Mailing/Feldkirchen
Diese Burschen packen an

16.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:25 Uhr

Gute Resonanz auf den DK-Besuch: Bürger im Gespräch mit Redaktionsmitglied Georg Sonnenberger (rechts). - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Die östlichen Stadtteile Mailing und Feldkirchen haben mit ihrem Burschenverein eine Tradition wiederbelebt, die vor allem im ländlichen Raum noch häufig zu finden ist. Für eine Großstadt ist sie hingegen eher die Ausnahme.

Und nicht nur, weil an diesem Abend der DK vorbeischaut, tragen die meisten ihr dunkles Poloshirt mit dem Vereinsemblem: Alle verspüren sie Stolz, dazuzugehören.

Und in den beiden östlichsten Ingolstädter Ortsteilen ist man stolz, auf diesen Verein zählen zu können, den es so lange nicht gab: Erst vor sechs Jahren ist die Neugründung gelungen - ganze 77 Jahre, nachdem der Ursprungsverein im Gleichschaltungswahn der Nazis verschwunden war. Ralf Schreiber, inzwischen Vorsitzender des örtlichen Bezirksausschusses, hatte Gleichgesinnte zusammengeführt. Vielleicht auch, weil er eine gewisse familiäre Verpflichtung sah: Sein längst verstorbener Großvater war vor dem Krieg letzter Vorsitzender des alten Burschenvereins gewesen. Er wäre sicher froh, wenn er die heutige Generation so beisammen sehen könnte.

Inzwischen ist Schreiber in die passive Fraktion des Vereins gewechselt - aus Altersgründen, wie man wohl sagen muss: Er ist jetzt nämlich 36, und die Vereinssatzung sieht eine aktive Mitgliedschaft nun mal nur von 15 bis 35 Jahren vor. Der zweite Grund, in die Reihe der Passiven zu wechseln, wäre eine Eheschließung, denn ein aktiver Bursche muss natürlich Junggeselle sein. 103 der 135 Mitglieder erfüllen derzeit alle Kriterien für ein aktives Dabeisein, und damit stellt sich der Burschenverein als Gemeinschaft mit viel Substanz dar. Genug jedenfalls, um im Mailinger und Feldkirchener Miteinander eine wichtige Rolle zu spielen.

Die Leute in den beiden Ortsteilen wissen es auch so, aber für Städter, die selten bis nie von solch einem Verein gehört haben, sei es betont: Ein Burschenverein ist kein Feigenblatt für Trinkgelage. Feiern können die Mitglieder zwar auch, aber das ist nicht der Zweck der Sache. Vielmehr geht es um Gemeinschaftsgefühl und Verantwortung für die Dorfgemeinschaft. Deshalb sind Altkleidersammlungen und Integrationsarbeit für jugendliche Flüchtlinge, Flurreinigungen und spontane Hilfsbereitschaft, wenn mal irgendwo im Ort anzupacken ist, Selbstverständlichkeiten für die Aktiven. Dass man sich auch untereinander hilft, ist ebenso klar, und dazu gehört, dass man sich einbringt und achtet: Man wolle die männliche Jugend im Ort "zusammenbringen und zu Freunden machen", heißt es auf der Homepage des Vereins, und das betonen auch der aktuelle Vorsitzende Johannes Hengl (23) und sein Führungskreis. Mittlerweile, sagt der Vereinschef, ist es für viele Jugendliche eine richtige Ehrensache, mit Vollendung des 15. Lebensjahres in die Gemeinschaft einzutreten. Ralf Schreiber erzählt von einem jungen Mann, der gleich am 15. Geburtstag die familiäre Feier sausenließ und sich bei den Burschen eingereiht hat.

Der Burschenverein ist der Gegenentwurf zur Anonymität der Stadt und zum Cliquenwesen moderner Jugendkultur. "Wir wollen auch bairisches Brauchtum pflegen", betont Schriftführer Florian Siegl (23). Dazu gehört das offizielle Auftreten in Lederhosen und die Teilnahme an Festzügen ebenso wie die Besinnung auf eine alte Vereinstradition: Nächstes Jahr zu Himmelfahrt soll endlich die bislang noch fehlende Vereinsfahne geweiht werden - und die Mailinger und Feldkirchener werden mitfeiern im Festzelt.

Dass es zünftig zugeht bei den Burschen, beweisen sie inzwischen auch beim Maibaumaufstellen und bei den Fahrten (im zweijährigen Turnus) in Ingolstadts italienische Partnerstadt Carrara. Auch lockere, hippe Sachen sind dann und wann angesagt: Die Beachparty "Mailing goes Malle" ist sicher etwas, was jeder junge Einwohner im Ingolstädter Osten auf dem Schirm hat. Und dann gibt es ja auch noch gute Kontakte zum Vereinspendant für die jungen Damen aus dem Ort, dem "Mailinger Madl". Aber das ist eine andere Geschichte, die der DK ein anderes Mal erzählt.