Schlagabtausch zum Thema Leiharbeiter

18.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:29 Uhr

Kontroverse Diskussion: Wolfgang Braunmüller vom Personaldienstleister Augusta, Matthias Stief von der gleichnamigen Personalmarketing GmbH, Moderatorin Birgit Harprath, Johann Horn (IG Metall) und, Sozialpfarrer Friedemann Preu diskutierten über Leiharbeit (von links). - Foto: Stadik

Ingolstadt (DK) Das Thema Leiharbeiter ist sehr umstritten, wie sich nun erneut bei einer Diskussion zeigte. Während die Personaldienstleister auf ihre wichtige Rolle auf dem Arbeitsmarkt hinwiesen, warnten Kritiker vor den schwarzen Schafen in der Branche.

"Verliehen und verkauft" lautete das zentrale Motto der Podiumsdiskussion beim 4. Ingolstädter Sozialpolitischen Buß- und Bettag, zu dem mehrere Organisationen am Dienstagabend in das Gewerkschaftshaus geladen hatten. Gut 50 Gäste erlebten einen spannenden Schlagabtausch über die Beschäftigung von Zeit- und Leiharbeitern. Die Moderatorin Birgit Harprath berichtete von einer "sehr massiven Zunahme" der Arbeitnehmerüberlassung in den vergangenen Jahren und zitierte eine Studie, wonach jeder zehnte der derzeit rund 600 000 Leiharbeiter in Deutschland zusätzlich Hartz-IV-Leistungen beziehen müsse, um überleben zu können.

Nach den Beobachtungen von Johann Horn, dem Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Ingolstadt, sei die Zahl der Leiharbeiter in der Krise zwar verringert worden. Aber die Anzahl werde wieder ansteigen, weil die Unternehmen sparen wollten. Horn: "Leiharbeit ist heute in den Firmen oftmals ein Instrument zur Kostensenkung." Profitieren würden die Zeitarbeitsunternehmen: "Die können richtig gut verdienen", kommentierte Horn mit Blick auf die Gewinnspanne der Personaldienstleister. Selbstkritisch räumte der IG-Metall-Chef ein, dass Gewerkschaften und Betriebsräte das Problem zu lange nicht wahrgenommen hätten. Allerdings habe es jahrelang auch zu wenig gewerkschaftlich organisierte Leiharbeiter gegeben.

Sozialpfarrer Friedemann Preu aus Nürnberg klopfte sich an die eigene Brust und betonte die Vorbildrolle der Kirchen, die als Arbeitgeber ebenfalls faire Löhne an die Zeitarbeiter zahlen müssten. Der stellvertretende Leiter des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (kda) Bayern warnte davor, Menschen als Beschäftigte zweiter Klasse zu behandeln. "Wir erleben einen schleichenden Ausverkauf des Wertes von Arbeit", meinte Preu. Schuld daran trage auch der Staat: "Mir wird immer wieder berichtet, dass die Unternehmen durch die Arbeitsagenturen Menschenfutter bekommen." Arbeitssuchende, so der Sozialpfarrer, würden dazu gezwungen, zu jeder Bedingung in den Betrieben anfangen zu müssen. "Dieses System müssen wir durchbrechen", forderte Friedemann Preu.

Matthias Stief, Geschäftsführer der Stief Personalmarketing GmbH in Ingolstadt, schilderte den Wandel auf dem Arbeitsmarkt. Weil vielerorts die Personalabteilungen in den Betrieben verkleinert worden seien, hätten sich die Zeitarbeitsbranche zu kompetenten Partnern der Unternehmen entwickelt. Nach seinen Beobachtungen würden je nach Qualifikation bis zu 30 Prozent der Zeitarbeiter in eine Festanstellung übernommen. "Die soziale Verantwortung liegt bei den Unternehmen", hob Matthias Stief hervor. "Nicht wir schaffen das Arbeitsklima."

Das sah auch Wolfgang Braunmüller so. Der Geschäftsführer des Personaldienstleisters Augusta verwies darauf, dass mittelständische Betriebe heutzutage flexibel sein müssten. "Zeitarbeit sichert Stammarbeitsplätze", sagte das Vorstandsmitglied des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) mit Blick auf die globale Konkurrenz. SPD-Stadtrat Thomas Thöne schilderte seine Probleme, die er mit so einer Argumentation und dem anonymen Wesen "Markt" habe. "Zeitarbeit wird gemacht, um Geld zu verdienen", stellte Thöne seine Sicht dar. Und Manfred Lindner (Die Linke) meinte dazu ergänzend: "Leiharbeit soll die Stammbelegschaft einschüchtern und die Gewinne auf Kosten der Arbeitnehmer maximieren."