Oberstimm
Denkmalschutz für surreale Flugmaschinen

Das Wandgemälde von Edgar Ende im Offiziersheim in Oberstimm ist offiziell als Kunstwerk anerkannt

29.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Einmalige Sache: Etwas Vergleichbares wie das 7,50 Meter breite und 2,60 Meter hohe Wandgemälde dürfte sich in einer deutschen Kaserne kaum finden lassen. Jetzt steht es unter Denkmalschutz. - Foto: Konze

Oberstimm (peh) Der jahrelange Einsatz von Dieter Oberbeck und anderen hat sich gelohnt: Das Wandbild des surrealistischen Malers Edgar Ende im Eingangsbereich des Offizierheims der Oberstimmer Kaserne steht unter Schutz. „Die Wandmalerei ,Die Luftfahrt' wurde aufgrund ihrer geschichtlichen und künstlerischen Bedeutung in die Denkmalliste eingetragen“, schrieb Viktoria Lukas-Krohm vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege vor wenigen Tagen an den früheren Oberstleutnant, der von 1977 bis 1985 in Oberstimm stationiert war.

„Das Bild hat mich immer fasziniert“, sagt Oberbeck, der auf das Gemälde mit den surrealistischen Flugmaschinen aufgepasst hat – es wurde nicht immer pfleglich behandelt. Umso mehr war er alarmiert, als er vor einigen Jahren erfuhr, dass mit der Schließung der Kaserne auch das vermutlich Anfang der 1960er Jahre entstandene Fresko gefährdet sei. Er und Werner Leitmeier, in derselben Offizierheimgesellschaft wie Oberbeck, versuchten nach Kräften, Öffentlichkeit, Politiker, Behörden und die Bundeswehr selbst von der Bedeutung dieser wohl gegenständlichsten Arbeit Edgar Endes zu überzeugen. „Tobias Schönauer vom Bayerischen Armeemuseum hat mir dann den entscheidenden Tipp mit dem Landesamt für Denkmalpflege gegeben“, erzählt Oberbeck.

„Wir hatten Angst, wenn das Offiziersheim einmal abgerissen wird“, ergänzt der Ingolstädter Werner Leitmeier: „Dann ist das Bild weg.“ Beide sind sich einig, dass das etwa 7,50 Meter breite und 2,60 Meter hohe Gemälde in einer deutschen Kaserne ziemlich einmalig sein dürfte. Wie Leitmeier betont, sei das Kunstwerk der Öffentlichkeit bislang auch niemals richtig zugänglich gemacht worden. Es konnte überhaupt nur deshalb erhalten werden, so Leitmeier weiter, weil Wolfgang Roth, ein kunstsinniger Beamter der damaligen Standortverwaltung (STOV) Ingolstadt, im Jahre 1987, bei der Generalsanierung der Oberstimmer Kaserne anlässlich ihrer Übernahme durch das Flugabwehr-Raketengeschwader 23 (FlaRakG 23) Haushaltsmittel lockergemacht und das damals schon arg ramponierte Fresko vor dem Verfall bewahrt hat. „Sollte die Rettungsaktion misslingen, hätten die Nazis noch posthum einen Sieg über die ,entartete Kunst' errungen“, so Leitmeier. Wie er betont, dürfte eine Entfernung technisch möglich sein. Leitmeier verweist auf das Beispiel des AOK-Gebäudes in Ingolstadt, wo sein Klassenkamerad Michael Schölß ein Fresko von Vater Alois Schölß retten konnte. „Aber billig dürfte es nicht werden.“

Ähnlich äußert sich Manchings Bürgermeister Herbert Nerb. Er hat sich vor einigen Jahren schon einmal erkundigt, ob eine Abtragung möglich ist. Nach seinen Angaben gibt es nur sehr wenige Spezialisten in Europa, die so etwas können. Die Konsequenz ist ihm auch klar: „Das wird teuer.“ Wie Nerb betont, handle es sich Experten zufolge aber nicht um ein Fresko im eigentlichen Sinn. Bei dieser Technik der Wandmalerei wird nämlich die Farbe auf den nassen Putz aufgetragen, was wohl in Oberstimm nicht der Fall war.

Wie das Gemälde überhaupt seinen Platz in Kaserne fand, lässt sich nicht mehr klären. Oberbeck vermutet, dass der damalige Kommodore wohl mit dem 1966 gestorbenen Edgar Ende befreundet war. Der Vater des bekannten Schriftstellers Michael Ende („Unendliche Geschichte“) hat sein Werk übrigens nicht vollendet: Bei genauer Betrachtung sind noch einige Bleistiftvorzeichnungen zu sehen.

Der 1901 geborene Ende war einer der wichtigsten Vertreter surrealer und visionärer Kunst im 20. Jahrhundert. Im Dritten Reich verboten und als „entartet“ gebrandmarkt, ging ein Großteil seiner 1200 Werke im Krieg bei der Bombardierung Münchens verloren.