legt den Verdacht nahe, dass es hier nicht um das sachliche Anliegen des Politikers geht, sondern darum, dass „es hier“ vielleicht nicht üblich, nicht gewünscht oder man es nicht gewohnt ist, Kritik dem Arbeitgeber gegenüber zu äußern, dem man eben auch viel zu verdanken hat.

Kann es sein, dass Herr Genosko Zustimmung von den Menschen in Ingolstadt bekommt, die nicht bei Audi beschäftigt sind und manchmal den leisen oder deutlichen Eindruck haben, in dieses System nicht so recht hineinzupassen oder mithalten zu können? Stichworte sind Mietpreise oder Lohnzahlungsniveau. Und ja, hier gibt es eine Schieflage, und das wird auch geäußert, aber dann doch lieber mit vorgehaltener Hand. Die jetzige Diskussion ist also wichtig, unbequem und sinnvoll. Es geht um unsere Stadt und darum, gerne hier zu leben, weil Ingolstadt eine schöne Stadt ist. Und es geht darum, auch dann gerne hier zu leben, wenn die Zahlen bei Audi nachlassen.

Jörg Seitz, Ingolstadt