Rohrbach
Der Mann fürs Wohlbefinden

Ein Rohrbacher kümmert sich beim Nato-Einsatz in der Türkei um Sorgen und Nöte

22.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:50 Uhr

 

Rohrbach (DK) Ein letzter Check. Alles passt für Stabsfeldwebel Thomas D.. Stromanschluss, Kabel, Boxen – die Anlage funktioniert. Dem Auftritt der deutschen Rockband steht nichts mehr im Wege. Jahrelange Routine, das zahlt sich für den Rohrbacher aus.

Draußen, in unmittelbarer Nähe, stehen fünf Startgeräte für Flugabwehrraketen der deutschen Bundeswehr. Sie gehören zum Patriot-Waffensystem. Die syrische Grenze ist nicht weit. Das von den Deutschen installierte Flugabwehrraketensystem soll Geschosse zerstören, die jenseits der Grenze abgefeuert werden könnten. Die Bundeswehr ist vor Ort, um die Stadt Kahramanmaras und ihre über 500 000 Bewohner zu schützen. Im Südosten der Türkei könnte das täglich passieren. „Das Risiko eines Raketenangriffs ist grundsätzlich immer gegeben“, fasst es Kommandeur Thorsten Ilg zusammen.

Doch heute ist von einer Bedrohung nichts zu spüren. Am Abend ist Party angesagt, für die Kameraden von Thomas D. (der volle Name des Stabsfeldwebels darf aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden) eine willkommene Abwechslung zwischen unzähligen Tag- und Nachtschichten und der Sehnsucht nach Hause.

Der Rohrbacher ist im kargen Südosten der Türkei stationiert. Mit ihm noch rund 260 Soldatinnen und Soldaten. Thomas D. kümmert sich um ihr Wohlbefinden. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mal mit Live-Musik wie heute Abend, mal um die Geräte im Fitnesscenter oder um die perfekte DVD für die Kinovorstellung. „Neulich wurde der Wunsch nach einem Frauenabend geäußert.“ Auch das konnte D. organisieren. Die passende DVD für ein wenig Romantik und Herzschmerz bestellte er in Deutschland. Rund sieben Prozent der Soldaten sind Frauen.

Der Stabsfeldwebel ist für die Betreuung der Truppe zuständig. „Es gibt natürlich Heimweh, da ist es wichtig, dass man zusammenhält und sich den Einsatz so angenehm wie möglich macht.“ Die Schlafunterkünfte sind eng. Im Schnitt teilen sich zwei bis drei Personen eine Stube. Als Ausgleich geht es für viele in das Fitnesscenter. Eine sehr begehrte Freizeitbeschäftigung. Thomas D. deutet auf die modernen Sportgeräte. „Die Ausstattung ist von beträchtlichem Wert. Ich kümmere mich darum.“

Im normalen Leben wohnt der Stabsfeldwebel mit Frau und vier Kindern in Rohrbach. „Ein Dorf mit sehr offenen Menschen. Und die Gegend ist super“, sagt der Familienvater. Stationiert ist er in Manching. „Meine Frau steht voll und ganz hinter mir. Das ist wichtig. Dabei ist der erste Einsatz immer der schwierigste“, gibt der 45-Jährige zu. Er ist viel herumgekommen. Dreimal Afghanistan, mehrere Jahre am Nato-Hauptquartier in Belgien, dazwischen immer mal wieder Deutschland. Die Türkei ist sein mittlerweile vierter Auslandseinsatz.

Die Industriemetropole Kahramanmaras wird im Rahmen der Nato-Luftverteidigung geschützt. Dabei kommt das Waffensystem Patriot erstmals durch die Bundeswehr zum Einsatz. Die Industriemetropole, nur 150 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, liegt in deren Reichweite. Die Hügelkette um die Stadt wirkt fast malerisch. Es ist friedlich hier. So scheint es zumindest. Das prächtige Bild der drittgrößten Moschee des Landes passt so gar nicht ins karge Landschaftsbild.

Fast ein halbes Jahr bleibt der Rohrbacher in der Türkei. Oft denkt er an die Familie zu Hause. An die Weihnachtsmärkte und besonders an die Leberkäs’-Semmeln, die er vermisst. Auch an den Festtagen muss er rund um die Uhr einsatzbereit sein. Gemeinsam mit dem Militärpfarrer plant er den Ablauf der Weihnachtsfeier. „An solchen Tagen ist das Heimweh am stärksten.“ An Heiligabend zusammenzusitzen sei für viele Kameraden das Wichtigste. Die schönste Belohnung ist für den gelernten Programmierer deshalb, wenn die Stimmung unter den Soldaten gut ist.

Zur Bundeswehr kam er eher zufällig. „Die meisten meiner Freunde waren dabei. Für mich war einfach klar, dass ich auch gehe.“ Der gebürtige Rheinländer verpflichtete sich zuerst für vier Jahre und wurde später Berufssoldat. Bereut hat er es nicht.

Draußen wartet schon der neue Seelsorger auf ihn. Die Planung der Weihnachtstage muss besprochen werden. Die Lautsprecher-Boxen funktionieren. Jetzt kann sich Thomas D. neuen Aufgaben widmen.