Pörnbach
Sprache als Schlüssel zur Integration

Asylbewerber im Landkreis Pfaffenhofen lernen Deutsch – zum Teil unterrichten Ehrenamtliche ohne Bezahlung

08.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:56 Uhr

Freuen sich über jede neue Formulierung, die ihnen die Verständigung in der neuen Heimat erleichtert: Gol Dawagol und Hussain Salman mit ihrer Dozentin Arleta Weingärtner - Foto: Zurek

Pörnbach (DK) Ob es in Strömen regnet oder die Sonne scheint – nichts hält Gol Dawagol ab: Zielstrebig begibt er sich in Richtung Schulgebäude. Dort nämlich erwartet den Asylbewerber aus Afghanistan, der in Pörnbach eine zumindest vorübergehende Heimat gefunden hat, ein Deutschkurs.

An der Tür empfängt Arleta Weingärtner den jungen Mann. Sie ist Dozentin an der Volkshochschule und unterrichtet Deutsch als Fremdsprache. Insgesamt zehn Flüchtlinge aus Syrien, Pakistan und Afghanistan haben in dem kleinen Ort mit der bekannten Brauerei ein Anrecht auf kostenlosen Unterricht.

Leicht ist das allerdings weder für die Flüchtlinge noch für die Dozenten. „Die Menschen haben einen sehr unterschiedlichen Bildungshintergrund“, erzählt Weingärtner. Da sitzt ein Analphabet, der zu Hause keine Schule besuchen durfte, neben einem Uniabsolventen. Und jemand, der nur arabische Schriftzeichen lesen kann, neben einem, der gleich mehrere Fremdsprachen beherrscht. „Zum Glück sprechen drei von ihnen sehr gut Englisch und können ein wenig übersetzen“, freut sich die Dozentin. Denn wenn jemand kein einziges Wort versteht, ist die Vermittlung wichtiger Informationen schwierig. „Manche haben zum Beispiel zunächst gar nicht verstanden, dass es einen Deutschkurs für sie gibt“, weiß die Lehrerin. Für sie zählen zur Integrationshilfe auch grundlegende Hinweise auf kulturelle Gepflogenheiten hierzulande – wie etwa die Pünktlichkeit.

Mittlerweile sind auch Saquib Bashir, Adil Hussein und Salman Hussain durchnässt in dem kleinen Raum im Obergeschoss eingetroffen. Radebrechend versuchen sie, ihre Kollegen zu entschuldigen. „Musste Minchen“ oder „ist krank“, so die Begründung. Stolz stellen sie sich dann der Reporterin vor. Für ein wenig Smalltalk reichen ihre Kenntnisse schon.

Eigentlich habe sie ja, wie ansonsten bei Erwachsenensprachkursen üblich, zur Auflockerung mit Familienfotos oder Gegenständen arbeiten wollen, sagt ihre Lehrerin. „Dann musste ich aber schnell feststellen, dass diese Menschen nichts besitzen außer dem, was sie am Leib tragen konnten.“ Die Familie existiert für viele nur als „Bild im Kopf und im Herz“, wie es einmal eine junge Frau aus Uganda formulierte.

Dennoch macht Weingärtner die Arbeit Spaß, weil ihre Schüler motiviert sind. Jener, der Buchstaben anfangs nicht entziffern konnte, „ist besonders eifrig dabei“. Er sei immer bestens vorbereitet, lerne schnell. Wie seine Kurskameraden will er über die gewährten Stunden hinaus gerne weiter machen.

Und dank Uwe Böhnel wird es eine Fortsetzung geben. Der pensionierte, ehemalige Leiter der Schule in Baar-Ebenhausen, wird ehrenamtlich mit dem vom Landratsamt bereitgestellten Lehrmaterial weiter arbeiten. Für den erfahrenen Pädagogen, der vielen türkischen Kindern in Intensivkursen Deutsch beigebracht hat, ist „Sprache die Basis der Integration“.

„Auch an anderen Orten im Landkreis engagieren sich Bürger und unterrichten Asylbewerber ohne Bezahlung“, sagt Christian Huber von der Landkreisverwaltung. Auch er weiß: Je mehr sprachliche Kenntnisse, desto weniger Missverständnisse – nicht nur in puncto Versorgung und Orientierung, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene. Und dann hört man Sätze wie die von Salman und Gol: „Isch nette Nachbarn“ oder „Alle hier gut zu mir“.