Mit System?

28.12.2010 | Stand 03.12.2020, 3:18 Uhr

Zum Bericht "Kaum zu fassen" (DK vom 22. Dezember) über den straffällig gewordenen Ex-Polizeichef von Ingolstadt:

Mich überrascht der Stalking-Skandal von Herrn Egner, dem Ex-Direktionsleiter der Polizei Ingolstadt, nicht. Für mich ist die Kernaussage in dem doch sehr vorsichtig ausgedrückten DK-Bericht folgende: "Der Mann, der ihnen (den meist anständigen Polizisten!) über sechs Jahre die Richtung vorgegeben hat, soll über 15 Monate lang einen DK-Redakteur terrorisiert haben" und "Wir haben das nicht gewusst.". Dazu meine Frage: Habt ihr das wirklich nicht gewusst, oder wolltet ihr das nicht wissen?

Für mich ist mit der Aufdeckung seiner Taten bestätigt, dass diese Masche unter seiner Führung System hatte. Zumindest jedoch auch in meinem Fall. Im Herbst 2005 erhielt ich ein Erpresserschreiben, woraufhin sich ein Anrufer in eindeutiger Absicht meldete. Er meldete sich anonym. Eine Anzeige nutzte mir gar nichts, denn die Dienst habenden Polizisten hatten das erpresserische Schreiben "polizeilich" so präpariert, dass Ermittlungen, nicht nur deswegen ins Leere laufen mussten. Mein Antrag beim Sachbearbeiter der Polizei, doch endlich eine Fangschaltung einzurichten, wurde schlichtweg ignoriert. Als dann meine Ehefrau den in Vertretung tätigen Staatsanwalt um Abhilfe bat, wurde nach Wochen von Amts wegen eine solche geschaltet. Das geschah sehr träge, vorsichtig ausgedrückt. Der unbekannte Anrufer stellte seine "Tätigkeit" aber auch prompt ein.

Die Polizeidienststelle wusste aber nicht, dass ich einige Zeit später privat einen Antrag auf eine Fangschaltung stellte, und der anonyme Anrufer geriet tatsächlich hinein. Der Telefonterrorist war – und ist es immer noch! – ein Beamter der Polizeiinspektion Ingolstadt. Er rief sogar während seiner Dienstzeit bei uns an. Obwohl es ein Glücksfall war, ihn zu erwischen, wurde gegen den Mann nicht ermittelt.

Herr Egner hielt es damals nicht für notwendig (sein Pressesprecher wohnte unserem persönlichen Gespräch bei), dem Polizeibeamten die Leviten zu lesen. Die Frage bleibt auch: Hat Herr Egner als Richtungweisender solche oder ähnliche terrorisierende Aktionen und Maschen unterstützt durch Unterlassung? Vielleicht sogar gedeckt? Der Herr Direktor hat diese doch sehr wirkungsvolle Masche schließlich auch selbst praktiziert. Klar ist und bleibt aber: Nur wer das System kennt, kann es für sich auch nutzen. Jedenfalls so lange, bis der Krug oder die Zielperson daran zerbricht.

Franz Pless

Ingolstadt