Licht aus in den Altstadtkinos

27.06.2008 | Stand 03.12.2020, 5:48 Uhr

Wehmütiger Blick zurück: Jeanette Mengele schließt die Kinos.

Ingolstadt (DK) 100 Jahre sind es heuer, dass im Rückgebäude der Donaustraße 15 (heute Bäckerei Erhard) das erste Ingolstädter Lichtspielhaus eröffnet wurde. In den Glanzzeiten, den 60er Jahren, gab es um die zehn Kinos, dann begann das große Sterben. An diesem Samstag schließt das letzte Altstadtkino.

Josef Mengele war der Urgroßvater der heutigen Betreiberinnen Jeanette und Karin Mengele. Er baute ein regelrechtes Imperium auf – von dem die Erben bis zuletzt profitierten. Doch die dritte und vierte Generation hatten kein Glück: Hermann Mengele, der Enkel, erbte Ende 2005 vier Häuser, als seine Mutter Fritzi Mengele starb: das Roli an der Dollstraße (längst abgerissen und durch ein Studentenwohnheim ersetzt), Central und Bambi an der Spitalstraße (dort entsteht gerade ein Wohn- und Geschäftshaus) – und schließlich Cinema und City an der Manggasse und Union an der Josef-Ponschab-Straße. Und auch die letzten verbliebenen Häuser müssen jetzt an diesem Wochenende schließen. Die Familie ist zerstritten, und immer öfter saß kaum noch jemand in den Vorführungen. Zu Ende Juni hat Mengele seinen Töchtern die Pacht gekündigt.

Im Cinema ging am Freitag das Licht aus. Jeanette Mengele zeigte zum letzten Mal die "Rocky Horror Picture Show", und viele Kinofans kamen zu einem Abschiedsbesuch. Beim Hinausgehen wünschten sie ihr "Viel Glück" und "Alles Gute". Die richtige Abschiedsparty ging dann aber erst los. Gut ein Dutzend Karten war reserviert worden, gekommen sind dann doch noch einige Gäste mehr.

Das Union schließt am Samstag. Und auch wenn hier keine Filme mehr gezeigt werden sollten, sieht es doch für das Gebäude gut aus: Es steht unter Denkmalschutz und darf nicht umgebaut oder gar abgerissen werden. Das Haus reizt auch die Geschäftsführung des Cinestar in Lübeck. Sie steht seit Wochen in Verhandlungen mit der Stadt und Kinobesitzer Hermann Mengele. Laut Jan Dörge, Geschäftsführer des Cinestar am Westpark, besteht nach wie vor Interesse, zumindest eines der Kinos zu pachten. Die Tendenz gehe mehr Richtung Union. Doch wer kauft eines oder beide Häuser? Eckehard Gebauer, der sich als Sanierer von Altstadthäusern einen Namen gemacht hat, war zwischenzeitlich als Käufer im Gespräch, doch um ihn ist es ruhig geworden. Siegfried Dengler, der Leiter des Stadtplanungsamts, kümmert sich im Rahmen des so genannten Leerstandsmanagements auch um die Kinos. Er blockt ab, wenn es um das Thema Interessenten geht. Doch es sieht so aus, als ob das Thema Kino noch nicht ganz abgehakt ist, offenbar gibt es weiterhin interessierte Investoren.

Jeanette Mengele und ihre Schwester Karin jedoch wissen jetzt so gar nicht, wie es weitergehen soll – auch beruflich. Sie veranstalten trotzdem wieder das Open-Air-Kino im Turm Baur. Am 7. August geht es bei Einbruch der Dunkelheit los. Der erste Film: "Abgedreht".