Ingolstädter CSU befürwortet EU-Beitritt der Türkei

02.01.2008 | Stand 03.12.2020, 6:14 Uhr

Fühlt sich gut integriert: Idris Yüksel, der Vorsitzende der Türkisch-Islamischen Gemeinde Ingolstadt, vor der fast vollendeten neuen Moschee. Arch - foto: Stadik

Ingolstadt (sic) Bei der Türkei gehen CSU-intern die Meinungen deutlich auseinander. Die Ingolstädter Rathausfraktion ist mehrheitlich für einen Beitritt des Landes zur EU, die Parteispitze, oder wie Fraktionschef Joachim Genosko sagt: "die Mutterpartei", ist dagegen. Die? fehlende Linientreue hat Methode: "Wir haben uns immer gegen die Ausgrenzung der Türkei gewendet", betont Genosko.

Genosko: "Wir haben Ausländerfeindlichkeit immer konsequent bekämpft. Wir glauben, dass man nur friedlich zusammenleben kann, wenn alle gut integriert sind." Das bedeute allerdings nicht, "dass da schon alle Probleme gelöst sind".

Bei einem anderen nicht unbedingt CSU-eigenen Thema fallen die Ingolstädter ebenfalls durch Aufgeschlossenheit auf: Die Erhöhung der Zahl der Krippenplätze, lange Zeit von der CSU nicht gewollt und bis heute von vielen mit Argwohn beäugt. Nicht so in Ingolstadt: "Da muss man sich an die modernen Gegebenheiten anpassen", meint der Fraktionschef, "und die moderne Frau will die ideale Vereinbarkeit von Familie und Beruf." Auch hier geben die Forsa-Ergebnisse den Ingolstädter Christsozialen und ihrer Linie Recht: 38 Prozent der CSU-Wähler wollen mehr Krippenplätze, 32 Prozent finden deren Zahl ausreichend.

Irritierte Freie Wähler

Bei den Freien Wählern sieht das Verhältnis zwischen dem Kurs der Führung und dem von Forsa ermittelten Wählerwillen etwas problematischer aus: 67 Prozent der FW-Anhänger finden, dass zu viele Ausländer in Ingolstadt leben – ein Wert, der Fraktionschef Wolfgang Scheuer irritiert. "Wir treten in keiner Weise so auf, dass wir eine ausländerfeindliche Klientel bedienen würden!" Im Gegenteil: "Förderung der Integration ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit." In der Vergangenheit sei bei dieser Herausforderung von Seiten der Stadt "viel verpasst worden". Daher werden die FW weiterhin die Integration von Migranten mit Nachdruck fördern, sagt Scheuer.

Ein Forsa-Ergebnis freut ihn: 53 Prozent finden, dass Ingolstadt einen Familienbeauftragten braucht – eine langjährige FW-Forderung. "Es ist wichtig, dass Familien eine zentrale Anlaufstelle für all ihre Anliegen bekommen und sich nicht umständlich durchfragen müssen. Das reduziert Schwellenängste und wirkt damit integrierend."

Auf der Agenda der Grünen steht ein Familienbeauftragter nicht direkt, aber Fraktionschefin Petra Kleine betont, "dass sich die Grünen immer sehr für Familien und Kinder eingesetzt haben". Das Forsa-Institut hat ermittelt, dass 77 Prozent der Grün-Wähler einen städtischen Familienbeauftragten wollen – der mit weitem Abstand höchste Zustimmungswert bei dieser Frage – und 20 Prozent nicht.

Die Grünen-Fraktion setze sich dafür ein, "die Familienfreundlichkeit im Wohnumfeld zu verbessern". Da geht es laut Kleine um Fragen wie die Bewegungsräume, die Zahl der Bolzplätze oder eine möglichst autofreie Umgebung. "Die Stadt ist bei der Familienfreundlichkeit nicht konsequent genug", findet die Fraktionschefin.

Lobende Worte wählt Petra Kleine – ebenfalls in Einklang mit einem Ergebnis der Forsa-Studie – für die städtische Integrationspolitik. Allerdings mit dem Zusatz "inzwischen". Hier sei viel versäumt worden. "Jetzt ist Ingolstadt auf einem guten Weg." Nicht ausreichend ist für die Grünen aber nach wie vor die Verbesserung der Deutschkenntnisse bei Migranten und vor allem deren Kindern. "Da muss viel mehr passieren!"

Laut der Forsa-Umfrage sind 53 Prozent der wahlberechtigten Ingolstädter der Meinung, dass die Stadt genug für die Integration von Migranten unternimmt. Unter SPD-Sympathisanten beträgt der Zustimmungswert ebenfalls 53 Prozent, 32 Prozent sind anderer Ansicht. Gerda Büttner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, freut diese Zustimmung. "Die Integration ist ja unser Thema. Darum haben wir uns lang bemüht und auch einiges auf den Weg gebracht." Etwa die Ausweitung des Förderungsprojekts Soziale Stadt auf den Nordosten. Nach Jahren der Versäumnisse hätte die CSU dazugelernt und erkannt, dass man was tun müsse, sagt Büttner. Für alle Parteien gelte: "Man kann nie genug tun." Ziel der Anstrengungen müsse vor allem eines sein: "Lehrstellen, Lehrstellen, Lehrstellen."