Pförring
Kreistagspolitik im Feuerwehrhaus

CSU-Fraktionsvorsitzender Bernhard Sammiller über Bildung, Nahverkehrsplan und Klinikerweiterung

10.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:40 Uhr
„Nur noch normaler Feuerwehrmann“: Nach vielen Jahren auf Kreisebene ordnet sich Bernhard Sammiller heute den Pförringer Kameraden unter. −Foto: Stephan

Pförring (DK) Im Pförringer Feuerwehrhaus hat es tropische Temperaturen. Trotzdem zieht Bernhard Sammiller – extra fürs Foto – seine Einsatzkluft an. Klebestreifen am Helm verraten, dass der 60-Jährige einmal einige Führungspositionen innehatte. Schließlich stammt der Kopfschutz noch aus den 1970er-Jahren, als Sammiller der Mannschaft beigetreten ist.

Die Kameraden mögen ihm verzeihen, dass er keinen neuen mehr haben wolle, sagt der einstige Kreisbrandinspektor. „Jetzt bin ich nur noch normaler Feuerwehrmann bei der Pförringer Feuerwehr, da ordne ich mich unter“, betont er. „Aber 25 Jahre auf Kreisebene kann man nicht einfach ausschalten.“

 

Es ist kein Geheimnis, dass der Feuerwehrdienst für Sammiller mehr als ein Hobby ist, auch wenn er neben den Aufgaben als Pförringer Bürgermeister und Kreisrat kaum Zeit dafür findet. Das wird bei einem Rundgang durch das Gerätehaus deutlich, bei dem er die Feuerwehrautos präsentiert. „Bei einem Einsatz war ich lange nicht aktiv, aber ich erhalte die Benachrichtigungen auf dem Meldegerät“, sagt Sammiller. Als Bürgermeister einer ländlichen Gemeinde komme er sowieso oft an Einsatzorten hinzu.

„Mit der Schulstruktur sind wir im Landkreis sehr gut aufgestellt.“

 

 

 

Und dann ist der 60-Jährige noch CSU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag des Landkreises Eichstätt. „Man braucht ein straffes Zeitkonzept, um alles auf die Reihe zu bekommen“, sagt er, während er in den Ausbildungsraum führt. Der Feuerwehrnachwuchs im Landkreis stehe gut da, die Zahl der jungen Feuerwehrleute steige. „Es wird aber einmal ein drängendes Problem, den Nachwuchs zu begeistern“, prophezeit Sammiller. Mit Kinderfeuerwehren werde deshalb bereits versucht, vorzeitig zu reagieren.

Ähnlich verhalte es sich mit der Bildung im Landkreis. „Mit der Schulstruktur sind wir gut aufgestellt“, sagt er. Trotzdem sei es notwendig, wachsam zu sein: „Bildung ist das Wichtigste, das wir unseren Kindern zum Start ins Leben mitgeben können.“ Die Erweiterung der Berufsschule in Eichstätt sieht Sammiller somit als Entwicklung zu einem „Bildungszentrum, das zu einem Trumpf im bundesweiten Wettbewerb“ werden kann.

Neben der Modernisierung der Beilngrieser Realschule spricht er die Gymnasien ebendort sowie in Eichstätt und Gaimersheim an: „Es wird sich zeigen, was nötig wird, wenn das G 9 kommt.“ Zwar gebe es bisher keine konkreten Vorstellungen davon, welche baulichen Maßnahmen erforderlich sein könnten – das Beilngrieser Gymnasium habe sich mit der Mensa aber schon auf die Ganztagsbetreuung eingestellt.

Ein weiterer Wandel beschäftigt Sammiller in seiner Funktion als Feuerwehrmann in Bezug auf den Nachwuchs: die wachsende Mobilität. „Eine Stärke unserer Heimat sind die freiwilligen Feuerwehren“, sagt er. In jedem Dorf gebe es „viele Menschen, mit denen man Szenarien wie Hochwasser stemmen kann“. So sei es auch in Pförring, das bereits von schlimmen Überschwemmungen betroffen war. Das Problem: Für junge Feuerwehrkräfte werde es schwieriger, sich ihrem Hobby zu widmen. „Die Berufswelt fordert eine Mobilität, wie sie nie da gewesen ist“, stellt Sammiller fest.

Beim Hinweis, dass dieses Thema eng mit dem Stichwort Personennahverkehr verknüpft ist, muss Sammiller eine Weile nach den richtigen Worten suchen. „Ich bin enttäuscht, dass der Landkreis seine Hausaufgaben gemacht hat und Ingolstadt kurz vor der Ziellinie dafür gesorgt hat, dass der regionale Gemeinschaftstarif erst einmal wieder nicht zustande kommt“, sagt der 60-Jährige schließlich.

Dabei sei es notwendig, den Nahverkehrsplan zu überdenken, weil es neue Verkehrsströme geben werde. Zum Dienstleistungszentrum, das momentan in Lenting gebaut wird, gebe es kein gutes Linienangebot. Und auch die Gymnasien in Beilngries und Gaimersheim, der geplante Audi-Bahnhalt oder die Kliniken seien Argumente für den Ausbau eines verlässlichen Netzwerks. „Da kommt auch der demografische Faktor ins Spiel“, sagt Sammiller. „Ein guter Nahverkehrsplan schafft Lebensqualität, sogar im Alter.“

„Ich bin enttäuscht, dass der Gemeinschaftstarif wieder nicht zustande kommt.“

 

 

Als es in ein benachbartes Gebäude geht, wo der Mobile Hochwasserdamm des Landkreises untergebracht ist, wird Sammiller von einem Bürger auf den anstehenden Apothekenwechsel in Pförring angesprochen. „Das ist das, was die Menschen beschäftigt“, sagt er. Iná ?frastruktureinrichtungen wie Arztpraxen oder Kliniken seien wichtig, um der Bevölkerung zeitgemäße Versorgung bieten zu können. „In der Zeit einer älterwerdenden Gesellschaft muss der Landkreis den Anspruch auf ortsnahe Kliniken haben“, betont Sammiller. Sowohl der Köschinger als auch der Eichstätter Standort seien gewollt.

Der 60-Jährige sieht die Generalsanierung des Hauses in der Kreisstadt – trotz der millionenhohen Mehrkosten, die sich bereits unvorhergesehen ergeben haben, – als „Herausforderung, die mit Augenmaß betrieben werden“ muss: „Die Generalsanierung ist ein Prozess über zehn Jahre“, sagt Sammiller. „Jetzt schon aus einer Hysterie heraus eine Kehrtwende zu machen, das geht nicht.“ Letztlich stehe eine auf die Zukunft ausgerichtete medizinische Versorgung im Vordergrund.

Um Zukunft geht es auch bei der Feuerwehr. Sammiller kommt auf die Überschwemmungsgefahr in Pförring zurück, als er in den Räumen des Bauhofs Hochwasserschutzelemente und eine Sandsackfüllmaschine zeigt. „Wenn man in die Augen von Menschen, die von heute auf morgen ihr Hab und Gut verloren haben, blickt, dann weiß man, warum man sich auf allen Ebenen rüsten muss.“ Das gelte auch für ihn selbst: „Die Grenzen zwischen Familienmensch, Bürgermeister, Feuerwehrmann und Kreisrat verschwimmen da irgendwann.“

 

Nicht nur die meisten Gemeindebürgermeister haben die Halbzeit der Wahlperiode hinter sich – auch die Eichstätter Kreistagsfraktionen schauen in diesen Wochen zurück auf das, was bisher passiert ist. Wir haben uns mit den Fraktionsführern der fünf im Kreistag vertretenen Parteien getroffen, um mit ihnen über die Situation des Landkreises zu sprechen, heiße Eisen anzuschneiden und ihnen Ideen für die Zukunft zu entlocken.

Dabei sollte es kein steifes Interview in der Redaktionsstube sein. Vielmehr sollten die Hobbys der Kreisräte im Mittelpunkt stehen, um in ungezwungener Atmosphäre über Bildung, medizinische Versorgung oder die finanzielle Lage im Landkreis sprechen zu können. Den Anfang macht heute der CSU-Fraktionschef Bernhard Sammiller. Der 60-Jährige hat sich erwartungsgemäß das Pförringer Feuerwehrgerätehaus als Treffpunkt ausgesucht. | DK