Karlskron
Die lange Suche

Auch einen guten Monat nach der Bluttat von Karlskron äußern sich die Ermittler nicht zu ihren Erkenntnissen

21.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:06 Uhr
Gespenstische Stimmung am Abend des mysteriösen Karlskroner Tötungsdeliktes in unmittelbarer Tatortnähe. Auch einen guten Monat später bleibt der Fall nebulös. −Foto: Hauser/Archiv

Karlskron/Ingolstadt (DK) Viereinhalb Wochen ist es jetzt her, dass in Karlskron ein 18-jähriger Bulgare erstochen worden ist.

Viereinhalb Wochen, in denen aus Ermittlerkreisen nicht die geringste Andeutung zu etwaigen Fortschritten bei der Suche nach dem Täter gemacht worden ist. Es werde in alle Richtungen ermittelt, hieß es mehrfach seitens der federführenden Ingolstädter Staatsanwaltschaft - ob sich dabei auch nur der Hauch einer Spur ergeben hat, bleibt der Öffentlichkeit bislang verborgen.

Aus ermittlungstaktischen Gründen, so hieß es wiederholt bei den Verantwortlichen, müsse man sich mit Informationen für die Medien und damit für die Allgemeinheit bedeckt halten - ein Argument, das sicher respektiert werden muss, das aber auch suggeriert, dass es Verdachtsmomente geben könnte. Denkbar ist freilich auch, dass die Ermittler weiterhin völlig im Dunkeln tappen. Angeblich kümmert sich eine achtköpfige Sonderkommission der Ingolstädter Kripo um den Fall. "Sie arbeiten dran", sagt Karlskrons Bürgermeister Stefan Kumpf. Mehr weiß auch er nicht.

Es ist eine Tat, die die Karlskroner bis heute beschäftigt - weil sie für den kleinen Ort im Donaumoos so ungewöhnlich und gravierend ist wie nichts in den vergangenen Jahren, und weil das Unbehagen nicht schwinden will, das die Ungewissheit über den Täter mit sich bringt: Lebt da jemand mitten unter den Menschen des Ortes, der ein junges Leben auf dem Gewissen hat? Oder war dieses Tötungsdelikt das Werk eines Auswärtigen, der mit dem Opfer nur kurz zu tun hatte, es vielleicht nur flüchtig kannte?

Der junge Bulgare, der da am späten Abend des 19. September unweit der Ortskirche in seinem Blut gelegen hatte und kurz darauf in einer Klinik gestorben war, galt offiziell noch als Schüler. Er hatte mit seiner Familie zwar mitten im Ortskern, aber dennoch am Rande der Gesellschaft gelebt: Die Familie ist obdachlos, ist von der Gemeindeverwaltung auf unbestimmte Zeit in einem Wohncontainer auf einem kommunalen Grundstück untergebracht worden.

Unmittelbar nach dem Tod des jungen Bulgaren waren die Angehörigen von Gemeinde und Landratsamt für kurze Zeit in eine andere Notwohnung in Neuburg umquartiert worden, weil die Kripo routinemäßig auch in ihrem Container nach Spuren suchen musste. Inzwischen konnten die Bulgaren aber nach Karlskron zurückkehren. Zur angestammten Bevölkerung gab es angeblich schon vormals wenige bis keine Kontakte. Auch jetzt, nach ihrem dramatischen Verlust, leben die Hinterblieben offenbar sehr zurückgezogen. Das Mitgefühl, die Hilfsbereitschaft im Ort sei sicher da, sagt Bürgermeister Kumpf, doch es habe sich so recht keine Brücke bauen lassen. Man respektiere natürlich, wenn die Familie eher für sich bleiben wolle.

Der Leichnam des getöteten jungen Mannes ist inzwischen nach Bulgarien überführt und im Heimatort der Familie beigesetzt worden. Der durchaus kostspielige Transport sei für die Hinterbliebenen allein kaum zu stemmen gewesen, weiß der Bürgermeister. Umso erfreulicher sei der Umstand, dass der Familienvater an seiner neuen Arbeitsstelle in Rain am Lech sofort große Unterstützung erfahren habe. Dort hätten Kollegen bei einer Spendensammlung die nötige Summe aufgebracht. In Karlskron hoffe man nun, dass sich die finanzielle Situation der bulgarischen Mitbürger durch den neuen Broterwerb des Mannes generell bessern werde und für die Familie die Zeit der Obdachlosigkeit beizeiten beendet werden könne.

Auch gestern hat die Staatsanwaltschaft auf DK-Anfrage lediglich mitgeteilt, dass die Ermittlungen in dem Fall andauern. Auch Gemeindeoberhaupt Stefan Kumpf kann also seinen Bürgern bei den täglichen Begegnungen und Gesprächen im Ort nicht mehr sagen als bislang. "Ich würde ja gerne mehr wissen", sagt der Bürgermeister im Gespräch mit dem DK, "denn schließlich bin ich ja der, der ständig gefragt wird. " Vorerst wird Kumpf Antworten schuldig bleiben müssen.

Bernd Heimerl