Wettstetten
Bürgerentscheid zu Straßenausbaubeiträgen

Am 26. März stimmen die Wettstettener ab Bürgerbegehren zugelassen

27.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:44 Uhr

Die Wettstettener haben es in der Hand: Am 26. März können sie im Rahmen eines Bürgerentscheids über die künftige Art der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen entscheiden. - Foto: Gülich

Wettstetten (DK) Wegen des regen Interesses der Bevölkerung - der Sitzungssaal kam bei gut 80 Besuchern an die Grenzen - zog Bürgermeister Gerd Risch in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstagabend alle Tagesordnungspunkte, die den Themenkomplex Straßenausbaubeiträge betrafen, vor.

Der Bürgermeister berichtete, dass am 20. Januar 2017 ein Bürgerbegehren zur Durchführung eines Bürgerentscheids bei der Gemeinde eingereicht worden sei. Die formalen Zulassungsvoraussetzungen habe man hausintern und bei der Rechtsaufsicht in Eichstätt geprüft. "Die Unterschriften reichen satt", so Risch - und auch die weiteren Voraussetzungen lägen vor. Somit käme es innerhalb der nächsten drei Monate zu einem Bürgerentscheid.

Betty Weitzel-Oeth (CSU) war es ein Anliegen, nochmals hervorzuheben, dass alle Gemeinderäte sich vor ihrer Entscheidung viele Gedanken gemacht und versucht hätten, im Sinne der Bevölkerung zu handeln. "Das war eine schwierige Entscheidung. Jeder hat gewusst, egal wie er sich festlegt, irgendjemandem tritt er auf die Füße", so Weitzel-Oeth. Eine Spaltung des Ortes habe niemand gewollt.

Gegen diesen Begriff sprach sich Bürgermeister Risch erneut entschieden aus. Eine Spaltung liegt seines Erachtens nicht vor: "Ich bewege mich in der Bevölkerung. Niemals habe ich das Gefühl gehabt, dass das hier so polarisiert gesehen wird", sagte er. Akzeptieren müsse man die Meinung der anderen ja auch nicht, aber tolerieren. Das sei in Wettstetten gegeben. Gemeinderat Armin Stangl fühlt sich nicht nur der Bevölkerung verpflichtet, sondern vor allem auch der Gemeinde an sich, wie er sagte. Dafür sei der Rat gewählt. Bei dem sensiblen Diskussionspunkt, dass bei diesem Thema immer - auch bei den Gemeinderäten - Eigeninteressen im Spiel seien, erregten sich die Gemüter sowohl unter den Gemeinderäten als auch im Publikum.

Der offizielle Wortlaut des Gemeinderatsbeschlusses, der schließlich einstimmig gefasst wurde, lautete: "Der Gemeinderat beschließt, das Bürgerbegehren zuzulassen und einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Der Termin hierfür wird festgesetzt auf Sonntag, den 26. März 2017." Das Verfahren werde dann ähnlich wie bei einer Wahl ablaufen, erklärte Risch.

Das Ratsbegehren zum gleichen Thema, das in der Sitzung des Gemeinderats im Dezember angesprochen und grundsätzlich im Gremium befürwortet worden war, erübrigt sich nun, da sich der Antrag des Bürgermeisters mit dem Bürgerbegehren deckt. "Zwei Fragestellungen gleichen Inhalts brauchen wir nicht", so Risch. Der Punkt wurde einstimmig von den Gemeinderäten abgesetzt.

Die am 27. Oktober 2016 beschlossene Satzung (mit wiederkehrenden Beiträgen) hatte der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung am 1. Dezember 2016 wegen Rechtsfragen in Bezug auf den Vollzug der Satzung noch nicht in Kraft treten lassen. Dies konnte nun auch in der Sitzung am Donnerstag nicht erfolgen. "Durch das Bürgerbegehren sind wir jetzt gehindert, die Satzung in Kraft zu setzen", legte der Rathauschef dar. Die Gemeinde dürfe keine Beschlüsse, "die das Bürgerbegehren torpedieren", fassen. Risch nahm in diesem Zusammenhang auch Bezug auf die Bürgerversammlung am Mittwochabend in Eichstätt zum gleichen Thema, an der er mit einigen Wettstettener Gemeinderäten teilgenommen hatte. Er wies darauf hin, dass der dortige Referent Gerhard Wiens, ein ehemaliger Richter am Bayerischen Verwaltungsgericht, eine Koryphäe auf dem Gebiet Straßenausbaubeiträge sei. Wiens habe insbesondere darauf hingewiesen, dass eine Zusammenlegung von Wohn- und Gewerbegebiet und auch von reinem Wohngebiet mit historischem Ortskern "in einem Abrechnungstopf" als problematisch zu betrachten sei. Auf Wettstetten übertragen hieße das: Sollte es bei wiederkehrenden Beiträgen bleiben, dass der Ort mindestens in zwei Gebiete aufgeteilt werden und damit die beschlossene Satzung nochmals geändert werden müsse, so Risch unter Verweis auf Wiens. Allerdings sei die Rechtslage höchst unklar, da es ja bisher keine Referenzen gebe. Auch die Regierung von Oberbayern (als Gesetzgeber) habe sich schon bei ihm gemeldet, um zu fragen, welche Erfahrungen die Gemeinde Wettstetten inzwischen mit dem Thema gemacht habe - allgemeine Erheiterung und Kopfschütteln unter Gemeinderäten und im Publikum.

Der Bürgerentscheid steht nun als Endpunkt der Diskussionen fest. "Was vom Bürger entschieden wird, das machen wir!", so Risch. Für beide Varianten spräche etwas, das sei nicht in Abrede zu stellen. Allerdings müsse er den Beschluss dann vollziehen - und da habe er, sollte es bei wiederkehrenden Beiträgen bleiben, und obwohl er ja selbst Verwaltungsjurist und damit Fachmann sei, durchaus Bauchschmerzen. Und es gebe auch bereits konkrete Klageandrohungen.

Letzter Tagesordnungspunkt in Bezug auf Straßenausbaubeiträge und Bürgerentscheid war der Beschluss einer Gemeindesatzung zu den Themen Bürgerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid. "Um sich nicht alle Regelungen aus den Gesetzen zusammenklauben zu müssen", hatte Risch empfohlen, eine entsprechende Satzung zu erlassen. So habe die Gemeinde "alle Infos in einem" vorliegen, das vereinfache das Verfahren für die Verwaltung und sei auch eine Hilfestellung für die Bürger. Die einstimmig angenommene Satzung tritt zum 1. Februar 2017 in Kraft und wird zum ersten Mal beim Bürgerentscheid am 26. März 2017 zum Einsatz kommen. Der wird in Wettstetten mit Spannung erwartet.

Das Bürgerbegehren



Das am 20. Januar 2017 bei der Gemeinde eingereichte Bürgerbegehren auf Durchführung eines Bürgerentscheids hat folgenden Wortlaut: „Sind Sie dafür,
a) dass der Gemeinderatsbeschluss vom 27.10.2016 (wiederkehrende Beiträge Artikel 5 b KAG) aufgehoben wird?
b) dass das System über einmalige Abrechnung für Straßenausbaubeiträge (Artikel 5 KAG) beibehalten wird?“

Als Begründung für diesen Antrag führen die Unterzeichner auf, dass das bisherige System bewährt und mit keinerlei rechtlichen Risiken verbunden sei. Die Kosten seien transparent nachvollziehbar, Eigentümer von mehreren Grundstücken würden nur zu Zahlungen herangezogen, wenn direkt an ihrem Grundstück Straßenausbaumaßnahmen erforderlich seien und die Anlieger von Kreisstraßen würden angemessen berücksichtigt.

Ferner rieten sowohl der Gemeindetag als auch der Wettstettener Bürgermeister zur Beibehaltung des bestehenden Systems, dessen Personal- und Kostenaufwand bereits bekannt und definiert sei.
In Gemeinden bis 10 000 Einwohner muss das Bürgerbegehren von mindestens zehn Prozent der wahlberechtigten Gemeindebürger unterschrieben werden, damit ein Bürgerentscheid erfolgen kann. Da in Wettstetten zum Stichtag 3839 Abstimmungsberechtigte gemeldet waren, waren mindestens 384 Unterschriften nötig. Eingereicht wurden 1243, bis zur Sitzung am Donnerstag waren laut Bürgermeister Risch 673 geprüft, davon 650 gültig.