Weichering
Fliegendes Bett, grollender Vulkan, dumme Piraten

"Pippi Langstrumpf auf den sieben Meeren" – Temperamentvolle und witzige Premiere in Weichering

21.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Kurz vor der Landung mit dem fliegenden Bett - Foto: Hammerl

Weichering (ahl) Am Ende gibt es kein Halten mehr. Nach einer quicklebendigen, technisch ausgeklügelten, mit Temperament und Witz gespielten Premiere von „Pippi Langstrumpf auf den sieben Meeren“ stürmen viele Kinder die Bühne der Theatergruppe Lichtenau.

Ansatzweise hat es das bereits zuvor gegeben, dass es die Kleinen nicht auf den Plätzen gehalten hat – einen Blick in die Schatztruhen zu werfen, ist auch gar zu verlockend. Und ein Indiz dafür, wie packend die Inszenierung Dieter Schmidls und seines Teams ist, einer stringenten, temporeichen Inszenierung, die es an Humor nicht fehlen lässt, sich aber nie an den Abgrund des Klamauks begibt. Großes Lob gilt neben den versiert agierenden Schauspielern dem Komparsentrupp der Piraten, die eigentlich Statistenrollen innehaben, daraus aber ein Maximum herausholen. Immer in Bewegung, immer aktiv, nie hölzern, sondern absolut überzeugend in ihrer Tölpelhaftigkeit, ihrer Furcht vor Pippi und ihrer Dummheit, über die schlaue Kinder siegen.

Ein Familientheaterstück hat die Theatergruppe angekündigt und ihr Versprechen rundum gehalten. Alle Generationen sind vertreten, und vom Kindergartenkind bis zum Großvater amüsieren sich alle prächtig. In den ersten Reihen sitzen die Jüngsten und wachen mit Argusaugen über Pippi (keck und selbstbewusst wie Pippi: Teresa Schmidl ) und ihre Freunde Tommy (immer für eine trockene Bemerkung gut: Marco Schmidl) und Annika (absolut überzeugend in der Rolle des braven Mädchens und Bedenkenträgers: Simone Biebl). Auf die Zuhörer ist Verlass. Als Annika und Tommy das Codewort der Piraten nicht verstanden haben, helfen sie aus und schrecken auch nicht davor zurück, Seeräuber in die Irre zu schicken.

Herrlich komisch die Piraten Blut-Svente (der etwas hellere Kopf: Dieter Schmidl) und Messer-Jocke, den Christian Mayr so richtig strohdoof und dennoch irgendwie liebenswert darstellt. Ihr Debüt geben Stefan Biebl als einäugiger Oskar und Christoph Mahlo in Doppelrolle als Kalle und Wirt. Beide fügen sich bestens ins Ensemble ein. Mit Bravour hat Bühnenbauer Rainer Bachmeier die schwierige Aufgabe gemeistert, Piratenschiff, Villa Kunterbunt, Turm- und Kellerverlies in der Piratenburg, Brunnen mit geräumigem Unterbau als Versteck, tropisch angehauchte Insel, karge Schatzinsel und viele kleine Details zu einer stimmigen, simultan bespielbaren Bühne zusammenzustellen. Stark gefordert ist auch Heinz Graswald an Ton und Technik. Effekte wie schwebendes Bett oder fliegendes Propeller-Fahrrad, das die Helden durch einen aktiven Vulkan aus rotem Licht, Grollen und Rauch trägt, sorgen für Spannung und verleihen der Inszenierung Pepp. Umbaupausen werden raffiniert überbrückt, denn während Pippi, Tommy und Annika – alle drei offenbar schwindelfrei – ihre Abenteuer oben unter der Decke der Schweigerhalle in Weichering bestehen, wird hinter verschlossenem Vorhang eifrig gewerkelt. Musik und Gesang, ein Markenzeichen der Lichtenauer Theatergruppe, dienen mal als Umbaupausenfüller, mal sind sie direkt ins Stück integriert, immer aber sind es bekannte Melodien aus den unsterblichen Pippi-Filmen.

Die aufwendige Inszenierung einschließlich sprechendem Papagei und mit dem Kopf wackelndem Schimmel sowie etlichen Ausflügen der Akteure in den Zuschauerraum hat sich gelohnt, das Stück kommt bestens an, wird ausgiebig beklatscht und gefeiert. Von solchem Familientheater darf’s gern mehr sein.