Wettstetten
Es bleibt bei wiederkehrenden Beiträgen

Wettstettener Gemeinderat lehnt Anträge auf Aufhebung der Beschlüsse zu Straßenausbaukosten ab

02.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:58 Uhr

Bürgermeister Gerd Risch erhielt in den vergangenen Tagen vier Anträge mit insgesamt 446 Unterschriften, die eine Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom Oktober zur Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge forderten. - Foto: Gülich

Wettstetten (DK) Der Sitzungssaal der Gemeinde war am Donnerstagabend überfüllt. Gut 75 Zuschauer waren gekommen, um vor allem bei der Entscheidung über die Anträge auf Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 27. Oktober für wiederkehrende Beiträge beim Straßenausbau dabei zu sein.

Am 27. Oktober dieses Jahres hatte sich der Gemeinderat Wettstetten mit 10:7 Stimmen als eine der ersten Gemeinden in Bayern für die wiederkehrenden Beiträge als Abrechnungsform entschieden. Das am 1. April 2016 in Kraft getretene Kommunalabgabengesetz räumt diese Möglichkeit zusätzlich zur bisherigen Abrechnung per Einmalbeitrag neu ein. Allerdings lagen dem Gemeinderat nun vier Anträge mit insgesamt 446 Unterschriften auf Aufhebung des Beschlusses vor. Über diese Anträge galt es am Donnerstagabend zu entscheiden.

Bürgermeister Gerd Risch skizzierte zu Beginn der Sitzung seine Sichtweise. Hatte er in der Sitzung im Oktober seine Meinung noch eher offen formuliert ("Aus meiner Sicht ist das eine schwierige Entscheidung, es gibt für beide Seiten viele gute Argumente. Wie man diese wertet und gewichtet, liegt im Auge des Betrachters."), betonte er am Donnerstag mehrfach, dass er selbst ja für die Einmalbeiträge gestimmt habe und nicht glücklich über die Entscheidung zugunsten der wiederkehrenden Beiträge sei.

Vor allem stünde er nun vor dem praktischen Problem, wie die Entscheidung zu vollziehen sei. Vom Gemeindetag habe er auf seine diesbezüglichen Fragen bisher noch keine Antwort erhalten. "Die Nachteile des wiederkehrenden Systems treten für mich gerade jetzt im Vollzug immer mehr zutage. Und der Rat des Gemeindetags, dass die Gemeinden, die bereits über eine Satzung verfügen, diese beibehalten mögen, erscheint mir immer sinnvoller", so Risch.

Auch Michael Knöpfle (SPD) machte sich erneut für den Einmalbeitrag stark. Knöpfle betonte, das Votum der befragten Grundstückseigentümer sei klar gewesen (bei einem Rücklauf von 35 Prozent hatten sich 62 Prozent für die Einmalbeiträge ausgesprochen), das wolle er unterstützen. Es erscheine ihm gerechter, wenn die Nutznießer, nämlich die Anwohner einer erneuerten Straße, auch die Kosten tragen. Außerdem sei der Verwaltungsaufwand bei den wiederkehrenden Beiträgen ein "bürokratisches Monster", das Geld könne man viel besser in andere Projekte investieren. Und die Gemeinde hätte eine gültige Satzung - "Warum sollen wir da ohne Not mitten im Rennen die Pferde wechseln", so Knöpfle.

Der sicherere Weg sei die alte Satzung, zumal seiner Meinung nach rechtlich von einer Unterteilung des Ortes in vier bis fünf Abrechnungseinheiten auszugehen sei. Wie das Gewerbegebiet, in dem es ja zu einer wesentlich höheren Abnutzung der Straßen komme, hierbei zu betrachten sei, wäre ja auch noch völlig offen. "Offenbar herrscht große Unzufriedenheit im Ort über die letzte Entscheidung des Gemeinderates in dieser Sache. Ein Bürgerbegehren steht im Raum. Nach meiner Ansicht wäre es der bessere Weg, der Gemeinderat ergreift hier selbst die Initiative und bringt ein Ratsbegehren auf den Weg. Dann können die Bürger von Wettsteten selbst entscheiden, welche Abrechnungsart für die Straßenausbaubeiträge sie bevorzugen", sagte der SPD-Mann.

Sein Parteikollege Anton Katarzynski, Zweiter Bürgermeister von Wettstetten und seit 32 Jahren Mitglied des Gemeinderats, war in Bezug auf die Abrechnung anderer Ansicht. Immer wieder habe er in den vergangenen Jahren zu hören bekommen, dass die Straßen so schlecht seien und warum nichts unternommen würde. Nun gebe es einen Weg, die Straßen sozialverträglich auf einem "gemeinsamen, sozialen Weg" zu erneuern - und schon sei das Geschrei groß. Er bleibe bei seiner Befürwortung der Abrechnung mit wiederkehrenden Beiträgen.

Auch Betty Weitzel-Oeth (CSU) lehnte die Anträge auf Aufhebung des Entschlusses zu den wiederkehrenden Beiträgen ab. Das habe man nun über ein Jahr diskutiert. Aber es sei anscheinend immer noch viel Informationsbedarf in der Bevölkerung vorhanden. "Vielleicht ist ein Bürgerbegehren wirklich die sauberste Lösung", stellte sie im Abschluss ihrer Stellungnahme fest.

Zum wiederholten Mal bemängelte Klaus Unholzer (CSU) die fehlenden konkreten Zahlen. Niemand wisse, was auf ihn zukomme. "Durch diese Zahlengeheimhaltung wird die Diskussion nur hochgepuscht", beschwerte sich der CSU-Mann.

Dem widersprach Bürgermeister Risch heftig: Von Geheimhaltung könne keine Rede sein, da er gar keine konkreten Zahlen habe, die er geheim halten könne. Genau das sei ja das Problem: "Bevor ich überhaupt sagen kann, wie viel zum Beispiel die aktuellen Straßenausbaumaßnahmen im Siedlungsgebiet kosten, muss ich die Gräben für die Gas-, Wasser- und Breitbandverlegung rausrechnen. Dazu habe ich aber bisher keinerlei Beträge", erklärte Risch. Rechnungen ohne genaue Zahlen seien nicht machbar und seiner Meinung nach unseriös.

Sehr emotional formulierte Gemeinderätin Elisabeth Kreis (SPD) in diesem Zusammenhang ihre Meinung: "Wir können doch nicht etwas beschließen, zu dem wir keine Tatsachen haben", sagte sie. Mit diesem Beschluss schreibe man den Leuten einfach etwas vor, das die dann bezahlen müssten. "Ihr denkt's net weit, ihr denkt's nur an euch", warf sie mit Blick auf die CSU in den Raum. Die dadurch ausgelöste Unruhe im Zuschauerraum verbat sich der Rathauschef energisch.

Johanna Pfersich (FW) gab zu bedenken, dass die Anwohner der Kreisstraßen durch die wiederkehrenden Beiträge doppelt belastet würden: Sie hätten schon Lärm und Dreck zu ertragen und sollten nun auch noch zur Kasse gebeten werden.

Bei der folgenden Abstimmung entschieden sich die 16 anwesenden Gemeinderäte, die vier Anträge auf Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses zu den Straßenausbaubeiträgen vom 27. Oktober 2016 abzulehnen. Alle anwesenden Gemeinderäte stimmten in gleicher Weise wie im Oktober ab. Da ein Ratsmitglied fehlte, blieb der Rat damit mit neun (CSU: 5, FW: 2, SPD: 2) zu sieben Stimmen (CSU: 0, FW: 5, SPD: 2) bei den wiederkehrenden Beiträgen.

Im Anschluss an die Abstimmung legte Bürgermeister Risch das Problem dar, dass die neue Satzung eigentlich ab dem 1. Dezember 2016 gültig und er damit verpflichtet sei, Anfang des kommenden Jahres die 2016 erfolgten Baumaßnahmen abzurechnen. Da er aber einerseits ja noch keine konkreten Zahlen habe und andererseits ein Bürgerbegehren und eventuell auch ein Ratsreferendum im Raum stünden, schlug er vor, das Inkrafttreten der am 27. Oktober 2016 beschlossenen Satzung zunächst auszusetzen und einen Beschluss darüber ins Frühjahr zu verlegen. Dann würden die aktuellen Baumaßnahmen allerdings erst 2018 abgerechnet. "Wir vertun uns da nichts", erklärte der Bürgermeister und fügte - nur wenig begeistert - hinzu: "Wir machen jetzt den Vorreiter für den Freistaat Bayern." Der Gemeinderat nahm den Vorschlag auf Aussetzung des Inkrafttretens der neuen Satzung einstimmig an.