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"Ein großer Verlust"

Ingolstädter Künstler und Weggefährten würdigen Alf Lechner und bedauern seinen Tod

26.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

"Gespannter Bogen" heißt die Lechner-Skulptur vor dem Kavalier Elbracht (ganz oben) aus dem Jahr 1998. Der Stadtrat beschloss vor einigen Jahren, sie für 100 000 Euro anzuschaffen - nicht jeder verstand das. Seinen letzten großen öffentlichen Auftritt hatte Alf Lechner 2015, als er in seinem Museum mit vielen Ehrengästen seinen 90. Geburtstag feierte. Oben rechts spiegelt er sich in einem seiner Kunstwerke. ‹ŒArch - fotos: Hauser

Ingolstadt (DK) Auch für die Ingolstädter, die Alf Lechner in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten begleitet haben, ist sein Tod ein großer Verlust. Alt-Oberbürgermeister Peter Schnell erfuhr gestern erst durch den Anruf des DK vom Tod des großen Künstlers. Lechners Tod sei bedauerlich, sagte Schnell. Er habe ihn sehr geschätzt.

"Er hat eine neue Welt geöffnet", erklärte Schnell. "Mit seinen Arbeiten und mit seiner Persönlichkeit." Er sei froh, dass es Anfang des Jahrtausends gelungen sei, den Künstler mit seinem Museum nach Ingolstadt zu holen. "Unser Finanzbürgermeister Hans Amler hat sich da sehr eingesetzt", sagte Schnell (OB von 1972-2002, kleines Foto, Foto: Eberl). Widerstände, auch im Stadtrat, seien durchaus vorhanden gewesen. "Und so ganz ist er auch in der Bevölkerung nicht angekommen." Er habe aber von Anfang an gewusst, dass dieser Künstler der Stadt zu einem Aufbruch verhelfen könne. "Unglaublich, was er aus dem Metall gemacht hat.", sagte Schnell. Er selbst besitze eine kleine Skulptur Lechners - "etwas ganz Besonderes". Als Einziges bedauere er, dass es ihm nicht gelungen sei, Lechner stärker ins Kulturleben der Stadt mit einzubinden. "Irgendwie hatte er das Gefühl, als Einzelgänger wahrgenommen zu werden. Und viele sind auf Distanz geblieben." Vielleicht habe das auch an der Person gelegen. "Das Konventionelle lag ihm überhaupt nicht. Er war eben ein Grenzgänger - auch in der Gesellschaft."

Auch für Kulturreferent Gabriel Engert (kleines Foto, Foto: Hauser) ist der Tod Alf Lechners "ein großer Verlust". Einerseits persönlich, denn der Künstler sei für ihn in den 20 Jahren ihrer Bekanntschaft ("wir hatten wirklich sehr viel miteinander zu tun") ein väterlicher Freund geworden. Andererseits aber vor allem für die Stadt. "Lechner war einer der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts überhaupt", sagte Engert. "Und er hat für Ingolstadt schon deswegen eine wichtige Funktion gehabt, weil mit ihm eine internationale Ausstrahlung, eine Weltläufigkeit in die Stadt kam." Die natürlich auch durch ein neues, modernes, dauerhaftes Kunstmuseum. Denn am Alf-Lechner-Museum, das am 21. Februar 2000 eröffnet wurde, wird sich nichts ändern: Die Stiftung, so Engert, führe das Haus unverändert fort, Ideen und Konzepte für kommende Ausstellungen gebe es längst.

Die Skulpturen Alf Lechners prägen den öffentlichen Raum Ingolstadts. Dennoch sind viele Schanzer mit seinem Werk nie wirklich warm geworden, findet auch Werner Kapfer (kleines Foto, Foto: privat), Vorsitzender des Berufsverbandes Bildender Künstler Oberbayern Nord und Ingolstadt: "Er hat die spröde Konkrete Kunst mit einer Materialität kombiniert, mit der manche Schwierigkeiten haben", sagte er. Zu einer Zeit, in der die Automobilindustrie alles getan hat, um Rostfraß an Karosserien zu verhindern, hat der Künstler mit seinen großen Rostarbeiten doch so manchen provoziert. "Dieses allgemeine Unverständnis für diese Kunst in Ingolstadt hat überregional Beachtung gefunden", erinnert sich Kapfer. Immerhin habe das dazu geführt, dass über die Arbeiten gesprochen wurde. "Denn es gab immer auch die Befürworter", so Kapfer. "Wer einfach gesagt hat ,So ein Schmarrn', der hat schon auch schwer Kontra gekriegt."

Auch Hubert Klotzeck (kleines Foto, Foto: Conny Mirbach), der Vorsitzende des Ingolstädter Kunstvereins, würdigt Lechner: Nach Fritz König, der am 22. Februar in Landshut im Alter von 92 Jahren gestorben ist, verliere die Kunstwelt mit Alf Lechner eine weitere bedeutende Größe der zeitgenössischen Kunst, ja "einen der bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauer", der auch als Maler, Grafiker, Industriedesigner und Lichttechniker tätig gewesen sei. "Mit dem nach seinem Namen benannten Museum wurde ein wunderbarer Ort für die zeitgenössische Kunst und ein kulturelles Zentrum in der Stadt Ingolstadt geschaffen, mit dem Skulpturenpark in der ehemaligen Eisenhütte in Obereichstätt ein Kunstrefugium, das in Deutschland seinesgleichen sucht", erklärte Klotzeck gestern. Mit Lechner und König verliere die Welt zwei große Künstlerpersönlichkeiten.