Unsernherrn
Der einsame Lotse

Wie Norbert Müller aus Langenmosen den Verkehr in Unsernherrn regelte und zu einem Helden des Barthelmarkts wurde

28.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:35 Uhr

−Foto: privat/AHL|Hammerl, Andrea,

Unsernherrn (ahl) "Die Ampel ist kaputt - ich rette den Barthelmarkt." Das postete Norbert Müller (kleines Foto) am Freitagabend gegen 23 Uhr: Er ließ seine virtuellen Freunde teilhaben an seiner Aktion zugunsten des Verkehrsflusses auf der Münchner Straße in Unsernherrn. Gut eine halbe Stunde lang hatte der Lackierer aus Langenmosen an der defekten Fußgängerampel beim Peterwirt den Verkehr geregelt und dazu beigetragen, dass auch Krankenwagen und Polizeiautos - davon waren offenbar jede Menge am Freitagabend unterwegs - an ihr Ziel kamen.

Spontan und ehrenamtlich, wie es seine Art ist.

Norbert Müller ist der Typ, der einfach zupackt, wenn er einen Missstand sieht. Eigentlich wäre er am Freitagabend gar nicht nach Unsernherrn gefahren. "Ich wollte nur bei meiner Bank Geld abheben", erzählt er, "aber in Manching waren beide Automaten leer." Also fuhr er weiter nach Unsernherrn und musste selbst an der roten Ampel warten. "Es herrschte Chaos, die Leute hupten, nichts ging voran", schildert er die Situation.

Fahrer für Fahrer tastete sich irgendwann weiter, wenn er merkte, dass die Fußgängerampel offensichtlich defekt war und auf Dauerrot für die Autos stand. So kam auch Müller irgendwann zu seiner Bank, hob Geld ab und beobachtete die Situation. "Vorm Gasthaus standen drei Jungs, die erzählten mir, dass die Ampel schon länger defekt sei", fährt er fort. Die Burschen hätten auch schon die Polizei angerufen gehabt. Angeblich solle die Elektronik schon in den Tagen davor Probleme gemacht haben.

Um die Zeit bis zum Eintreffen der Polizei zu überbrücken, begann Müller, den Verkehr wieder zum Fließen zu bringen. Sobald Radfahrer oder Fußgänger kamen, hielt er die Autos an, so dass die Fahrbahn sicher überquert werden konnte. Der Anruf war um 22.45 Uhr bei der Polizei eingegangen, vor Ort war eine Streife der Verkehrspolizeiinspektion um 23.16 Uhr, teilte Pressesprecher Jürgen Weigert vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord auf DK-Anfrage mit.

Die Streife übernahm dann die Verkehrsregelung, bis kurz vor Mitternacht die Ampelbereitschaft eintraf und das Problem löste. "Zur Nachahmung empfehlen wir solche Privatinitiativen nicht unbedingt", meint Weigert, "vor allem nicht in einem Kreuzungsbereich". Das könne nicht nur gefährlich werden, sondern möglicherweise sogar Haftungsfragen nach sich ziehen. Im vorliegenden Fall habe es sich wohl mehr um eine Lotsenfunktion für Fußgänger und Radfahrer gehandelt.

Müller war jedenfalls wie erschlagen nach seinem Einsatz. "Ich dachte mir, das hört ja nie auf", erzählt er. "Die halbe Stunde fühlte sich an wie mindestens zwei Stunden." Weshalb er sehr froh war, als die Ablösung kam. "Die Polizei hat sich bei mir bedankt", beendete er seinen Post im sozialen Netzwerk - und gönnte sich ein Bier auf dem Barthelmarkt.