"Wir alle sollten über die Grenzen blicken"

22.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:47 Uhr

Die Verkehrsbelastung ist auch in Gaimersheim ein zunehmendes Problem. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Ob GVZ II, Biogasanlage oder neues Verkehrskonzept – im Nordwesten Ingolstadts geht kaum ein Weg an der Marktgemeinde Gaimersheim vorbei. Die 42-jährige Bürgermeisterin Andrea Mickel (SPD) plädiert daher im Gespräch mit DK-Mitarbeiter Michael Stadik für eine konstruktive Nachbarschaft.

Frau Bürgermeisterin, wie würden Sie das derzeitige Verhältnis zwischen Gaimersheim und Ingolstadt beschreiben?

Andrea Mickel: Bei verschiedenen Berührungspunkten sind wir derzeit nicht immer einer Meinung. Aber trotzdem ist unser Verhältnis nicht abgekühlt, sondern auf politischer Ebene ganz entspannt.

Welche Wünsche haben Sie auf dem Herzen?

Mickel: Es wäre schön, wenn wir uns mit Ingolstadt beim Thema Verkehr öfter absprechen könnten. Es reicht nicht, wenn wir nur gehört werden. Eine konstruktive Zusammenarbeit ist nötig, um das Beste für unsere Bürger zu erreichen. Wir kleben ja direkt aneinander und sollten daher alle über die Grenzen hinweg blicken.

Wo sehen Sie konkreten Optimierungsbedarf?

Mickel: Es war zum Beispiel sehr positiv, dass wir bei dem offenen Planungsgespräch zur Schließung und Verlegung der Gaimersheimer Straße dabei sein konnten. Natürlich waren wir da mehr in der Rolle der Zuhörer.

Welche Vorschläge hätten Sie denn eingebracht?

Mickel: Die Gaimersheimer Straße ist eine gewachsene Verkehrsverbindung und die Wegebeziehung schlechthin nach Ingolstadt. Wenn diese Straße gekappt wird, ist das für uns natürlich nicht positiv. Wir hätten uns gewünscht, dass die Gaimersheimer Straße erhalten bliebe und das GVZ II so gedreht würde, dass durchgefahren werden kann. Der Markt Gaimersheim hätte sich durchaus eine Tunnel- oder Troglösung vorstellen können. Aber natürlich sind uns die damit verbundenen, enormen Kosten bewusst. Der Hochkreisel nördlich des GVZ ist sehr positiv, aber die geplante Einmündung in die Richard-Wagner-Straße nicht zufriedenstellend. Für uns gibt es allerdings kaum Gestaltungsmöglichkeiten, weil es sich um eine Kreisstraße handelt. Wir werden jedoch mit der Problematik, wie sie uns auferlegt wird, leben können und müssen.

Wie sieht aus Ihrer Sicht ein optimales Verkehrskonzept für den Nordwesten Ingolstadts aus?

Mickel: Im Oktober wird sich der Marktgemeinderat in einer Klausur intensiv mit den Verkehrsthemen beschäftigen. Das Ergebnis müssen wir abwarten. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass die Nordumgehung, so wie sie planfestgestellt ist, eine große Entlastung für den Norden bringt, weil der gesamte Verkehr von Westen zur Autobahn über die Nordumgehung abgewickelt wird. Ich denke, dass der Lkw-Fahrer aus Neuburg gerne über die Eitensheimer Ostumgehung auf die Nordumgehung und dann weiter auf die Autobahn fährt. Dann muss er gar nicht durch Ingolstadt.

Manche glauben, eine Südumgehung von Gaimersheim könnte entlastend auf den gesamten Nordwesten wirken.

Mickel: Der Markt Gaimersheim betreibt seit Jahren die gleiche Politik: Wir wollen die Nordumgehung, und schauen uns dann an, welche Entlastung sie bringt und wie sich der Verkehr entwickelt. Dann wollen wir entscheiden, ob wir die Südumgehung bauen oder nicht. Ich denke, wenn die Straße ein Jahr in Betrieb ist, können wir das Verhalten der Verkehrsteilnehmer gut einschätzen. Klar ist: Die Nordumgehung hat in keiner Weise etwas mit der Südumgehung zu tun.

Glauben Sie, dass die Trasse bei Etting tatsächlich wie geplant gebaut wird?

Mickel: Ja, davon gehe ich aus. Wenn die Straße nicht gebaut wird, werden nicht zuletzt auch hohe Zuschüsse aufs Spiel gesetzt.

Fühlen Sie sich in dieser Frage unter Druck gesetzt?

Mickel: Ich lasse mich von niemandem unter Druck setzen.

Erwarten Sie eine Zunahme des Verkehrs im Nordwesten Ingolstadts durch den geplanten Ausbau des Westparks?

Mickel: Der Erweiterung stehen wir positiv gegenüber. Ich glaube nicht, dass mehr Menschen in den Westpark fahren, nur weil er größer ist. Es wird wohl eher eine Umverteilung geben. Für uns hat vielmehr die Verkehrserschließung des neuen Gymnasiums am Hochholzer Berg Priorität. Sobald der Grunderwerb abgeschlossen ist, wollen wir im kommenden Jahr vom Kreisel weg eine Straße zur westlichen Bahnunterführung schaffen.

Haben Sie Verständnis für die Klagen der verkehrsgeplagten Friedrichshofener?

Mickel: Die Bürger an der Hauptstraße haben sicherlich eine arge Belastung. Aber auch die Menschen in der Mittleren Heide wohnen an einer Staatsstraße. Entlang der so genannten Kriegsstraße haben wir daher im Vorjahr einen Lärmschutzwall ausgebaut und die Belastung hat sich dort deutlich reduziert. Der Vorschlag, einen Bypass zu legen, um Friedrichshofen zu entlasten, würde vom Freistaat Bayern entschieden, denn dazu müsste die Staatsstraße hinter das Zwischenwerk in Friedrichshofen verlegt werden.

Ein aktueller Reibungspunkt zwischen Ingolstadt und Gaimersheim ist die geplante Biogasanlage an der Gabel. Fühlen Sie sich ausreichend über das Projekt informiert?

Mickel: Der Informationsfluss ist sehr gut. Wir hatten kürzlich erneut eine ausführliche Besprechung mit der Stadtwerke-Tochter Reginova. Nach wie vor gilt unser bisheriger Beschluss, der den Ausbau des Feldweges nicht gestattet. Wir warten jetzt ab, für welchen Standort sich die Stadt Ingolstadt und die Stadtwerke entscheiden, bevor wir uns damit erneut im Marktgemeinderat beschäftigen.

Welchen Stellenwert geben Sie erneuerbaren Energien?

Mickel: Wir stehen dem Thema generell sehr positiv gegenüber und haben zum Beispiel verschiedene Möglichkeiten der Förderung für Sonnenenergie. Letztlich wissen wir aber nicht, ob die Biogasanlage der richtige Weg ist, denn damit gehen sicherlich Monokulturen auf den Feldern einher. Regenerative Energien sind wichtig, aber die Ökologie muss insgesamt im Auge behalten werden.

Verstehen Sie die Gaimersheimer Landwirte, die gerne mit den Stadtwerken bei der Biogasanlage zusammen arbeiten wollen?

Mickel: Ja, es hat sicherlich seinen Reiz, langfristige Verträge zu einem guten Preis abzuschließen. Aber genau diese Vereinbarungen sorgen für eine Monokultur in der Landwirtschaft, die nicht optimal ist.