Nach Sargöffnung: Schock für die Hinterbliebenen

16.07.2008 | Stand 03.12.2020, 5:45 Uhr

Ingolstadt (rl) Den Anblick wird Roswitha K. ihr Leben lang nicht vergessen. Gut eine Stunde vor der Trauerfeier für ihren verstorbenen Vater ließ sie den Sarg öffnen. Die Tochter, deren Mann, zwei 16 und 10 Jahre alten Söhne und eine 86-jährige Tante wollten sich von ihrem toten Angehörigen verabschieden, bevor der Leichnam nach der Trauerfeier zur Einäscherung in ein Krematorium gebracht werden sollte.

"Mich hat fast der Schlag getroffen", sagt die 52-Jährige. Sie und ihre Schwägerin erheben schwere Vorwürfe gegen das beauftragte Bestattungsunternehmen, die Firma Denk. Diese habe die Einsargungskosten zwar nicht berechnet, der seelische Schaden, den sie bei der Sargöffnung erlitten haben, sei jedoch nie wieder gutzumachen.

"Schlecht gearbeitet"

Dass der Fehler in diesem Fall beim Bestattungsunternehmen lag, gibt Luciano Peccolo, Betriebsleiter der Firma Denk in Ingolstadt, gegenüber dem DONAUKURIER unumwunden zu. "So etwas darf nicht passieren", sagt er und kündigt "schwer wiegende Konsequenzen" für die betroffenen Mitarbeiter an. Ein Tubus habe an einem Verstorbenen nichts verloren. "Da haben unsere Mitarbeiter ganz schlecht gearbeitet." Er könne in diesem Fall nur sagen: "Asche auf unser Haupt."

Das 80-jährige Opfer war nach dem Unfall in Kösching ins Klinikum gebracht worden, wo es wenig später starb. Weil der Mann keines natürlichen Todes starb, wurde der Leichnam von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. An dem Toten darf in solchen Fällen nichts verändert werden, bis geklärt ist, ob die Leiche zur Obduktion zur Rechtsmedizin nach München muss. Am Tag nachdem der Köschinger starb, gab die Staatsanwaltschaft den Leichnam frei. Etwa vier Stunden später kam Roswitha K., um in der Pathologie des Klinikums ihres toten Vaters zu gedenken. Sie habe ihm mit Rosenöl drei Kreuze auf die Stirn gemalt. Diese seien drei Tage später, bei der Sargöffnung, immer noch zu sehen gewesen.

Dass der Tote, als er in dem Verabschiedungsraum in der Pathologie aufgebahrt war, den Tubus im Mund hatte, hat die Frau zwar gewundert, sie dachte jedoch, das Instrument, mit dem die Luftwege nach dem Unfall für die Beatmung offen gehalten wurden, werde noch entfernt. Warum dies nicht geschehen ist, lässt sich im Nachhinein nicht klären.

Die Pathologie am Klinikum ist seit Oktober 2006 ausgelagert. "Das Herrichten des Leichnams ist Aufgabe des Bestatters", stellt Dr. Helmut König, Leiter der pathologischen Praxis, klar. Zwar würden Schläuche und dergleichen im Normalfall im Krankenhaus entfernt, bei Unfallopfern werde jedoch aufgrund der Beschlagnahmung anders verfahren. Oft erfahre der Bestatter von der Freigabe des Toten vor dem Pathologen. "Das entsprechende Fax geht an den Bestatter", bestätigt Oberstaatsanwalt Wolfram Herrle.

Die Schwiegertochter des Verstorbenen und ihre Schwägerin sind mit dem Fall an die Öffentlichkeit gegangen , damit "schwarze Schafe" im Bestattungswesen nicht ungeschoren davon kämen. "Wer weiß, wie hoch hier die Dunkelziffer ist"