Vohburg
Als Vohburg noch eine Burg hatte

Der neue szenische Stadtrundgang erzählt vom Leben im Mittelalter Heute offizielle Premiere

21.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:38 Uhr

Foto: Markus Meßner

Vohburg (DK) Die arme Frau schreit vor Schmerzen. Sie trägt einen Verband um den Kopf und hält sich die Backe. Ein Bader tritt auf und bietet seine Hilfe an: "Habt keine Angst, habt keine Bange - Zahnweh vergeht mit dieser Zange." Beim Anblick der Beißzange schwillt das Wehklagen der Frau noch einmal an.

Doch was bleibt ihr übrig. Sie setzt sich zögernd auf den Stuhl, der Bader kommt über sie, setzt sein Werkzeug an - und mit einem Ruck hält er den blutigen Zahn. Das Publikum lacht und applaudiert.

Was sich im Mittelalter durchaus so schmerzhaft abgespielt haben könnte, sorgt im Jahr 2016 im Burginnenhof in Vohburg für amüsante Unterhaltung. "Leben auf der VohBurg" heißt der neue szenische Stadtrundgang mit den Fuchsburgzauberern. Heute Abend ist die offizielle Premiere mit geladenen Gästen. Nach dem überwältigenden Erfolg der Napoleon-Führungen im vergangenen Jahr haben sich die Fuchsburgzauberer dieses Mal der Burg in der Herzogsstadt angenommen.

Die beiden Stadtführer Peter Sixt und Martin Schels stehen im Foyer der Mediathek und haben ein Problem. "Die Burg ist nicht mehr da", sagt Sixt. Doch genau darum soll es heute gehen. "Wir wollen euch von einer Zeit erzählen, als Vohburg noch eine Burg hatte." Mithilfe der großen Multimediawand erklären die Stadtführer anhand einer Rekonstruktion, wie die Burg früher wohl einmal ausgesehen hat. Es gibt Bilder, die - mal mehr, mal weniger authentisch - einen guten Eindruck davon vermitteln, wie imposant das Gebäude einmal gewirkt haben mag.

Nach dieser kurzen Einführung geht die Gruppe in den Keller des Pflegerschlosses. Dort werden die Gäste Zeugen eines Gesprächs der neuen hochgelobten Burgköchin mit einem alten Diener. Es geht um die Küche jener Zeit. Um kostbare Gewürze aus dem unvorstellbar weit entfernten Indien. Um verrauchte Küchen und den Luxus eines Kamins. Nach der Szene fügen die Stadtführer noch weitere Informationen und kleine Geschichten hinzu. Etwa, dass es damals nur Spieße und keine Gabeln gab, weil die Zacken an den Teufel erinnern und woher die Redewendung "Den Löffel abgeben" kommt.

Dass diese Burgköchinnen-Szene im Keller des Pflegerschlosses spielt, ist zwar nicht authentisch, denn das Gebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert. Aber das Gewölbe transportiert die richtige Atmosphäre und die wieder einmal aufwendig gestalteten Kostüme überzeugen bis ins kleinste Detail.

Mit diesem szenischen Stadtrundgang haben sich die Fuchsburgzauberer eine Mammutaufgabe aufgeladen. Denn die Führung bewegt sich in einem immens langen Zeitraum, etwa von 800 bis 1600. Unzählige Herrscher sind in dieser Zeit gekommen und wieder gegangen, die Burg wurde wiederholt zerstört und wieder aufgebaut. Und genau genommen ist die wohlbekannte Baderstochter namens Agnes Bernauer nicht mehr als eine kleine Randnotiz in der Geschichte.

Schels und Sixt erzählen davon, wie die Menschen wohl im Mittelalter auf der Burg und im Schatten derselben gelebt haben. Sie genossen einerseits den Schutz des Patrons, mussten andererseits dafür aber den Zehnt bezahlen, also die Steuer. Auch dieses Thema wird in einer amüsanten Szene im Burgtor aufgegriffen. Darüber hinaus geht es um die Bedeutung Vohburgs, beispielsweise als Finanzamt der Wittelsbacher. Bei einem Rundgang durch den Burginnenhof greifen sich Sixt und Schels einzelne Aspekte heraus und vermitteln diese anschaulich. Die beiden letzten Szenen spielen dann in der Stadt außerhalb der Burgmauer.

Am Ende ist es vor allem die gelungene Kombination aus den Szenen und den Informationen der Stadtführer, die den Rundgang zu einer kurzweiligen und gleichzeitig lehrreichen Veranstaltung machen.