Ingolstadt als Fahrradstadt im Praxistest

12.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:31 Uhr
Wo geht’s lang? An dieser Baustelle entstehen gerade zwei Rechtsabbiegespuren von der Westlichen Ringstraße in die Harderstraße. „Bleibt unsere Sicherheit auf der Strecke?“, fragen sich Sabine Hartmann (links) und Thomas Kirchhammer von der Initiative „Besser radeln in Ingolstadt“. −Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Das Frühjahr naht: Da schwingen sich viele Menschen in den Sattel und treten in die Pedale. Die Initiative „Besser radeln in Ingolstadt“ zeigt auf einer Tour, wo das Fahrrad schon Vorfahrt hat und wo es noch hakt.

Im Oktober 2016 hat der Stadtrat das Mobilitätskonzept für den Radverkehr verabschiedet. Zentraler Punkt ist ein Netz von Vorrangrouten, um mehr Sicherheit zu schaffen und das Radfahren für jene attraktiv zu machen, die bisher das Auto als Verkehrsmittel bevorzugen. Ein Thema sind auch eigene Lichtsignale für Radfahrer, die kürzere Reisezeiten gewährleisten, sowie überall ein sicheres und bequemes Fahrradparken. Das Mobilitätskonzept zielt darauf ab, den Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr in den nächsten sieben Jahren um 20 Prozent zu steigern.



 

Vorgezogene Aufstellspuren - ein Pluspunkt

Es freut Radfahrer, wenn sie an einer Ampel ganz offiziell auf der Pole-Position vor den Autos stehen: An der Kreuzung Münchener Straße/Reuchlinstraße/Windbergerstraße ist das bereits der Fall – dort gibt es sogenannte vorgezogene Aufstellspuren. Die erfüllen jedoch nur ihren Sinn, wenn die Autofahrer die markierten Bereiche freihalten, was zu Stoßzeiten gerade in der Reuchlinstraße nicht immer der Fall ist: Dort ist für Radler oft kein Durchkommen möglich, da die Autos so dicht gedrängt stehen.

Sabine Hartmann von der Initiative „Besser radeln in Ingolstadt“ (Brain) fände es gut, wenn es solche Aufstellspuren in der Friedhofstraße vorm Kreuztor gebe: „Dort ist die Durchfahrt so schmal, dass man als Radfahrer oft von Autos ausgebremst wird.“ Gerade für die vielen Schüler wäre so mehr Sicherheit gewährleistet. 
 

Warterei an Ampeln - ein Minuspunkt

Fußgänger und Radfahrer sind in Geduld geübt. Denn in der Regel sind Ampeln so programmiert, dass der Autoverkehr zügig fließt. Das ist auch an der Kreuzung Ettinger Straße bei der neuen Unterführung so. Wer als Radfahrer stadtauswärts von der Ettinger Straße kommend links abbiegen will, der braucht fast drei Minuten, um alle Ampeln zu passieren. Man kommt auch bei Grün nicht in einem Zug über die Hindenburgstraße, sondern muss in der Fahrbahnmitte bei Rot kurz absteigen.

„Wenn man Radfahrern an Ampeln mehr Zeit geben würde, kämen halt nur 10 statt 15 Autos durch,“ sagt Thomas Kirchhammer. „Noch wird meist der Autoverkehr begünstigt. Wenn jedoch der Radverkehr in Ingolstadt Priorität haben und weiterentwickelt werden soll, setzt das ein Umdenken voraus.“
 

Netz von Vorrangrouten - ein Pluspunkt

Auf Vorrangrouten sollen Radfahrer schnell und sicher vorwärtskommen. Eine solche Route ist im Süden geplant: Vom Brückenkopf geht es an der Donau auf der Parkstraße und Luitpoldstraße weiter in die Gemmingerstraße. Laut Thomas Kirchhammer vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) und von Brain müssen Autofahrer, die auf der Rankestraße oder auf dem Baggerweg unterwegs sind und die Route kreuzen, Radfahrern künftig Vorfahrt geben.

Bisher gilt an diesem verkehrsreichen Knotenpunkt rechts vor links. Um alle Verkehrsteilnehmer auf die Änderung aufmerksam zu machen, soll die Vorrangroute mit roter Farbe markiert werden. „Das wird eine ideale Verbindung vom Südwesten in die Innenstadt oder zu Audi“, freut sich Kirchhammer. Weitere Vorrangrouten, etwa zum Klinikum, sind geplant.
 

Ärgerliche Umwege - Ein Minuspunkt

Radfahrer mögen keine Umwege, denn die rauben Zeit und Kraft. Entlang des Glacis verläuft der Radweg streckenweise parallel in beiden Richtungen. An der Kreuzung Neuburger Straße ist dann jedoch Schluss: Wer von Norden kommend zum Kreuztor will, der muss als Radfahrer zwei-Mal die Straßenseite wechseln und dabei sechs (!) Ampeln überqueren. „Ein Riesenumweg“, schimpft Thomas Kirchhammer von der Initiative „Besser radeln in Ingolstadt“ (Brain).

Weiterer Kritikpunkt: Es gibt zwar extra Signalanlagen für Radfahrer, die Grünphasen sind jedoch wie die der Fußgänger. „Die Freigabezeiten für Radler könnten länger sein“, so Kirchhammer. „Ansonsten ist das Radfahrer-Signal überflüssig.“ In Stoßzeiten verstopfen regelmäßig Autos die Westliche Ringstraße, so dass Radfahrer nicht queren können.